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Vor 80 Jahren:
Im Westen
Befreiung,
im Osten
Vertreibung
Redaktion Heimatgruß
Der BDV (Bund der Vertriebenen) erinnerte
am 18. Oktober 2024 mit einer lesenswerten
Pressemitteilung, die wir nachfolgend
wiedergeben, an einen denkwürdigen
Jahrestag, den 21. Oktober 1944.
BdV fordert gleichberechtigten Platz für Flucht
und Vertreibung in der Erinnerungskultur
Während in großen Städten Westdeutschlands,
wie jüngst etwa durch einen Festakt in
Aachen, der Befreiung durch amerikanische
Truppen im Oktober 1944 gedacht wird, erinnern
sich die deutschen Vertriebenen, so etwa
die Ostpreußen, dieser Tage an den Beginn
ihrer Leidenszeit und den großen Exodus aus
ihrer Heimat im damaligen deutschen Osten.
Dazu erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd
Fabritius:
Am 16. Oktober 1944 begann die sowjetische
Offensive auf Ostpreußen. Die Rote Armee
überschritt in den folgenden Tagen an
mehreren Stellen die deutsche Reichsgrenze
und drang weit in Ostpreußen ein.
Bei Nemmersdorf, einem kleinen Dorf südwestlich
von Gumbinnen, rückten die Verbände
am 21. Oktober 1944 am weitesten nach
Westen vor. Einer der Kommandeure schrieb
in einem Gefechtsbericht, „Nemmersdorf ist
von der Infanterie des Gegners und der friedlichen
Bevölkerung gesäubert worden.“
Wie diese „Säuberung“ aussah, stellten
deutsche Truppen bei der Rückeroberung des
Dorfes in den folgenden Tagen fest.
In der Erinnerung der Vertriebenen ist
Nemmersdorf zu einem Sinnbild für die
Gräueltaten geworden, mit denen die Rote
Armee, propagandistisch vom Stalin-Regime
angestachelt, auf ihrem Rachefeldzug für die
Verbrechen Nazideutschlands gezielt Angst
und Schrecken verbreitete.
Es gibt heute keine Zweifel an den Kriegsverbrechen,
die damals auch von sowjetischen
Soldaten begangen wurden – an den
zahllosen deutschen Zivilisten, die getötet
oder deportiert wurden, sowie an den Massenvergewaltigungen
deutscher Frauen.
Umso verachtenswerter ist es, dass in nationalistischen
Kreisen in Deutschland und
Russland gerade in den Berichten zu
Nemmersdorf bis heute entweder die maßlosen
Propaganda-Übertreibungen der Nazis
oder die von sowjetischer Seite gesteuerte,
absichtliche Verkehrung der Ereignisse in ein
Verbrechen von Deutschen an ihrem eigenen
Volk bedient werden.
Gleichzeitig mit Nemmersdorf, auch am 21.
Oktober 1944, kapitulierten in Aachen, weit
im Westen des Reiches, die eingeschlossenen
Truppen der Wehrmacht. Damit endete in
der ersten deutschen Großstadt die NS-Herrschaft
und die Verwaltung ging auf die
Amerikanische Militärregierung über. Schon
kurz darauf bildeten sich neue demokratische
Strukturen.
Das „Massaker von Nemmersdorf“ und die
Befreiung von Aachen offenbaren im Vergleich,
wie unterschiedlich die sich abzeichnende
Niederlage des nationalsozialistischen
Regimes sich in West und Ost auf die deutsche
Bevölkerung auswirkte – und wie wenig
dies in der Öffentlichkeit heute präsent ist.
Nemmersdorf ist für die Vertriebenen ein Symbol
all dessen, was die ostdeutsche, hier
besonders die ostpreußische, Zivilbevölkerung
gegen Ende des Zweiten Weltkriegs erleiden
musste. Das Massaker markiert
zugleich den Beginn einer Massenflucht biblischen
Ausmaßes, an die sich die Vertreibungen
mit den bekannten Begleitverbrechen anschlossen.
Während in Aachen schon im Januar 1945
als erste freie Zeitung die „Aachener Nachrichten“
erschienen, erlitt die ostdeutsche Zivilbevölkerung
am 30. Januar 1945 mit der Versenkung
des Flüchtlingsschiffs „Wilhelm
Gustloff“ durch sowjetische U-Boote, der größten
Schiffskatastrophe der Menschheit mit
insgesamt fast 9.500 Toten, einen weiteren,
furchtbaren Schicksalsschlag.
Während die West-Alliierten begannen, in
befreiten Städten den Grundstein für eine demokratische
Nachkriegsordnung zu legen,
übten Stalins Soldaten Rache an der deutschen
Zivilbevölkerung. Angesichts der von
der Roten Armee provozierten Fluchtbewegungen
erklärte der sowjetische Diktator
zynisch: „Wo unsere Truppen hinkommen,
laufen die Deutschen weg.“
Umso wichtiger ist es, dass Flucht und Vertreibung
der Deutschen aus dem Osten – die
Gewalterfahrung und der Heimatverlust – im
Gedenken an das nahende Kriegsende einen
gleichberechtigten Platz neben anderen, freudigeren
Erinnerungen finden.
Unserer Erinnerungskultur und auch diesem
80. Jahrestag angemessen wäre eine
Würdigung dieses Schicksals durch die obersten
Repräsentanten unseres Staates.
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