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Offener Brief
M 0rz 2016 - Tomasz Czabanski
„Liebe Heimatfreunde, als vor 26 Jahren in Polen die Demokratie geboren wurde, auf die viele Generationen von Polen gewartet hatten, rechnete ich nicht damit, diese einmal verteidigen zu müssen.
Als wir 2004 in die EU aufgenommen wurden,
waren wir stolz und voller Hoffnung. In dieser
Zeit lernten wir, verschiedene Probleme zu lösen
ebenso wie wir das Leben in der freien Welt unter
anderen unabhängigen und demokratischen Staaten
lernten. Dies ist auch euer Verdienst, die Ihr
uns vertrauensvoll die Hand gereicht und dadurch
gezeigt habt, daß Ihr uns als Nachbarn und Partner
haben wollt. Über die vielen Jahre wurden die
deutsch-polnischen Beziehungen geheilt. Es ist
das Verdienst beider Seiten, daß unsere beiden
Nationen sich nach
vielen Jahren einer
furchtbaren Geschichte
heute sehr
nahe stehen.
Für Polen ist die Zusammenarbeit mit Deutschland auf wirtschaftlicher Ebene sehr wichtig, denn sie ermöglicht Polen einen Aufschwung. Leider wurde all dies 2015 dadurch verletzt, daß in Polen die populistisch nationalistische Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) an die Macht kam. Fraglos hat die Vorgängerregierung viele Fehler begangen und deswegen die Wahlen verloren. In mit der Regierungspartei verbunden Kreisen wird behauptet - und diese Information wird auch weltweit verbreitet - daß es sich bei den gegen die Methoden der Regierung gerichteten Demonstrationen in Polen um Machenschaften frustrierter Wahlverlierer handelt.
Ich erkläre hiermit, daß dies falsche Behauptungen sind.
Es demonstrieren Menschen, die eine reale Gefahr für die Demokratie sehen; auch eine Gefahr für Polen als EU-Mitglied. Es handelt sich um Bürgerinitiativen und nicht um politisch gesteuerte Aktionen. Niemand zieht den Sieg der PiS ais Ergebnis demokratischer Wahlen in Zweifel. Das Volk sagt jedoch ein klares „Nein“ zur Zerstörung demokratischer und unabhängiger Institutionen des Landes; wie anders kann man die Lähmung des Verfassungsgerichtes benennen, das somit zu einer wenig bedeutenden Institution herabgestuft wurde?
Wie anders kann man die Gesetzesänderung
zur Stellung der öffentlichen
Medien nennen, die seit dieser Änderung
nun „nationale Medien“ genannt werden?
Sie haben ihre Unabhängigkeit verloren
und wurden der Regierung unterstellt.
Viele gute Journalisten haben ihre
Arbeit verloren.
Wie soll man die Gesetzesänderung über die Zuständigkeit der Polizei nennen, nach der die Polizei ohne eine gerichtliche Entscheidung frei und ohne Kontrolle jeden Bürger nun auch im Internet ausspionieren kann? Ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften in Polen wird derzeit vorbereitet. Es sind die polnischen Bürger und nicht die politischen Parteien, die diesen Maßnahmen ein klares „Nein“ entgegenrufen. Jemand bemerkte vor kurzem: „Noch nie zuvor haben so wenige Polen dem Lande so sehr und so schnell geschadet, wie die führenden PiS-Politiker.“
So zerfällt vor unseren Augen nach und nach
die Demokratie in Polen, eine Demokratie, die für
Viele weltweit als Vorbild galt.
Gefährdet ist auch unsere bisherige Außenpolitik; das nahende Gewitter kann man schon hören. Die Maßnahmen der neuen Regierung sind das Gegenteil einer modernen Führung von Politik. PiS führt uns mit ihrer Politik geradewegs in Richtung Osten. Die Zerstörung der Demokratie ist eine Straftat. Sie ist geeignet, unseren guten Ruf zu ruinieren und eine ausgemachte Dummheit dazu. Polen abseits der westlichen politischen Kultur zu stellen, ist ein Verbrechen. PiS braucht überall Feinde, auch in der Außenpolitik; ein solcher Feind ist für sie seit Jahren Deutschland.
Die PiS Politiker suggerieren, daß die Deutschen
Polen schaden und es nicht ertragen können,
daß Polen vorankommt. Dabei sind die sehr
guten Beziehungen, die wir miteinander haben im
Hinblick auf die Geschichte ein Wunder und politisch
gesehen unsere Staatsräson.
Das Werk, das von Staatsmännern wie
Mazowiecki und Bartoszewski, wie auch Bischöfen
Wyszynski und Wojtyla mit Hilfe deutscher Bischöfe
und Politiker geschaffen wurde, wird jetzt
mit Absicht zerstört. Vor rund 50 Jahren schrieben
die polnischen Bischöfe einen
Brief an ihre deutschen Kollegen,
in dem stand: „Wir vergeben und
bitten um Vergebung“, was zu kommunistischen
Zeiten eine große
und mutige Tat war. Unter anderem
dank diesem Brief kam es 1989
zur einer Versöhnung unserer Nationen.
Wir sollten diese Werte pflegen; es ist dies unsere patriotische Pflicht. Leider zerstören Kaczynski und seine Partei diese Werte unerbittlich. Polen ist aber nicht nur PiS. Unsere Staatsräson gehört dem ganzen polnischen Volk und eine einzelne Partei kann sie sich nicht zu eigen machen. PiS wird zerfallen, Polen aber wird weiterleben.
Ein nicht zu leugnender Fehler bei PiS ist, daß sie durch ihre Handlungen die EU schwächt und somit Gegnern Polens Argumente in die Hand gibt. Dies reicht von Putin bis zu den Gegnern des EU - Beitritts, die die Meinung vertreten, daß die Aufnahme Polens in die EU ein Fehler war. Liebe deutsche Freunde! Ich bedanke mich sehr für die vielen Zeugnisse Euer Sorge um das Geschehen in Polen, für die vielen Briefe, Telefongespräche und E-Mails. In dieser bewegten Zeit müssen wir zusammenstehen.
Im Namen von POMOST, einer Organisation,
die schon seit 20 Jahren an der Brücke der
Versöhnung und Freundschaft zwischen Polen und
Deutschen baut, verspreche ich, daß wir nie von
diesem Weg abweichen werden. Wir werden nicht
zulassen, daß die jetzige Regierung dies ändert.
Wir werden unsere Mission weiter verfolgen.
Viele Grüsse
Tomasz Czabanski
POMOST
Der Vorstand und Beirat des Heimatkreises Meseritz weisen in diesem Zusammenhang auf den Spendenaufruf zugunsten der Vereinigung POMOST und ihres völkerversöhnenden Einsatzes hin.

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