Gedenkstein in Miedzichowo / Kupferhammer
Wilfred Redlich – Fotos: HGr, R. Redlich,

Den früheren und jetzigen Mitgliedern der evangelischen Kirchen-Gemeinde Kupferhammer will das untenstehende Bild einen heimatlichen Gruß bringen und eine Bitte. Vor 25 Jahren, in glücklichen, reichen Zeiten wurde dieser dringend notwendige Sammelpunkt evangelisch-kirchlichen Lebens geschaffen und eine mustergültige Anlage von Kirche, Gemeindesaal und Pfarrhaus gebaut, die sich wunderschön in das liebliche Wiesental am Schwarzwasser einpaßt. Ein Viertel-Jahrhundert ist jetzt vergangen, das für das gesammte deutsche Volk wie für unsere Kirchen-Gemeinde im besonderen angefüllt war mit schwersten Schicksalen: Die Tafel in der Kirche mit den Namen der im Kriege (1914 - 1918) Gefallenen redet eine deutlich, erschütternde Sprache; ebenso aber auch das kleine, einsame Glöcklein im Turme, dessen größere Schwester in schwerster Notzeit eingefordert wurde (Aus einem Spendenaufruf vom 13. Juli 1933 zur Wiederbeschaffung einer Glocke und zur Renovierung von Pfarrhaus und Kirche).

ev. Kirche in Miedzichowo / Kupferhammer



Ehemalige ev. Kirche in Miedzichowo / Kupferhammer heuteLiebe Heimatfreunde, liebe Einwohner von Miedzichowo, es klingt wie ein Märchen, aber es ist wahr: Ich kann in meinem biblischen Alter von 87 Jahren heute hier in der kleinen Kirche in Miedzichowo/ Kupferhammer vor dem Alter stehen.
Hier möchte ich Gott danken, der mir Gesundheit und die Kraft schenkte, diesen Auftrag im Namen der Kirche und des Glaubens zu erfüllen.
Die reformatorische Lehre von Martin Luther sagt:

»Wo du im Leben stehst, sollst du verantwortlich vor Gott, vor dir selbst und den Menschen leben.«

In diesem Sinne habe ich immer versucht, mein Leben zu gestalten. Die Kirche in Miedzichowo hat eine neue Architektur, wie sie selten zu finden ist, denn Kirche und Pfarrhaus bilden eine Einheit. Sie steht auch unter Denkmalschutz. Wenn sonntags die Glocken zum Kirchgang läuteten und der Schall weit ins Land getragen wurde, kamen die Christen aus allen Himmelsrichtungen zur Kirche, um das Wort Gottes zu hören. Hier fanden sie Trost und schöpften neue Kraft. Der Pfarrer hatte viele Aufgaben. Er mußte den Christen den Wert und Sinn des Lebens vermitteln. Dabei war das Gefühl großer Freude und echter Trauer sehr wichtig. Denn solche Gefühle sind Ausdruck des Menschseins und Höhepunkte des Lebens.
Bereichert wurde der Gottesdienst durch die Orgel, die einen wunderbaren Klang hatte. Durch die gute Akustik der Kirche konnten die Gläubigen diese Musik tief in ihre Herzen aufnehmen. Es war die einzige Musik, die sie aufnehmen konnten. Zuhause gab es keine Musik, denn es gab noch kein Radio. Musik bei Hochzeiten und Tanzveranstaltungen waren selten im Jahr. Die Konfirmanden mußten immer sonntags den Blasebalg der Orgel treten. Wenn ich mal Dienst hatte, habe ich mich sehr gefreut und war stolz, Kirchendienst machen zu dürfen. Die Orgel wurde meist von Schmiedemeister Lubasch gespielt, welcher rechts von der Kirche wohnte. Die Tochter von Gastwirt Riemer, Annelies, spielte auch, wenn Herr Lubasch ausfiel. Wenn beide verhindert waren, mußte der Pfarrer einspringen. Dann mußte er oft von der Kanzel zur Orgel laufen.
Wenn der Gottesdienst zu Ende war, haben viele noch kleine Einkäufe bei Bäcker Troschke getätigt, ehe sie den Heimweg antraten. Bevor wir an der Kirche den Gedenkstein einweihen, möchten wir noch gemeinsam das Lied „Nun danket alle Gott“, die ersten zwei Strophen singen und anschließend das „Vaterunser“ beten.


Gedenksteineinweihung am 13. November

Liebe Gäste,
die heutige Feier hier vor der Kirche ist der Beweis der Ehrung der Geschichte dieser Region. Das Gedenken sei unsere Pflicht sowohl für uns als auch für die nächste Generation. Das Symbol der Erinnerung sind die Worte auf dem Gedenkstein: Lasst Euch versöhnen mit Gott (2.Kor.) Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln (Psalm 23)
„Im Gedenken an die ehemalige evangelische Kirchengemeinde in Kupferhammer / Miedzichowo“ Jetzt kann der Stein sprechen, nicht von den Millionen Jahren seiner Geschichte, sondern von unserer Geschichte.
Wir danken den Bürgen von Miedzichowo für die Geste der Verständigung und bitten sie, diesen Platz in ihre Obhut zu nehmen. Es waren Anstrengungen notwendig, bis ein solches Erinnerungszeichen in Miedzichowo gesetzt werden konnte.
Alles hat seine Zeit, eine biblische und eine menschliche Wahrheit. Für mich ist die Einweihung des Gedenksteines ein bewegendes Erlebnis. In Miedzichowo ist die Erinnerung noch wach, wie die Nazis am Anfang des Krieges die schöne katholische Kirche abgerissen haben. Ja, vergessen sollte man nie, aber vergeben. Vergebung ist der Weg zu einem friedvollen Zusammenleben zwischen den Völkern. Kollektivschuld ist nicht im Sinne der christlichen Lehre.
Ich bin dankbar, daß sich in den letzten Jahren das Verhältnis zwischen Polen und Deutschen verbessert hat.
Es sollte auch nicht in Vergessenheit geraten, daß der polnische Papst und Walesa die Luftblase der kommunistischen Diktatur angestochen haben und dann ging dem System langsam die Luft aus und somit der ganzen Diktatur des Ostblocks.Es wird leider viel zu schnell vergessen, daß wir in ganz Europa 60 Jahre Frieden haben und in einem vereinten Europa leben dürfen. Ein Vorgang, der in Europa zum ersten Mal stattfindet und einmalig in der Geschichte ist. Deshalb möchte ich nochmals besonders den Kirchenvertretern von Miedzichowo danken, die für die Aufstellung des Steines ihre Zustimmung gegeben haben. Danken möchte ich auch Herrn Wilhelm Troschke, der den Stein zusammen mit dem Heimatkreis Meseritz finanziert hat. Ebenso danke ich Frau Wanda Strozczynska aus Psczew, Herrn Hubert Golek aus Lutol Mokry, sowie Herrn Szutta aus Nowy Dwor, die mich alle tatkräftig unterstützt haben.
Ein Ort wie dieser sollte ein Ort der Versöhnung sein. Christus hat für die Versöhnung sein Leben gegeben. In der Kirche Miedzichowo haben deutsche evangelische und polnische katholische Christen Gottesdienst gefeiert und das Wort der Versöhnung gehört. Heute singen und beten wir gemeinsam: die katholische Gemeinde, die seit langem in Miedzichowo lebt und Vertreter der deutschen Gemeinde, die früher hier lebten. Die Wurzeln, die beide hier geschlagen haben, tragen sie durch ihr Leben.
Segen möge sie leiten, hier und dort. Amen.“


Gedenktafeleinweihung an der ehemaligen ev. Kirche in Miedzichowo / Kupferhammer Nov. 2013
Der Stein des Anstoßes

Vor ca. 3 Jahren hatte ich mir in den Kopf gesetzt, in Kupferhammer einen Gedenkstein zu setzen. Als ich damit anfing, war noch der alte Bürgermeister im Dienst. Der war bereit, von der Gemeinde Geld zur Verfügung zu stellen.
Voller Hoffnung begann ich mit den Vorbereitungen. Inzwischen fand die Wahl des Bürgermeisters statt und es gab einen Wechsel. Der neue hatte wenig Interesse dafür. Hinzu kam, daß der Stein auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof gesetzt werden sollte. Das lehnte ich ab, da dieser zugewachsen war und kein Mensch dorthin käme. Die Antwort war, daß ein neuer Weg angelegt werde. Aber nach meiner Meinung sollten Gedenksteine dort aufgestellt werden, wo Menschen den Stein ohne Hindernisse sehen können. Ich wollte einen Platz an der Kirche haben.
Inzwischen hatte ich meine polnischen Freunde um Hilfe gebeten. Ich mußte oft Anträge stellen und den Text der Tafel ändern lassen, da das Wort „Deutsch“ nicht auf der Tafel stehen sollte. So ging es jahrelang, immer wieder mußte etwas geändert werden. Hinzu kam, daß die Kirche unter Denkmalschutz steht und hierfür besondere Auflagen erteilt wurden. Ein Architekt mußte eine Zeichnung machen und das Ganze mußte von Posen genehmigt werden.

Gedenktafeleinweihung an der ehemaligen ev. Kirche in Miedzichowo / Kupferhammer Nov. 2013Als das alles erfüllt war und der Steinmetz mit seiner Arbeit beginnen konnte, stellte der Pfarrer wieder alles in Frage. Der Stein sollte ein Findling sein und somit war die Zeichnung hinfällig. Die Zeichnung hatte fast so viel gekostet wie der Stein.
Der Pfarrer hatte dem Steinmetz gesagt, daß er nicht wolle, daß der Stein vor die Kirche kommt. Durch meine polnischen Freunde konnten wir dann am 13. November 2013 um 11 Uhr die Feier zur Einweihung des Steines beginnen. Und ich war überrascht, was für lobende Worte der Pfarrer für mich hatte. Er sagte unter anderem, daß der Stein eine Bereicherung für die Kirche und die Gemeinde sei und zudem zukunftsweisend.

Auf der Schleife des Kranzes stand:
In Liebe und Dankbarkeit Eure Söhne und Töchter

Daß ich in Kupferhammer teilweise sehr kühl empfangen wurde, hat seinen Grund. Ein Pole hatte gesagt: „Erst haben die Nazis unsere Kirchen abgerissen und jetzt wollen sie vor der Kirche einen großen Stein setzen.“
Die Einweihung des Steines zeigt, daß nicht nur polnische sondern auch deutsche Geschichte im kupferhammerischen Kirchenkreis gelebt wurde. Zusammenfassend kann ich sagen, daß der Stein mich viel Zeit, Kraft und auch Geld gekostet hat. Aber die anwesenden Gäste waren positiv überrascht. Der Stein, der nun in dem Park an der Kirche steht, passt wunderbar dorthin. Die Einweihung des Steines ist sehr harmonisch abgelaufen. Polen waren leider nur wenige da gewesen, da der Pfarrer in der Kirche nicht besonders darauf hingewiesen hatte.

Bei mir haben schon einige Heimatfreunde angerufen, die gern etwas spenden möchten, darüber habe ich mich sehr gefreut. Hier möchte ich ihnen meine Konto Nr. angeben:

Wilfred Redlich
Berliner Volksbank
BLZ 100 900 00
KtoNr. 1631 5530 32
Stichwort: Denkmal Kupferhammer.