Das Zisterzienserkloster Paradies in Goscikowo –
einst und heute
Ein Text von Dipl. Ing. Volker A. W. Wittich – Fotos: Archiv HGr, M. Schmidt, V. Wittlich


Europa im Jahr 1098
Die Gründung des Zisterzienserordens geschah in der Zeit einer tiefen Krise Europas und das Jahr 1098 stand ganz im Zeichen des religiösen Erwachens.
Unter dem zunehmenden Druck weltlicher Kräfte entschlossen sich Benediktinermönche, neue Wege der Reform zu gehen. Eine Schar von zwanzig Brüdern unter Leitung des Abtes Robert von Molesme verließ am 21. März das Kloster Molesme und in Citeaux im französischen Burgund wollten sie die Benediktregel wieder buchstabengetreu leben. Der Ort wurde Namensgeber des Klosters und des neuen Ordens - der Zisterzienser.
Bereits 1099 wurde Abt Robert vom Papst nach Molesme zurückbeordert: In dem novum monasterium (Neuen Kloster), wie Citeaux zunächst absichtsvoll benannt wurde, blieben nur acht Mönche zurück, um das Werk fortzuführen.



Zisterzienserkloster Paradies


Zisterzienserkloster Paradies


Bernhard von Clairvaux (um 1090 - 1153)
Am 20. August 2013 jährte sich zum 860. Mal der Todestag jenes Mannes, der die zentrale Gestalt des Zisterzienserordens im 12. Jahrhundert ist. Die Persönlichkeit von Bernhard von Clairvaux überstrahlte die der 0rdensgründer. Der rasante Aufstieg des Ordens war zu weiten Teilen sein Verdienst und seine Mystik und Frömmigkeit wurden zu einer der Grundlagen der späteren abendländischen Mystik.
Bernhard war immer nur Abt des von ihm 1115 gegründeten Klosters Clairvaux, doch auf sein Wort hörten Päpste und Könige. Seine Meinung gab den Ausschlag in kirchenpolitischen Fragen von höchster Wichtigkeit. Als der wohl einflußreichste Schriftsteller seiner Zeit gab er dem Christentum bedeutende neue Impulse. Das zweite Viertel des 12. Jahrhundert wird nach ihm das „Bernhardinische Zeitalter“ genannt.

Bernhard über das Leben der Zisterzienser: „Unsere Lebensart ist ein Leben der Demut, des Verzichts und der freiwilligen Armut, des Gehorsams und der Freude im Heiligen Geiste. Unsere Lebensart bedeutet Unterwerfung unter einen Lehrer, einen Abt, eine Regel, eine Disziplin. Unsere Lebensart heißt, sich üben im Schweigen und Fasten, im Wachen und Beten, in körperlicher Arbeit. Vor allem aber sollen wir dem erhabenen Weg der Liebe folgen.

Kloster Paradies / Paradyz
Im Landkreis Meseritz kam es im 13. Jahrhundert zu zwei Klostergründungen der Zisterzienser: 1230 in Goscikowo und 1259 in Bledzew / Blesen. Im Gegensatz zu dem 1840 abgebrochenen klösterlichen Bauten in Blesen kündigt noch heute die Klosteranlage Paradies von der unglaublichen kulturellen Blüte und dem kolonisatorischen Schaffen dieses Ordens im deutschen Osten.
Sie liegt unmittelbar an der E 65 nördlich von Jordan / Jordanowo und der A 2 Berlin - Posen / Poznan. Mönche aus dem 1180 gegründeten Mutterkloster Lehnin ca. 20 km südwestlich von Potsdam in der Mark Brandenburg besiedelten hier in den Jahren 1234 - 37 dieses Kloster. Das Kloster in Paradies wurde vom Posener Woiwoden Bronisz - Doliwow gestiftet und begann am 29. Januar 1230, was 1236 endete.
Dies führte auch zur Ortsnamensänderung: Aus Goscikowo wurde „Paradisus Mater Dei“, was übersetzt soviel wie „ Paradies der Gottesmutter“ heißt. Dieses Zisterzienserkloster spielte eine große Rolle in der Entwicklung der polnischen Kultur und Wissenschaften. So stammte beispielsweise einer der berühmtesten Theologen der Universität Krakau des 15. Jahrhunderts Professor Jakob aus dem Kloster Paradies.

Zisterzienserkloster Paradies In besten Zeiten besaß das Kloster Paradies 30 Quadratkilometer Land, was man zusammen mit deutschen Bauern aus dem Westen bewirtschaftete und zur Gründung von 23 Dörfern nach deutschem Recht im dünn besiedelten Gebiet östlich der Oder führte. Im 18. Jahrhundert erfolgte ein Umbau und so zeigt sich das Kloster heute noch. 1834 wurde das Kloster im Zuge der Säkularisierung durch die preußische Regierung aufgelöst, nachdem es 604 Jahre existierte. Dann folgte die Gründung eines deutschen, königlichen katholischen Lehrerseminars, ehe hier von 1939 - 45 eine Lehrerbildungsanstalt eingerichtet wurde. Als man diese Einrichtung 1944 verlegte, wurde in Paradies eine Forschungsabteilung der deutschen Luftwaffe untergebracht.

Nach dem 2. Weltkrieg gab es dort eine Berufsschule für Jugendliche, ehe 1952 ein Priesterseminar der Philosophischen Fakultät des Landsberger Priesterseminars gegründet wurde. 1961 wurde alles nach Paradies verlegt. Am 24. Januar 1971 fand im Paradieser Kloster
die Konferenz des polnischen Episkopats statt, an welcher der Erzbischof von Krakau und spätere Papst Johannes Paulus II. noch als Kardinal Karol Wojtyla teilnahm. Nach dem Grundriß eines lateinischen Kreuzes wurde im 13. Jahrhundert die Klosterkirche auf einem ausgetrockneten Sumpfgelände von Lehniner Konversen errichtet. Es entstand eine dreischiffige Basilika mit einem gotischen Kreuzrippengewölbe im Kircheninneren als sogenanntes romanisches „ gebundenes System „, wo auf jedes Joch des Langhauses je zwei annähernd quadratische Seitenschiffjoche kommen.

Im 17. und 18. Jahrhundert erfolgten Modernisierungen im barocken Stil unter dem Baumeister des damaligen Königs Stanislaw Leszczynski Karl Martin Franz. Bemerkenswert ist die Darstellung des Stifters Graf Bronisz unter dem Baldachin eines Anfang des 17. Jahrhunderts von einem unbekannten Maler stammenden Stiftungsbildes. Darüber das Klosterwappen von Paradies : Zwei Buchstaben C und das stilisierte M für Maria als Patronin des Klosters. Im unteren Bildteil die Darstellung der Mongolenschlacht bei Liegnitz im Jahre 1241, bei der der Stifter Graf Bronisz vermutlich tödlich als Reiter verwundet wurde.
Die Marienkapelle stammt aus dem 14. Jahrhundert. Das Gnadenbild der Gottesmutter von Paradies ist eine Kopie einer byzantischen Ikone, die vom heiligen Lukas gemalt wurde. Dieses Bild soll 1650 in Bologna von einem unbekannten Maler entstanden sein. Der Altar des heiligen Bernhard stammt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts und zeigt ihn als Abt im Kloster Clairvaux.
In Paradies zeigen zwei Bilder an der Kirchenwand den heiligen Vincentus Kadlubek dar, ein weiteres Bild den heiligen Nikolaus als Gründer und Abt des ersten polnischen Zisterzienserklosters zu Jedrzejow. Ein Altar ist dem heiligen Benedikt gewidmet und wurde Mitte des 17. Jahrhunderts erbaut.


Zisterzienserkloster Paradies Benedikt von Nursia ( um 480 - 547 ) gilt als der „ Vater des abendländischen Mönchtums „. Im Kloster Monte Cassino zwischen Rom und Neapel gelegen und von ihm um 529 gegründet, legte er die Vorschriften für das Leben der Benediktinermönche fest. Die Grundgedanken entnahm er der Bibel, Werken der Kirchenväter sowie älteren Mönchsregeln, die in 73 Kapiteln beschrieben sind.

Als Grundsatz gilt: ora et labora - bete und arbeite.

Was die Klostergemeinschaft zum Leben braucht, soll sie innerhalb der Kloster-Mauern finden : „ So brauchen die Mönche nicht draußen herumlaufen, was ihren Seelen ja durchaus nicht zuträglich wäre „Im Kloster Paradies wurde im 14. Jahrhundert die Kreuzigungskapelle errichtet und ein Grabstein erinnert an den Gutsbesitzer Szczaniecki, der als kinderlos gebliebener Gutsherr sein Gut dem Kloster schenkte.
Die Orgelempore wurde im 18. Jahrhundert von Karl Martin Franz errichtet und Ende jenes Jahrhunderts erbaute Johann Gottlieb Peter die 0rgel mit 26 Registern, 2 Manualen, Pedal und etwa 1.300 Pfeifen. Zwischenzeitlich wurde die Orgel von Walcker erneuert. An der Brüstung der Empore hängt ein Medaillon mit dem Wappen des letzten polnischen Königs Stanislaw Poniatowski, auch König von Litauen. In der Vorhalle findet man eine Gedenktafel aus buntem Marmor zu Ehren des Abtes Marek Letowski und gegenüber dem Kircheneingang die „Immaculata“ als Rokokopostament aus dem Jahre 1775.
Der weibliche Zweig des Zisterzienserordens ist nicht als Gegenbewegung zu den Benediktinerinnen entstanden, wie die der Zisterzienser zu den Benediktinern, sondern entwickelte sich aus der religiösen Frauenbewegung des 12. / 13. Jahrhunderts.
Seit 1892 ist der Zisterzienserorden in zwei Gemeinschaften gegliedert. Heute umfaßt der Zisterzienserorden ca. 69 aktive Mönchs- und 80 Nonnenklöster, dazu Zisterzienser von der strengen Observanz (O.S.C.O.) 83 Mönchs und 46 Nonnenklöster. Seit dem 10. September 2010 steht allen der Generalabt Mauro - Guiseppe Lepori O C vor, der mit 53 Jahren noch jung an Jahren ist und gegenüber dem amtierenden Papst Franziskus beim Vatikan in Rom rechenschaftspflichtig ist.


Zisterzienserkloster Paradies


Dipl. Ing. Volker A. W. Wittich ist Publizist, Referent und Zisterzienserexperte und Mitglied im Deutschen Geschichtsverein des Posener Landes e.V.