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Eine unverhoffte Begegnung - Arnold Topp
von Dr. Werner Klose
Im November 2010 blieb mein Blick beim flüchtigen Überfliegen eines Artikels im „Kölner Stadtanzeiger“ an einem bekannten Namen hängen: Arnold Topp.
Wie kommt denn unser Turn- und Zeichenlehrer von der Oberschule in Meseritz nach Köln?
Ein Auktionshaus in Köln berichtete von einer bevorstehenden Versteigerung, zu der auch ein Bild von Arnold Topp eingeliefert worden war, das nach Überprüfung seiner Echtheit zu einem Taxwert von 30.000 Euro angeboten wurde.
Ich habe mir dieses Bild mit dem Titel „Rot und Gelb“ natürlich sogleich in der Ausstellung der zu versteigernden Werte angesehen und erfuhr dort, daß im Jahr zuvor ein ähnliches Bild von Topp mit dem Titel „Bedrohte Stadt“ für ca. 70.000 Euro (Gebot 55.000 Euro plus Aufgeld und Steuern) versteigert worden war. Der gleiche Preis wurde auch bei der Versteigerung des Bildes „Rot und Gelb“ am 02.12.2010 erzielt.
Auf meine Bitte erhielt ich von beiden Bildern Kopien der Abbildungen in den Auktionskatalogen, zusammen mit den dazugehörigen Expertisen von Dr. Rainer Enders, der bereits im Jahr 2002 einen Artikel über Arnold Topp für den Heimatgruß geschrieben hatte.
Das von mir betrachtete Bild „Rot und Gelb“ hatte neben der kräftigen Ausstrahlung der überwiegend reinen Farben Gelb, Rot und Blau aufgrund der angewendeten Öltechnik eine erstaunliche Tiefenwirkung, die natürlich in den flächigen Kopien nicht zum Ausdruck kommen kann.
In seiner Expertise für das Bild „Bedrohte Stadt“ bezeichnet Dr. Enders dieses Werk als eine unmittelbare Vorarbeit für Topps großartiges Gemälde „Verlassene Stadt“ von 1918. Der Verbleib dieses Ölbildes konnte trotz intensiver Nachforschung bisher nicht ermittelt werden. Arnold Topp, ein bekannter Künstler „aus der zweiten Reihe der Berliner Expressionisten“ war im Mai 1940 von einem Gymnasium in Brandenburg als Turn- und Zeichenlehrer an die Oberschule in Meseritz versetzt worden.
Wir Schüler haben ihn stets als fröhlichen, hilfsbereiten und liebenswürdigen Lehrer in Erinnerung, ohne das geringste von seinen bedeutenden künstlerischen Arbeiten aus dem Berlin der zwanziger Jahre zu ahnen. Nur einzelnen Schülern, darunter wohl auch mein Bruder Friedrich W. Klose und Hans-Siegfried Werner, hat er unter dem Siegel der Verschwiegenheit im Atelier seiner Wohnung einige seiner früheren Arbeiten gezeigt. In seiner freien Zeit ist Topp häufig mit dem Fahrrad in der Umgebung von Meseritz unterwegs um zu malen. Einige seiner zahlreich dabei entstandenen Landschaftsaquarelle zeigt er im Herbst 1944 bei einer Ausstellung in der Oberschule, an der sich auf seinen Vorschlag hin auch Friedrich Klose, der sich nach einer Verwundung im Meseritzer Lazarett aufhält, mit drei Pastellbildern beteiligt.
Wie mir meine Klassenkameradin Renate Kruschel berichtete, hat Topp auch eine Ausstellung seiner Landschaftsbilder aus der Umgebung von Meseritz in einem Schaufenster des väterlichen Geschäftes an der Ecke Obrastraße/ Hohe Straße gestaltet.
Im Januar 1945 wird Arnold Topp, Reserveoffizier der Wehrmacht, einberufen, um die Leitung einer Volkssturmeinheit zu übernehmen. Über sein weiteres Ergehen gibt es nur vage, teils widersprüchliche Angaben.
Ein Gutachten des Deutschen Roten Kreuzes kommt 1984 zu dem Schluß, „daß Arnold Topp mit hoher Wahrscheinlichkeit im März 1945 bei den Kämpfen im Raum Lebus in sowjetischen Gewahrsam geraten und in der Gefangenschaft verstorben ist.“
(Dr. Rainer Enders, Arnold Topp Ein Lebensbild, Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 2007, ISBN 978-3-89739-547-3)
Arnold Topp
1887 Soest - 1962 Brandenburg
201/ US $ 27.800 - 41.000 / Euro 20.000 - 30.000
„Rot und Gelb“. 1918. Öl auf Pappe. 54,5 x 43 cm. Signiert und datiert unten Mitte rechts:
A. Topp 18. Rahmen.
Provenienz:
Dr. Lothar Tonn, Grimmen (lt. Auskunft des Vorbesitzers)
Privatbesitz Rostock
Zu diesem Gemälde liegt eine Expertise von Dr. Rainer Enders, Frankfurt/ Oder, vom 16. August 2010, vor.
Es wird in der nächstfolgenden Überarbeitung des Werkverzeichnisses unter der Nr. 18. Oe. 36 aufgenommen. Des Weiteren liegt das Ergebnis einer naturwissenschaftlichen Untersuchung zum Material und zum maltechnischen Aufbau von Frau Prof. Dr. Elisabeth Jägers, Bornheim, vom 4. Oktober 2010 vor.
In diesem farbintensiven Gemälde schildert Arnold Topp das Ende des Ersten Weltkrieges. Nie von Kriegseuphorie erfaßt, gibt er hier eindrucksvoll seiner Angst um die Zukunft Deutschlands Ausdruck, über dessen Niederlage er sich keine Illusionen macht.
„Von allen Seiten drängt aggressives Rot als erdrückende Übermacht auf die Stadt ein, sogar der sich rotfärbende Mond ist in diese Phalanx einbezogen. Riesige Quader und andere zertrümmerte Formen stürzen von links - also von Westen auf die Stadt und diffuses raumforderndes Rot sowie der aufbrechende Boden untergraben die Standhaftigkeit der Häuser.
Die Kirche links im Bild ist bereits im Fallen begriffen. Einer Supernova gleich rafft sich die Stadt in einem letzten überirdisch leuchtenden Gelb zum Widerstand auf, den Angreifern ihr goldenes Kreuz stolz entgegenreckend, doch ist das kaum mehr als eine hohle Phrase, denn die eher einem Tempel gleichende Kirche
im Zentrum - möglicherweise das Symbol deutscher Kaisermacht - bricht schon in sich zusammen, das Licht in ihren Fenstern ist erloschen. Das Schicksal ist damit besiegelt und ihr Sturz scheint die rechts im Bild befindlichen Häuser, deren Fenster noch erleuchtet sind, in den Untergang mitzureißen. Die Darstellung wird von dem überwältigenden Rot - Gelb - Kontrast bestimmt, der alles hinwegfegenden Kraft steht ein übersteigertes, im Zentrum die größte Helligkeit erreichendes Gelb gegenüber, eine Farbkomposition, die keinen Ausgleich zuläßt und durchaus die Assoziation mit einem Flammeninferno erlaubt. Beruhigend wirkt lediglich das überall durchscheinende Blau des Weltenraumes als dritte der reinen Farben, das lediglich vordergründige irdische Hektik als bloßen Schein in den über allem liegenden ewigen Zusammenhang von Raum und Zeit zu bringen scheint.“ Möglicherweise handelt es sich bei diesem Bild um das verschollene Gemälde „Gelbes Haus“ (Wvz.-Nr. 18. Oe.14). In seiner Komposition fallen Ähnlichkeiten mit dem Werk „Der Turm“ (Wvz.-Nr. 18. Oe.3) auf, so daß beide Arbeiten in zeitlicher Nähe entstanden sein dürften. (Vgl. Rainer Enders: Arnold Topp - Ein Lebensbild, Weimar 2007).
Text aus einem Versteigerungskatalog
der Fa. Van Ham, Kunstauktionen, Köln 2009:
Nummer im Katalog 160,
Tax-Werte US $ 27.000 - 40.500, Euro 20.000 - 30.000.
Bild: „Bedrohte Stadt“ 1918 Öl auf Malpappe 42x33,5 cm, signiert unten rechts: A. Topp, Rahmen, auf der Rückseite befinden sich vier Stempel: Dipl. Ing. R. Burk.
Eine Expertise von Herrn Dr. Rainer Enders, Frankfurt/Oder vom 19. September 2009 liegt vor.
Das Werk wird in der überarbeiteten Fassung des Werkverzeichnisses unter der Nummer 18.Oe. 24. aufgenommen.
Herr Dr. Enders bezeichnet das vorliegende Werk als eine unmittelbare Vorarbeit für Topps großartiges Gemälde „Verlassene Stadt“ von 1918. Beide Arbeiten sind unter dem Eindruck des Kriegsjahres 1918 entstanden, als sich die Lage des Deutschen Reiches an den meisten Fronten verschärfte, die Unruhe im Innern zunahm und eine militärische Niederlage mit dramatischen Auswirkungen immer wahrscheinlicher wurde. Die Stadt ist offenbar verlassen, in den meisten Häusern sind die Fenster gähnende schwarze Höhlen. Von oben links bricht ein Flammeninferno in die Stadt ein, das schon einige Häuser erfaßt hat. Bedrohte Stadt ist ein Bild der starken Farben, gebrochene Farben sind kaum zu finden. Die so vorherrschenden Kontraste zwischen Rot und Gelb und Blau erfüllen die Darstellung mit großer Spannung. Die meisterhafte Verteilung des Gelb und die dadurch häufigen Hell-Dunkel-Kontraste bringen Unruhe in das Bild und steigern das Gefühl von Gefahr und Untergang (Dr. Rainer Enders).
Das Bild erbrachte bei der Versteigerung einen Erlös von 70.000 Euro.
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