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Einer, der aufblüht in der Begegnung…
Wojciech Derwich, dem Freund aus Miêdzyrzecz, zum 80. Geburtstag
Text: Lothar J.M. Andersch (Hamburg)
Z nietrwalych widm lepiê swiat,
w glêbi wnêtrza krzeszê iskrê chwili,
która przeminie.
Aus vergehenden Trugbildern
knete ich die Welt,
in der Tiefe des Inneren
schlage ich den Funken
des Augenblicks,
der verweilt.
TADEUSZ CHABROWSKI (1934-2018),
Viele kennen ihn, der auf Menschen zugeht,
gerne mit Rat und Tat zur Seite steht. Als kundiger
Begleiter zeigt er Spurensuchern wie Gästen
seine Stadt, führt sie an die Ecken, wo Geschichtliches
eher im Verborgenen ausharrt. Die einen
kamen und kommen, weil ein Krieg sie oder ihre
Vorfahren von dort vertrieben hatte, die anderen,
weil sie Land und Leute auf der anderen Seite
der Oder kennenlernen wollten. So sind auch wir
uns begegnet, spät im Leben, aber nicht zu spät
– zum Glück!
Im Sommer 2017 war ich auf den Spuren
meines Vaters unterwegs, der 100 Jahre zuvor
als 14-Jähriger in die Kleinstadt zwischen Obra
und Packlitz kam, die damals noch Meseritz hieß,
und in die Königliche Präparanden-Anstalt eintrat
um später, nach Besuch des Seminars im nahen
Paradies (Paradyz), Lehrer zu werden.
Aus der Begegnung von vor sechs Jahren ist
eine feste Freundschaft geworden.
Ihr Fundament, so darf ich sagen, ist die Liebe zu
einem Landstrich im Herzen Europas, dem
Lebuser Land (Wojewodschaft Lubuskie) und seiner
Kultur, und ein vorurteilsloser Umgang mit der
deutsch-polnischen Geschichte in der ehemaligen
Neumark.
Deine Freundschaft, Wojtek, kann ich wahrlich
nicht allein beanspruchen.
Ich weiß, dass du dich vielen ehemaligen
Meseritzern und deren Nachfahren verbunden
fühlst, und deinen Teil dazu beigetragen hast, aus
dem alten Heimatverein einen Hort deutsch-polnischer
Begegnung zu machen. Du bist lebendiges
Beispiel dafür, dass Ressentiments fehl am
Platz sind – beidseits der Oder. In Geschichte und
Kultur suchst und findest du das verbindende Element,
und für dieses Verständnis von Nachbarschaft
weißt du im Gespräch auf eine freundliche,
gelassene Art andere zu gewinnen.
Wer sich von deiner Lebens- und Entdeckerfreude
anstecken lässt, lernt dein Land und
seine Geschichte auf vielfältige Weise kennen.
Dein umfassendes Wissen über die Vergangenheit
der Stadt weiß ebenfalls das Muzeum Ziemi
Miêdzyrzeckiej, dem du freiwillig die Mitarbeit anbietest,
sehr zu schätzen.
Und so manche Tür hast du mir in Polen schon
geöffnet, nicht zuletzt als Übersetzer, denn auch
wenn ich verschiedene Sprachen spreche, bin ich
des Polnischen leider nicht mächtig. Ein Beispiel
sollte ich mir nehmen an dir, dem Ingenieur, dem
die deutsche Sprache nicht in die Wiege gelegt
worden ist...
Der Freund aus Miêdzyrzecz, Wojciech Derwich,
feiert am 29. März des Jahres seinen 80sten
Geburtstag. 80 Jahre sind ein langer Weg, seit
knapp sechs Jahren gehe ich dann und wann ein
kleines Stück des Weges mit, auf Erkundigungstouren
durch seine Stadt und in die nähere Umgebung,
oder wenn wir uns im Museum mit Direktor
Andrej Kirmiel austauschen. Aber wir durchstreifen
nicht mehr nur das Umland von
Miêdzyrzecz, machen längst Ausflüge hinaus ins
weite Land, sei es nach Poznañ, Wolsztyn,
Leszno, Gniezno oder bis an die Weichsel nach
Toruñ. Jedes Mal kehren wir beide heim mit neuen
Eindrücken und Erfahrungen.
Und Ruhe geben wir noch nicht, haben nur zu
gut die spöttischen Zeilen eines Kurt Tucholsky,
alias Kaspar Hauser, als Warnung im Ohr, dass
„der Mensch ein Lebewesen [ist], das klopft,
schlechte Musik macht und seinen Hund bellen
läßt. Manchmal gibt er auch Ruhe, aber dann ist
er tot.“
Zur Krönung des Tages sollen mit Antonio
Machado aber poetischere Töne anklingen:
„Caminante, no hay camino,
se hace camino al andar“,
Wanderer, such‘ nicht nach dem Weg,
deinen Weg findest du im Gehen.
Wojtek, lieber Freund, an deinem 80sten Geburtstag
wünsche ich dir und mir, dass du deinen
Weg gehst, dir auch in den späten Jahre treu
bleibst und eines anderen Dichters Worte für dich
in Anspruch nehmen darfst:
Ich lebe mein Leben
in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht
nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
(Rainer Maria Rilke)
Herzlichen Glückwunsch
zum 80. Geburtstag!
Wszystkiego najlepszego
z okazji 80 urodzin!
Vorstand, Beirat und alle Heimatfreunde des
Heimatkreis Meseritz e.V. schließen sich aus vollem
Herzen den guten Wünschen an, denn sie
wissen um die Bedeutung, die unser Freund aus
Miedzyrzecz für die Gemeinschaft hat.
Lieber Wojtek, mögen wir noch viele Jahre von
Deinem nie versiegenden Optimismus und Deinem
hohen Engagement für unsere gemeinsamen
Ziele profitieren!
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