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NACHRUF
Zum Gedenken an Aribert Heinrich
Albrecht Fischer von Mollard
Tief betroffen und mit großer Traurigkeit müssen
wir mitteilen,
dass unser langjähriger Schatzmeister Aribert
Heinrich am 16. März 2024 nach einem erfüllten
Leben im gesegneten Alter von 97 Jahren in
Darmstadt verstorben ist.
Aribert Heinrich wurde am 28. Oktober 1926 als
ältestes von insgesamt 6 Kindern des Schmiedemeisters
Paul Heinrich in Nipter, heute Nitoperek,
geboren. Sein Vater wurde später beim Einmarsch
der Roten Armee 1945 erschossen, und auch sein
jüngster Bruder verlor bei der Vertreibung aus der
Heimat sein Leben.
Aribert besuchte die Volksschule in Nipter und
absolvierte anschließend eine Lehre bei der Kreissparkasse
Meseritz, die er mit dem Sparkassengehilfenbrief
erfolgreich abschloss und dadurch
schon früh die Weichen für sein späteres Leben
stellen sollte.
Gerade 17-jährig erhielt er im Herbst 1943 die
Einberufung zum RAD (Reichsarbeitsdienst) und
anschließend übergangslos zur Wehrmacht mit
Kriegsteilnahme, Kapitulation, britischer Gefangenschaft
und im Juni 1945 Entlassung in
Schleswig-Holstein. Nach diesen buchstäblich
erschütternden persönlichen Turbulenzen, millionenfach
so oder ähnlich von Angehörigen seiner
Generation erlebt und viel zu häufig nicht überlebt,
verschlug es Aribert Heinrich in das ehemalige
Fürstentum Waldeck in Nordhessen, wo er
sich als Landarbeiter verdingte.
Der Wiedereinstieg in sein kaufmännisches Berufsleben
gelang ihm 1949, verbunden mit einem
Umzug nach Darmstadt und drei Jahre später
nach Frankfurt/M. Hier, in leitenden Positionen in
verschiedenen Großunternehmen tätig, besuchte
er ab1952 neben seiner Berufstätigkeit zusätzlich
an 3 Abenden in der Woche und samstags
eine Akademie und erlangte 1957 nach Prüfung
vor der Oberfinanzdirektion Frankfurt/M. die Zulassung
als Steuerberater.
Noch im selben Jahr machte er sich freiberuflich
selbständig, zog 1958 wieder nach Darmstadt
und war fortan bis ins hohe Alter als Steuerberater
tätig. Trotz der herausfordernden Doppelbelastung
von Beruf und Abendschule in Frankfurt/
M. fand Aribert in dieser Phase noch Zeit für
das persönliche Glück und heiratete im Juli 1955
seine 1944 in Berlin ausgebombte Ingeborg, deren
Vater ebenfalls aus Nipter stammte. Dem
glücklichen Paar wurden drei Söhne geschenkt:
Klaus, Andreas und Florian. Der Kreis seiner vier
Geschwister jedoch wurde durch die Teilung
Deutschlands zerrissen, zwei lebten
Die Liebe und Sehnsucht zur Heimat und speziell
zum Ort seiner Kindheit waren Zeit seines
Lebens im Herzen von Aribert Heinrich tief verwurzelt.
Er fuhr bereits 1969, noch mitten im Kalten
Krieg, mit seiner Familie erstmals in die verlorene
Heimat nach Nipter und besuchte dort sein
Elternhaus. In der Folge wuchs zu den neuen Bewohnern
eine Freundschaft, die bis zum heutigen
Tag besteht. Damals rief er im HEIMATGRUSS
zur Aussöhnung mit Polen auf – zu diesem Zeitpunkt
durchaus nicht unbedingt populär!
So war es für ihn auch nur konsequent, sich
mit Gründung des Heimatkreis Meseritz e.V. im
Jahre 1976 in unserer Gemeinschaft zu engagieren.
1979 wurde er in den Beirat berufen und übernahm
– berufsbedingt höchst prädestiniert – die
Funktion eines Kassenprüfers, die er ohne Unterbrechung
ausübte, bis er im Jahr 2000 vom Vorstand
in das vakant gewordene Amt des Schatzmeisters
berufen wurde und dieses 22 Jahre lang
mit hohem Engagement wahrnahm und ausfüllte.
2022 legte er auf Vorschlag von Vorstand und
Beirat seinen Aufgabenbereich in die Hände seines
Sohnes Andreas und blieb als Beiratsmitglied
dem Heimatkreis Meseritz mit seiner Expertise
weiterhin verbunden. Somit hat sich der Verstorbene
45 Jahre lang für unsere Vereinigung und
ihren Fortbestand eingesetzt, in ihren leitenden
Organen aktiv mitgearbeitet und dabei allen seit
Vereinsgründung sechs Vorsitzenden bei der Bewältigung
kle
inerer, aber auch großer, existenzieller
Herausforderungen mit Rat und Tat zur Seite
gestanden. Im Namen von Vorstand, Beirat,
Mitgliedern und Freunden diesseits und jenseits
der Oder stelle ich mit großer Dankbarkeit fest:
Aribert Heinrich hat sich um den Heimatkreis
Meseritz e.V. und die Heimatkreisgemeinschaft
Birnbaum sowie um das deutsch-polnische
Verhältnis, um Versöhnung und Freundschaft
mit Polen verdient gemacht.
Ein weiteres ehrenamtliches Engagement lag
Aribert zeitlebens am Herzen, die Mitarbeit in der
Evangelischen Kirche Hessen-Nassau. 1971 zum
Prädikanten ausgebildet und ernannt, hielt und
leitete er über mehr als 40 Jahre Gottesdienste
der ev. Kirche in und um Darmstadt und war dort
von 1973 bis 1998 als Kirchenvorsteher Vorstandsmitglied
der ev. Gesamtgemeinde der Stadt.
Weiterhin war er über lange Jahre im Pfarrgemeinderat
des Ökumenischen Gemeindezentrums
Kranichstein - eine damals in der ev.
Kirche Hessen-Nassau und der Diözese Mainz
einmalige Einrichtung ihrer Art, die u.a. auch Kardinal
Karl Lehmann besucht hatte – der ständige
Vertreter aus dem Vorstand der dortigen ev. Kirchengemeinde.
In Anerkennung seiner mehr als
4 Jahrzehnte währenden, unermüdlichen ehrenamtlichen
Aktivitäten wurde Aribert Heinrich 2011
mit der Silbernen Ehrennadel der Evangelischen
Kirche Hessen-Nassau ausgezeichnet.
Aber damit nicht genug. Aribert Heinrich war
über viele Jahre aktives Mitglied der Gesellschaft
für christlich-jüdische Zusammenarbeit, seit 1958
Mitglied im Darmstädter Schwimm- und Sportklub
und später 19 Jahre Vorsitzender der
Wassersportabteilung in Erfelden/Groß-Gerau,
weil die Eltern Heinrich dort am Altrhein zur Sommerzeit
einen Großteil ihrer verbliebenen Freizeit
mit ihren drei Söhnen verbrachten und sie buchstäblich
„seetüchtig“ machten.
Seit 1975 profitierte die Baugenossenschaft
Darmstadt von seiner beruflichen Expertise und
Erfahrung, die er als Mitglied des Aufsichtsrates
der Gesellschaft zur Verfügung stellte. Und bedingt
durch die sich verschlechternde körperliche
und mentale Verfassung seiner lieben Ingeborg,
die ihre letzten fünf Lebensjahre in einer Pflegeeinrichtung
verbrachte, bevor sie 2019 für immer
die Augen schloss, wurde Aribert schließlich Mitglied
im Darmstädter Demenz-Forum, einer
Alzheimer-Gesellschaft.
Nun ist auch Aribert Heinrich, hochbetagt, aber
bis zu seinem Ende geistig frisch, im ev.
Elisabethenstift-Krankenhaus in Darmstadt von
uns gegangen. Als seine Urne am 9. April 2024
auf dem Friedhof Darmstadt-Arheilgen neben
seiner Frau Ingeborg, mit der er 64 Jahre verheiratet
war, beigesetzt wurde, gaben ihm polnische
Freunde ein Säckchen Heimaterde aus dem Garten
seines Elternhauses in Nipter mit ins Grab.
Der Heimatkreis Meseritz wurde bei der Trauerfeier
durch seinen stv. Vorsitzenden Joachim
Gladisch und seiner Frau Wanda vertreten, die
eine Grabschale mit Schleifen niederlegten und
so die tiefe Dankbarkeit unserer Gemeinschaft gegenüber
dem Verstorbenen zum Ausdruck brachten,
aber auch unsere Trauer, die uns mit seinen
drei Söhnen und der ganzen Familie Heinrich vereint.
Wir alle verneigen uns in Hochachtung vor der
Lebensleistung von Aribert Heinrich, werden ihm
ein ehrendes Andenken bewahren und sein beeindruckendes
gesellschaftliches Engagement nie
vergessen.
Wir werden sein Andenken in Ehren halten.
Heimatkreis Meseritz e. V. und die Heimatkreisgemeinschaft Birnbaum
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