Der rote Adler grüsst auch in Polen
aus Märkischen Oder-Zeitung vom 10. Januar 2018 - den Originalartikel finden Sie hier.




Neues Wappen des Landkreises Slubice wird zum 17. Januar eingeführt

Der Rote Adler ist seit dem 12. Jahrhundert das Wappentier Brandenburgs und findet sich auch in den Siegeln zahlreicher Kommunen. Nach 1990 haben auch rund ein Dutzend westpolnischer Orte, die bis 1945 zur Brandenburger Neumark gehörten, ihre alten Wappen wiederbelebt. Nun aber gibt es in einem Fall Ärger.
„Wenn es so weitergeht, bekommen wir bald ein Hakenkreuz als Wappen!“ Oder: „Und Deutsch sollte gleich noch als Amtssprache eingeführt werden.“ Einige der Kommentare, die sich derzeit auf der polnischen Internetseite „Slubice24.pl“ finden, sind heftig. Was ist der Anlaß dafür?

Ende Dezember hatten die Abgeordneten des Kreistags die Einführung eines neuen Wappens für den kleinen Landkreis Slubice beschlossen. Es war vom Altmeister der polnischen Heraldik - Alfred Znamierowski aus Warschau - entwickelt worden und zeigt einen Roten Adler auf weißem Grund, sowie eine blaue Welle, die die Oder symbolisieren soll.
Der 77-jährige Wissenschaftler erklärt dazu, daß es zu den Grundsätzen der Wappenlehre gehöre, Symbole zu nutzen, die in dem jeweiligen Territorium lange Traditon haben. „Und das gesamte Gebiet des heutigen Kreises Slubice gehörte vom 13. bis zum 20. Jahrhundert für 700 Jahre zu Brandenburg“, begründet er seinen Entwurf.
Gerade weil das bisherige Kreiswappen einen weißen Adler aus Masowien gezeigt hatte, sei es ja vor drei Jahren von Experten des polnischen Innenministerium als „ungeeignet“ eingestuft worden. So entstand überhaupt erst der Bedarf eines neuen Wappens.

Einen Bezug zu Polen gibt es laut Znamierowski trotzdem, denn als Vorbild für den Roten Adler sei eine brandenburgische Flagge genommen worden, die das polnische Heer im Jahr 1410 bei der Schlacht von Tannnenberg (polnisch: Grundwald) von deutschen Rittern erobert habe. Slubicer Historiker, wie etwa der am Collegium Polonicum tätige Grzegorz Podruczny, werfen Znamierowski jedoch vor, daß dieser die polnische Vergangenheit seit 1945 nicht berücksichtigt habe.
„Es wäre möglich gewesen“, so Podruczny, „das neue Wappen in mehrere Felder zu teilen und so auch diesen Teil der Geschichte zu berücksichtigen.“ Znamierowski, der übrigens mehrere Jahrzehnte als Emigrant in Deutschland und den USA gelebt hat, bevor er 1989 nach Polen zurückkehrte, hält dem entgegen, daß es keine so eindeutigen Symbole etwa für die heutige Wojewodschaft Lebuser Land gebe, daß eine Teilung des Wappens nach den Regeln der Heraldik gerechtfertigt sei.

Der Warschauer Wissenschaftler verweist auch darauf, daß nach 1990 rund ein Dutzend polnische Orte in der früheren Brandenburger Neumark wieder zu jenen Wappen zurückgekehrt sind, die sie schon zur deutschen Zeit führten. Das Wappen von Gorzów etwa - dem einstigen Landsberg an der Warthe - zeigt genau wie vor 1945 den stolzen Brandenburger Adler, der zwei Kleeblätter in seinen Fängen trägt und dezent mit Gold verziert ist.
„Nachdem dieses Symbol nach dem Krieg bis etwa in die 1960er Jahre verpönt war, tauchte es dann zunächst als Symbol der Stadtverkehrsbetriebe wieder auf und war an den Straßenbahnen zu sehen.“ Das berichtet der Gorzower Regionalhistoriker Robert Piotrowski. Als die Stadt wie viele andere in Westpolen in den 1990er Jahren wieder von den einst hier geborenen Deutschen besucht wurde und man sich unbefangener mit der Geschichte beschäftigte, wurde das Wappen wieder zum offiziellen Symbol. Ähnlich lief es in der Grenzstadt Kostrzyn, dem früheren Küstrin. Das dortige Wappen, das aus einem halben Brandenburgischen Adler und einem Fisch besteht, ist laut dem „Verein für die Geschichte Küstrins“ bereits für das Jahr 1364 nachweisbar. Es taucht historisch zum ersten Mal als Siegel auf einer Urkunde auf, die in einem Prager Archiv aufbewahrt wird. Schließlich war zu dieser Zeit der König von Böhmen, Karl IV., zugleich römisch-deutscher Kaiser. Als Küstrin unter Markgraf Johann von Brandenburg 1535 zur Residenzstadt erhoben und dessen Schloß sowie eine Festung errichtet wurden, kam auch noch die Krone mit den Mauern der Stadt hinzu.

Ein noch recht jung wirkender Roter Adler bildet das Symbol der Kleinstadt Osno Lubuskie (bis 1945 Drossen). Es war zwar zu Zeiten der Volksrepublik Polen durch einen halben weißen Adler und eine Rose ersetzt worden, kehrte aber durch Beschluß der Stadtverordneten in den 1990er Jahren wieder zurück.
Da der nördliche Teil der einstigen brandenburgischen Neumark infolge einer 1999 durchgeführten polnischen Gebietsreform heute zur Wojewoschaft Westpommern gehört, sind mehrere brandenburgische Wappenadler bei dieser Gelegenheit nach Pommern ausgewandert. Das betrifft etwa die Städte Choszczno (Arnswalde) und Barlinek (Berlinchen). Bisher hat sich dort aber kaum jemand an dieser Symbolik gestört.