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Gedenkgottesdienst in Rybojady/Hoffmannstal am 9. Juni 2013
6 Jahrestag der Gedenksteinweihe für die deutschen Toten
von Irmgard Gotzmann-Fietz
Anläßlich des 6. Jahrestages der Gedenksteinweihe für die deutschen Toten von Hoffmannstal fand am Sonntag, dem 9.6. 2013, ein Gedenkgottesdienst in Rybojady auf dem katholischen Waldfriedhof an der Straße zwischen Tirschtiegel / Trzciel und Betsche / Pszczew statt. Einen Bericht über die feierliche Einweihung im Jahre 2007 finden Sie hier.
Für mich persönlich war die Situation schwer zu verkraften, denn an meiner Seite fehlte mein Lebensgefährte Dr. Klaus Scheel, mit dem ich über 30 Jahre meines Lebens verbringen durfte.
Den Gottesdienst, der durch Lautsprecher nach draußen übertragen wurde, hielt Pfarrer Marian Kot aus Tirschtiegel. Er nahm auch vor sechs Jahren die Weihe des Gedenksteines vor. Den Text für das Totengedenken lasen Dietrich Radomski und Wojtek Derwich:
„Liebe polnische Freunde, liebe Heimatfreunde!
Das Gedenken an unsere verstorbenen Heimatfreunde
war und ist ein wichtiges Anliegen unserer
Heimatgemeinschaften. Zeugnis davon legen die vielen
Gedenksteine und Gedenkkreuze ab, die schon seit
etlichen Jahren in den Städten und Dörfern unserer
Heimatkreise errichtet wurden. Wir sind den polnischen
verantwortlichen Stellen in Staat und Kirche dankbar,
daß sie großes Verständnis für unser Anliegen gezeigt
und die erforderlichen Genehmigungen erteilt haben.
Erst gestern ist wieder ein Gedenkstein in unserem
Heimatkreis eingeweiht worden gar nicht weit von hier,
in Lutol Suchy, früher Dürrlettel.
Unser Gedenkstein hier in Rybojady ist schon vor sechs
Jahren, am 16. Juni 2007, errichtet worden. Seitdem
hat jedes Jahr um diese Zeit auf diesem schönen, stillen
Waldfriedhof im Rahmen eines Gottesdienstes der
katholischen Kirche ein Totengedenken stattgefunden.
Wir sind dankbar, daß auch in diesem Jahr wieder zahlreiche
Heimatfreunde und polnische Freunde an diesem
Totengedenken teilnehmen.
Wir gedenken unserer Toten:
Wir gedenken unseres Heimatfreundes Dr. Klaus
Scheel, der im vergangenen Jahr, kurz nachdem er hier
an der Gedenkfeier teilgenommen hatte, im Alter von
77 Jahren in Berlin verstorben ist. Ihm und seiner Partnerin
Irmgard Gotzmann-Fietz ist es in erster Linie zu
verdanken, daß dieser Gedenkstein hier mit Unterstützung der polnischen Stellen aus Verwaltung und Kirche
errichtet werden konnte. Klaus Scheel hinterließ als
Historiker mehrere Berichte in unserer Heimatzeitschrift
über die Kriegsereignisse 1945 in dieser Region, so
auch in der Serie „Schatten des Krieges über
Tirschtiegel“.
Wir gedenken all unserer Toten, die noch in heimatlicher
Erde bestattet wurden.
Wir gedenken der in den unseligen Kriegen gefallenen Väter, Männer, Brüder und Söhne.
Wir gedenken der Kinder, Frauen und Männer, die eines gewaltsamen Todes sterben mußten.
Wir gedenken aller, die sich schützend vor bedrohte Frauen und Kinder stellten und dafür ihr Leben lassen mußten.
Wir gedenken aller Menschen, die durch Flucht
und Vertreibung ihr Leben verloren.
Wir gedenken der Menschen, die in Konzentrationslagern
sterben mußten.
Wir gedenken unserer Heimatfreunde, die während
der Heimattreffen unter uns waren, die vorangegangen
sind in die ewige Heimat, die Ruhestatt bei Gott.
Insbesondere gedenken wir der erst kürzlich verstorbenen
Heimatfreunde, die in Rybojady/Hoffmannstal
vor 1945 geboren wurden. Im Alter von 83 Jahren
starb Brigitta May geb. Fietz; sie hatte mit ihren Angehörigen
ihren Geburtsort und das Dorf Kutschkau oft
besucht.
Im Alter von 86 Jahren starb Regina Nowakowski geb Fietz; sie mußte Ende Januar 1945 mit ansehen, wie ihr Bruder Alfons von Rotarmisten erschossen wurde. Kurz vor Vollendung ihres 91. Lebensjahres starb Maria Wachowiak geb. Giering. Im vergangenen Jahr hat sie mit ihren Angehörigen hier am Gedenkgottesdienst teilgenommen. Sie war darüber glücklich und sagte später: „Jetzt kann ich sterben.“ Wir denken an Georg Morell aus Tirschtiegel, der im Alter von 92 Jahren verstorben ist; er war ein Sohn aus der Tirschtiegeler Gastwirtsfamilie Morell vom Altstädter Markt.
Wir denken an Lieselotte Grundmann geb.
Hohmann aus Grunzig. Sie wurde 1945 verschleppt und
kam in Kriegsgefangenschaft. Dank der Hilfe ihrer Kinder
zeigte sie in ihrem Heimatort unserem Heimatfreund
Tomasz Czabanski Soldatengräber zur Exhumierung.
Wir denken an Gertrud Golz geb Hanschke aus
Tirschtiegel und Brigitta Kastendiek geb. Brade aus
Nipter. Beide haben an der Einweihung dieses Gedenksteines
vor sechs Jahren teilgenommen.
Gott schenke allen Verstorbenen die ewige Ruhe.”
Der Text wurde ins Polnische übersetzt von Frau Prof. Dr. Malgorzata Czabanska-Rosada. Mir gefiel, wie die Kinder in den Gottesdienst einbezogen
wurden. Karoline Klus (15 Jahre) singt jeden
Sonntag. Katarzyna Klus (12 Jahre) und Aleksandra
Olejniczak (11 Jahre) lasen in der Messe einen Psalm.
Zum Gedenkgottesdienst waren der stellv. Vorsitzende
unseres Heimatkreises Albrecht Fischer von Mollard mit
seiner Frau und Sohn Alexander gekommen.
Die Tischtiegeler Helmut Kahl mit Frau und Sohn
sowie Franz Marowski und Frau waren auch anwesend.
Aus Wollstein/Wolsztyn kam Anna Sawale geb.
Piechowiak, Enkeltochter von Stanislaw Piechowiak, der
polnische Landarbeiter auf dem Hof meines Großvaters
Hieronimus Fietz mit ihrem Ehemann. Nach dem
Gottesdienst fuhren wir gemeinsam zum Grab des
Großvaters Stanislaw Piechowiak und seiner Frau
Gertrude nach Bentschen.
Die Teilnehmer am Gedenkgottesdienst wurden
für 12 Uhr zu einer deutsch-polnischen Begegnung auf
dem Festplatz in Tirschtiegel eingeladen. Es gab
Spargelsuppe, Schmalzbrote, saure Gurken, Kaffee und
Kuchen. Das Zusammensein fand in einer freundlichen
Atmosphäre statt.
Allen deutschen und polnischen Freunden, die
unsere Arbeit unterstützt haben, in heimatlicher Verbundenheit meinen herzlichen Dank; besonderer Dank an
Pfarrer Marian Kot, Leonarda Blawuciak, Tomasz
Czabanski, Wojtek Derwich, Prof. Dr Malgorzata
Czabanska-Rosada, Albrecht Fischer von Mollard,
Hubert Golek, Ulrich Radomski, Dietrich Radomski,
Kerstin Hilbig und unserer Sohn Ulf Scheel, der auch
für den Transport sorgte.
Ich danke meinen Hoffmannstalern und allen
Heimatfreunden, die zum Gedenkgottesdienst gekommen
waren, daß sie an dem für mich sehr schweren
Tag an meiner Seite waren. Dr. Klaus Scheel bleibt für
immer unvergessen.
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