|
|
Eine Reise nach Bauchwitz / Bukowiec im Juni 2000 Text: Götz von Gersdorff, Fotos: H. Zoch
Zum zweiten Mal fuhr ich mit einigen Familienangehörigen von Berlin aus nach Bauchwitz. Immer ist es ein besonderes Erlebnis nach Überquerung der Oder in ein Gebiet zu kommen, das viele Jahrhunderte zu Deutschland gehörte und dessen Grundzüge, die sich in den Dörfern noch erhalten haben, völlig deutsch sind. Bauchwitz hat sich wenig verändert, nur, daß die Hälfte der Durchgangsstraße (Große Seite) bis zum Dorfpfuhl asphaltiert ist wie auch die Straße von Bauchwitz nach Meseritz und Richtung Neu-Bentschen.
Auffallend ist, daß man kaum Menschen auf den Straßen sieht, und so wirkt der Ort ziemlich ausgestorben, was mir vor Jahren schon aufgefallen war. Die Häuser sind dieselben, die schon vor 60 und mehr Jahren existierten, nur, daß diese meistens in diesen vergangenen Jahrzehnten keinen neuen Putz oder Anstrich erhielten.
Dieses Mal wurden wir vom neuen Besitzer des Gutes, dem deutschsprechenden Herrn Lescek Bialic aus Birnbaum empfangen, der uns freundlicherweise durch verschiedene Gebäude des Gutshofes führte. Er hat im November 1999 den landwirtschaftlichen Teil des Gutes mit Hof (700 Hektar) gekauft.
Von den Gebäuden befinden sich in einem
guten Zustand der ehemalige Getreidespeicher,
wo das Saatgut selektioniert und gebeizt wurde,
sowie die Brennerei, die gesamtüberholt wurde.
Diese ist mit einem neuen Dampfkessel und anderer
Maschinerie ausgestattet worden, da man
der Alkoholbereitung eine besondere Bedeutung
gibt, die jetzt eine Kornbrennerei ist und der erzeugte
Alkohol wohl meistens für die Wodkafabrikation
bestimmt wird.
Bei dieser Gelegenheit konnte ich die Räumlichkeiten
wiedersehen, wo ich vor 66 Jahren eingeschult
worden bin. Besonders hat mich auch
die Bauweise des ehemaligen Kuhstalls beeindruckt,
der vor mehr als 100 Jahren mit einer
arkadenartigen Decke gebaut wurde, die auf gusseisernen
Pfeilern ruht.
Der darauf gebaute Heuboden bedarf dringender
Reparatur, da dieser einzustürzen droht. Der
Zustand der restlichen Gutsgebäude ist trostlos
und es besteht Einsturzgefahr und sie sind aus
diesem Grunde auch geschlossen.
Der Hofpfuhl, der vor 4 Jahren noch Wasser
gehabt hat, ist augenblicklich völlig trocken und
verunkrautet; da das von der Brennerei kommende
Wasser seit zwei Jahren ausgeblieben ist.
Vor zwei Jahren war die Brennerei noch in Betrieb,
da das Gut verpachtet war. Der damalige
Pächter machte angeblich Pleite und auch aus
diesem Grunde liegen die Felder seit zwei Jahren
brach. Im kommenden Jahr will man wieder
mit den Aussaaten beginnen und das erzeugte
Getreide als Rohstoff für die Brennerei verwerten.
Das Gutshaus wurde bald nach der Besetzung
durch die Russen in Brand gesteckt und so ist
von diesem nichts mehr erhalten, wie auch nicht
von dem Vorgarten mit dem Springbrunnen und
der großen Linde. Auf dieser Fläche stehen heute
zwei äußerst hässliche Maschinenschuppen,
die leer sind, und einige unbrauchbare landwirtschaftliche
Maschinen fristen ihr Dasein.
Der Park ist noch vollständig erhalten und hat sich bis auf die Höhe des ehemaligen Schlosses ausgedehnt, also bis zu den Schuppen. Auffallend ist, daß die Nadelbäume aus diesem verschwunden sind und hauptsächlich Ulmen wachsen, die gigantische Größen besitzen. Es ist überwältigend durch diesen zu wandern, denn er hat nach 55 Jahren Verlassenheit den Charakter eines Urwaldes. Er soll angeblich der Gemeinde (jetzt Meseritz) gehören und ist betretbar durch einen Eingang gegenüber der Post (Kleine Seite). Vom Hof aus ist dies nicht möglich. Der Umfang des Bingsgrundes ist stark reduziert und weiterhin von Entengrütze bedeckt. Die Wege sind von den Bäumen zugewachsen, und man kann sich nur noch auf Pfaden bewegen. Das Haus auf dem Blocksberg ist weiterhin bewohnt, hat durch einen wenig schönen Putz an Aussehen verloren.
Auf dem davorliegenden Rasen stehen noch
einige alte, verkrüppelte Apfelbäume, doch auch
Wohngebäude, die in ihrer Häßlichkeit unschlagbar
sind. Die Gärtnerei liegt still, was vor vier Jahren
nicht der Fall gewesen ist. Auf der Kleinen
Seite davor sind die Kastanienbäume schöner
denn je.
Von dem Erbbegräbnis, welches in den 70er
Jahren gesprengt wurde, kann man nur noch einige
Trümmer finden und die Natur ist dabei, diesen
Platz von Bäumen überwachsen zu lassen.
Der aus der Kapelle stammende Christus soll
auf dem ehemaligen Friedhof neben der neuen
Kirche aufgestellt sein. Die Reste der im Erbbegräbnis
Aufgebahrten dürften irgendwo beerdigt
sein. All dies ist mit einem normalen menschlichen
Verstand nicht zu fassen.
So kann man den Park als den schönsten und
sehenswürdigsten Teil von Bauchwitz bezeichnen,
einmal, weil er die Vergangenheit in einem wiedererwecken
hilft und weil die mächtige Natur hilft,
auch die tiefsten Wunden zu heilen.
Anerkennenswert ist der Zustand des Waldes,
der einen sehr guten Eindruck macht und man
die Vorkriegswälder bewundern kann in ihrer Größe
und dunkelgrünen Farbe. Soweit ich es sehen
konnte, werden abgeholzte Wälder sofort wieder
aufgeforstet. Die Schönheit dieser Wälder ist sehenswert
und dürfte für einen zukünftigen Tourismus
ein bedeutendes Potential besitzen.
Bisher habe ich nur die am Bauchwitzer See
liegenden Forsten gesehen, die diesem einen
besonders schönen Rahmen geben und im Westen
Deutschland eine Attraktion für den Touristen
sein müssten.
Auch wenn der
trostlose Anblick der
Dörfer nicht zusagend
ist, so ist das von weiten
Feldern und dunklen
Wäldern geprägte
Landschaftsbild vielleicht
schöner als es
je gewesen ist. Mir ist
nicht bekannt, wie viele
Einwohner dieser
ehemalige Teil des
deutschen Ostens augenblicklich
besitzt,
doch erscheint dieser
dem Reisenden
beinahe wie ein Niemandsland,
verglichen
mit dem westlichen
Deutschland.
Zu den Unterlagen, die uns freundlicherweise die Familie von Gersdorff für den Meseritzer Stadtverordneten Marcin Kusik und seine Initiative der Sanierung und Wiederherstellung des Parks in Bauchwitz/Bukowiec (sh. HGr 231 S. 54) zur Verfügung gestellt hat, gehörte auch der obige Bericht über den Besuch auf dem ehemaligen elterlichen Gut im Jahr 2000. Heimatfreunde, die noch konkrete Informationen zur Parkanlage vor 1945 geben können, setzen sich bitte mit der HGr-Redaktion in Verbindung.
|
|