Studenten aus Landsberg a.d. Warthe und Kiel in Meseritz
Bericht: M. Czabanska-Rosada
Fotos: M.W. Rosada


Am 27.05. fand zum vierten Mal das wissenschaftliche Treffen von Germanistikstudenten der Jakob von- Paradies-Akademie in Gorzow Wielkopolski (Landsberg a.d.W.) und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel statt.
Zusammen mit der an der Kieler Universität lehrenden Dozentin Barbara von Campe hatten wir diesmal Meseritz und das Meseritzer Land als Forschungsobjekt gewählt. Das Thema lautete „Grenzräume - Kulturlandschaft als Lernort am Beispiel des deutsch-polnischen Grenzgebietes Ziemia Lubuska/Neumark“.
Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die methodischen Voraussetzungen, Hintergründe und Lernziele der wissenschaftlichen Veranstaltung im Einzelnen darzulegen.
Die Einführung in das Seminar in Meseritz bildete der von mir ausgearbeitete Vortrag über das multikulturelle Antlitz des Meseritzer Landes aus der historischen Perspektive; er fand bei den Studenten großes Interesse. Daran anschließend besichtigten wir gemeinsam mit Wojtek Derwich die im Meseritzer Museum präsentierte Dauerausstellung „Deutsche und andere Bewohner von Meseritz“.


Studenten aus Landsberg a.d. Warthe und Kiel in Meseritz


Die Ausstellung selbst und unsere Erläuterungen beeindruckten die 4 polnischen wie auch die 9 deutschen Studenten in besonderer Weise und ließen viele Fragen aufkommen, die Wojtek und ich gern beantworteten. Nach dem Besuch im Museum begaben wir uns auf einen kurzen Spaziergang durch Meseritz, wobei wir nach deutschen Spuren suchten.


Studenten aus Landsberg a.d. Warthe und Kiel in Meseritz


So machten wir unterwegs auch eine kurze Pause in der Kirche des Heiligen Adalbert. Wir bewunderten die schöne Ausstattung der Kirche und die Dekoration aus Anlaß der Erstkommunion, die hier eine Woche vorher gefeiert worden war. Vor allem aber die vom Karl Friedrich Schinkel entworfene Architektur der Sakralbauten machte auf alle Studenten einen besonderen Eindruck.


Studenten aus Landsberg a.d. Warthe und Kiel in Meseritz


Viele Emotionen rief die alte Synagoge hervor. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben einen Vortrag in einem – chinesischen Supermarkt gehalten. Die spätklassizistische Synagoge in Meseritz, erbaut 1825-1827, wurde von der jüdischen Gemeinde in Stettin zu Beginn des 21. Jahrhunderts an einen Privatunternehmer verkauft. Heute befindet sich dort ein großes zweistöckiges Geschäft mit Erzeugnissen „made in China“. Es lohnt sich jedoch dort vorbeizuschauen, um zumindest die renovierte und exponierte Umrahmung Aron-ha-kodesz, den Toraschrein, zu bewundern.


Das jüdische Erbe in Polen – ein chinesischer Supermarkt in der ehem. Synagoge Meseritz


Am frühen Nachmittag fuhren wir dann nach Kalau, um die Bunker der Festungsfront Oder- Neiße-Bogen zu erforschen. Herr Czeslaw Staszynski, ehemaliger Schuldirektor und Mathematiklehrer aus Kalau, hat uns auf hervorragende Weise in die Geschichte der Befestigungswerke an der polnisch-deutschen Grenze eingeführt.


Studenten aus Landsberg a.d. Warthe und Kiel in Meseritz


Danach stiegen wir 40 Meter tief unter die Erde, um durch die Gänge der Panzerwerke 715, 716 und 717 zu laufen. Wir verabschiedeten uns draußen von der 30-Grad-Hitze und versanken in den kühlen und feuchten Untergrund.
Ab und zu flogen Fledermäuse über unseren Köpfen, die hier in den Bunkern bei Meseritz einen der in Europa größten „Schlafräume“ gefunden haben. Der viele Kilometer lange Spaziergang mit unserem genialen Reiseführer war für uns alle ein unvergessliches Erlebnis.
Nachdem wir endlich aus der Unterwelt der Festungswerke wieder ans Tageslicht gekommen waren, fuhren wir mit einem siebzig Jahre alten sowjetischen Amphibienfahrzeug zum Parkplatz zurück. Dort diskutierten wir noch gemeinsam über das Gesehene und Erfahrene. Zum Schluß wurde ein Erinnerungsfoto gemacht.
Den ganzen Tag hat uns ein aus Deutschland angereister Regisseur mit Kamera begleitet, der aus dem gedrehten Stoff bald einen Dokumentarfilm montieren wird. Auch meine Tochter Marta - Wiktoria war dabei und erstellte eine Fotodokumentation von unserer Wanderung durch und um Meseritz.


Studenten aus Landsberg a.d. Warthe und Kiel in Meseritz

Polnische und deutsche Studenten haben viele Eindrücke, Impulse und Wissen in ihre Universitäten mitgenommen. Und alle sagten, Meseritz sei eine hochinteressante Stadt auf der Landkarte unserer gemeinsamen polnisch-deutschen Erkundung der Grenzregion.
Die Geschichte der Stadt, ihre Multikulturalität, ihre schöne Architektur, das noch sichtbare deutsche Erbe, aber auch das heutige Gesicht der gepflegten Stadt werden für manche der Studenten bestimmt ein Ansporn für weitere Forschungen, vielleicht sogar Diplomarbeiten sein. Ich möchte mich an dieser Stelle bei unserem lieben Wojtek Derwich von Herzen bedanken, daß er für mich und meine Gruppe so viel Zeit – am Samstag (!!!) – gefunden hat, daß er uns so viele interessante Details gezeigt und erzählt hat.

Allen, die die Festungsfront besuchen wollen, empfehle ich den hervorragenden Czeslaw Staszynski (66-3—Miedzyrzecz, Kalawa 10, Tel.: 0048 957411384 bzw. E-Mail: ostwall@op.pl)