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Das 3. Seminar der Gesellschaft für deutsch-polnische Nachbarschaft in Betsche / Pszczew
Text : Brunfriede Fischer von Mollard - FotosLukasz Robak
Am 25. Juli 2014 waren alle ehemaligen und heutigen Betscher eingeladen zu einem Abendessen auf dem ehemaligen, schon sehr schön sanierten Gutshof des Grafen Bernhard zu Dohna, der am 17. Juli 2014 bei seiner Tochter Ada Hammerschmidt in Schönfeld in der Uckermark seinen 100. Geburtstag feiern konnte. Gastgeber: Das Ehepaar Zaneta und Lukasz Robak, Gründer der Gesellschaft für deutsch- polnische Nachbarschaft. Einhundert Jahre! Welch ein gesegnetes Alter. Auch an dieser Stelle noch einmal unseren allerherzlichsten Glückwunsch und Gottes Segen im neuen Lebensjahr, besonders auch vom Ehepaar Robak.
Am Samstag, dem 26. Juli trafen wir uns zum Frühstück und anschließenden Beginn unseres Seminars in der ehemaligen Brennerei im früheren Lagerraum für Kartoffeln, dessen Gewölbe wunderschön saniert wurde durch Lukasz Robak, den heutigen Besitzer. Herzlich wurden wir von Zaneta und Lukasz Robak begrüsst. Bei der anschließenden Vorstellung der Teilnehmer bemerkte man schon eine entstandene Vertrautheit untereinander. Die empfohlenen drei Sätze für jeden reichten bald den wenigsten Anwesenden. Es wurde persönlicher als beim ersten und zweiten Seminar.
Bis die 50 polnischen und deutschen Teilnehmer mit der Hilfe unserer sehr tüchtigen Dolmetscherin und Moderatorin Ewa, der Tochter unserer Freundin Wanda Strózczynska sich vorgestellt hatten, waren wir schon etwas aus dem Zeitplan geraten. Unter dem Thema: „Betscher Lebenswege“ sahen wir eine von Lukasz Robak zusammengestellte Fotopräsentation zum Lebensweg des Grafen zu Dohna und seiner Familie. Allgemein wurde sehr bedauert, daß niemand von den jüngeren Generationen der gräflichen Familie den Weg zu uns gefunden hatte.
Eine anschließende Kaffeepause sorgte für allgemeine
Erfrischung. Um uns dann dem Thema des
Seminars: „Menschen für Menschen“ zuzuwenden.
Vor uns saß die 31 jährige Mirka Gorna im Rollstuhl
und berichtete uns von ihrem Leben mit einer spinalen
Muskelatrophie (Muskelschwund) Stufe 2.
Die tapfere und zuversichtliche Lebenseinstellung dieser jungen Frau imponierte uns sehr. „Mein Hobby ist Sport!“ Sie schießt! Sie hat 2013 die polnischen Meisterschaften im Wettkampf R5 (pneumatische Waffe, 60 Schüsse, liegend) gewonnen. Ein allgemeines Staunen über soviel Energie in dieser Lebenssituation war deutlich zu spüren. Mirka erzählte uns in einwandfreiem Deutsch, daß sie eine Chance bekommen habe in Neu-Delhi in Indien. Sie wurde ausgewählt, an einer Therapie mit mütterlichen Blutzellen im Mayom-Hospital teilzunehmen. Damit gewänne sie eine bis zu 80%ige Chance, ihren angeborenen Muskelschwund zu verlangsamen oder evtl. zu beenden. (Als Kind konnte sie noch auf eigenen Füssen zur Schule gehen.)
Allerdings kosten 7 Injektionen dieser Behandlung
30.000 US-Dollar. Sie bat uns um Hilfe. Und ich
glaube und hoffe. Jeder von uns, der konnte, hat mit
einer Spende versucht, dieser tüchtigen jungen Frau
zu helfen, wenigstens ein bißchen. Sie gestand uns ehrlich:
„Allein schaffe ich das natürlich nicht!“
Anschließend hörten wir durch Wanda von dem
Betscher Bürger Albin Pade, der trotz einiger Persönlichkeitseinschränkungen
seinen Platz in der Betscher
Gemeinschaft gefunden hatte. Solange seine Mutter
lebte, sorgte sie natürlich für sein tägliches Wohl.
Später lebte Albin Pade natürlich allein, bescheiden,
aber mit der Hilfe seiner praktischen Hände konnte
er gegen ein kleines Entgelt von vielen Arbeiten in
der Gemeinde leben. Durch sein gutes Gedächtnis
sprach er fließend Polnisch und Deutsch. Diese Gabe
setzte er bei Hochzeiten ein, indem er kleine Ansprachen
hielt.
Sein Hauptberuf war am Sonntag das Blasebalgtreten
in der Kirche an der Orgel. Auf dem Friedhof hob
Albin Pade die Gräber für die Verstorbenen der Gemeinde
aus und trug bei der Beerdigung das Kreuz. So war
auch er ein wichtiger und anerkannter Bürger in Betsche.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen wurde für jeden, der mitfahren wollte, wieder die beliebte Kutschfahrt angeboten. Zwei Wagen mit je 14-15 Personen waren „proppevoll“ beladen mit fröhlich winkenden Heimatfreunden beider Nationen bei strahlendem Sonnenschein. Pünktlich um 16,50 Uhr waren unsere Ausflügler an der Betscher Pfarrkirche St. Magdalena. Dort begann um 17,00 Uhr ein wunderbares, für mich unvergeßliches Konzert für Geige und Orgel, dargebracht von zwei jungen Menschen des Jahrganges 1981. Weronika Pupka, Violine und Michail Dabrowski, Orgel sind Absolventen der Musikakademie Poznan und Teilnehmer zahlreicher Musikwettbewerbe.
Das Programm umfaßte klassische
Musik von Bach über Schubert und
J. Pachelbel, auch polnische Musik aus
dem 16.Jahrhundert bis 1950 mit einer
Komposition von Denis Bedard. Bei bekannten
Melodien besonders von Johann
Sebastian Bach schwang die Seele innerlich
mit.
Die beiden jungen Künstler ließen
für uns „Seminaristen“ mit dieser klangvollen,
tief berührenden Musik durch ihre
wunderbaren Instrumente den Abschluß
des 3. Seminars der Gesellschaft für
deutsch-polnische Nachbarschaft zu einem
noch lange nachklingenden Ereignis
werden.
Das gemeinsame Abendbrot mit
anschließendem gemütlichen Beisammensein
in den Gewölben der ehemaligen
Brennerei und der Gute-Nacht-Geschichte
„Der Brückenbauer“ von Axel
Kühner, vorgelesen
von Brunfriede Fischer
von Mollard
war dann für die deutschen
Teilnehmer der
Ausklang dieses Tages.
Nach einem guten gemeinsamen Frühstück mit noch manchem netten Gespräch schlug Jeder wieder seinen eigenen Weg ein mit der Hoffnung auf ein 4. Seminar 2015.
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