Zur Weihnacht
Foto und Text: Pastor Stephan Klimm, Bremen-Horn


Strohsterne



Liebe Heimatfreunde,

sich bewegen lassen in bewegter Zeit, und das Gute bewahren. Das ist doch vielleicht die Kunst, ein zufriedenes und erfülltes Leben zu führen. Sich dann aber auch über das eigene Leben hinaus verantwortlich fühlen: Für die kommende Generation, für die Kinder, Enkel und Urenkel.

Ist das zu groß für uns, zu viel erwartet? Wie auch immer wir das erfüllen können, vielleicht nur stückweise und immer wieder, die Weihnachtsgeschichte erzählt viel von dieser Lebenshoffnung. Sich bewegen lassen in bewegter Zeit und das Gute bewahren auf Zukunft hin:

„Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen“ (Lukas 2, Vers 19).

So heißt es in der Mitte der Weihnachtsgeschichte. Das führt uns in die Mitte, dorthin, wohin uns diese wundervolle Geschichte führt. Das Kind ist geboren, das Wunder der Geburt hatte Maria erlebt, der Glanz Gottes lag über allem, ja noch mehr: Es ging ein Licht aus von dieser Geburt.

Zugleich geschah es in widrigen Umständen, im Stall, in der Brüchigkeit der Lebensumstände. Und es wurde nicht besser, im Gegenteil:
Maria und Josef mit dem Neugeborenen sollten auch noch fliehen müssen vor Gewalt und Verfolgung. Das hieß: Die Heimat verlassen, um das nackte Leben zu retten. Es ist doch erstaunlich, wieviel die Weihnachtsgeschichte von unserer eigenen Geschichte erzählt. Sie spricht in unsere Mitte. Damit Menschen sich verstanden wissen, nicht verzweifeln ganz und gar. Was hilft in bewegter Zeit? Sich bewegen lassen auf Hoffnung hin. Guter Hoffnung sein.

Maria ließ sich bewegen. Sie bewegte die Worte des Engels in ihrem Herzen: „Fürchtet euch nicht, siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird“ (Lukas 2, Vers 10).

Oft sind es die Frauen, die in Krisenzeiten besonnen und stark bleiben, Lösungen finden. Weil sie wissen, was geboren werden heißt, weil sie wissen, was guter Hoffnung sein heißt, was immer dies uns Menschen auch manchmal abverlangt.
Die Weihnachtsgeschichte lädt uns ein, uns selbst zu fragen: Wovon lasse ich mich bewegen und was bewahre ich in meinem Herzen. Das ist dann vielleicht, bei allem Wechsel der Zeit, ein Stück Heimat in mir.

Als die Konfirmandinnen und Konfirmanden zum 200ten Jubiläum der Horner Kirche in Bremen zum Thema „Heimat“ selbst geschriebene Gedichte vortrugen, war ich überrascht und bewegt.

Eine Jugendliche sagte dort sinngemäß:
Heimat ist für mich wie ein Licht der Seele, wie die Liebe, wie ein Segelschiff, das nach langer Fahrt im Hafen ankommt.
Heimat ist ein altes Wort, zuweilen wird es auch gegen Andere eingesetzt und damit missbraucht. Doch in der Tiefe des Wortes erzählt es von dem, was Menschsein ausmacht:
Zuhause sein, behütet und geborgen. Keine Angst zu haben. Das verbindet uns alle als Menschen, wo immer wir herkommen und wo immer uns das Schiff des Lebens hinführt.

Im Advent und in der Weihnachtszeit singen wir die schönen alten Lieder.

„Es kommt ein Schiff geladen
bis an sein höchsten Bord,
trägt Gottes Sohn voll Gnaden,
des Vaters ewigs Wort.
Das Schiff geht still im Triebe,
es trägt ein teure Last,
das Segel ist die Liebe,
der Heilig Geist der Mast“

Heimat ist die Liebe, die wir teilen und die uns geschenkt wird. Heimat ist Ankommen nach langer Fahrt. Es ist gerade einmal so klein wie ein gefaltetes Taschentuch. Das Bild ist von meiner lieben Oma. Ich weiß, dass es ihr kostbar war.
Nach ihrem Tod ging es an mich über und von da an hat es mich immer begleitet. Jeden Umzug und in jede neue Umgebung ging es mit, fand einen Platz.
Manchmal war es nur in der Schublade, aber seit Jahren hängt es sichtbar in meinem Arbeitszimmer.
Und immer einmal wieder fällt mein Blick darauf. Sonderbar, so klein das Bild ist, so sehr strahlt es doch aus. Das Bild zeigt ein Reh, das zum Himmel blickt, auf einen Stern schaut es.
Lange habe ich nicht auf die Rückseite geschaut.

Das steht ein Vers, wie ein Titel, wie eine Botschaft:
„Suchendes Rehlein in Winternacht. Glück auf! Des Herrgotts Liebe wacht.“

Mit welchen Worten man es auch immer beschreiben kann, ich spüre einen lichtvollen Ausblick. Von dieser Hoffnung hat mir meine Großmutter viel mitgegeben. Wie schön. Die Liebe Gottes geht mit, schenkt uns Heimat, wo immer wir sind. Das heißt, das Gute zu bewahren in allem, was uns in dieser Zeit bewegt. Das ist die große Freude, die allem Volk widerfahren wird. Das ist immer Ankommen in guter Hoffnung. Eine gesegnete und hoffnungsvolle Advents- und Weihnachtszeit wünscht Ihnen von Herzen Ihr ...

Stephan Klimm,
Pastor der Ev. Kirchengemeinde Horn in Bremen