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Flucht und Vertreibung aus Strese / Strzyzewo
Von Lieselotte Becker (Bilder: Archiv HGr)
Wir wurden in der Nacht vom 25. zum 26.
Januar 1945 in Strese aufgefordert, in zwei Stunden
das Dorf zu verlassen. Wir waren völlig überrascht
und wußten nicht, was wir zuerst machen
sollten: Kinder? Essen? Geld?
Mutter schickte Hannchen und mich zur
Sparkasse. Wir staunten, daß so viele Menschen
mitten in der Nacht am Schalter standen. Es wurde
nur ein bestimmter Betrag vom Sparbuch an
jeden ausgezahlt. Gut, daß wir zu zweit waren, so
hatten wir 4.000 RM und liefen zum Bäcker der
kostenlos Brot an alle verteilte.
Der Wagen wurde beladen, plus Futter für das
Pferd. Wir wollten zu Mutters Bruder und mit ihm
zusammen anspannen. Wir hatten keinen Kutscher
für die Flucht. Oma 70 und Ewald 10 Jahre alt lenkten
den Wagen. Unser Kutscher Franz mußte zurückbleiben
um das Vieh auf dem Hof zu versorgen.
Auf den glatten Straßen war viel Verkehr und
die Straße nach Klastawe war nur für das Militär
freigegeben. So fuhren wir nach Brätz, weil wir
auch Tante Ulm und Herta mithatten. Die wollten
zu ihrer Tochter, die in Brätz wohnte.
Aufenthalt in Brätz
Wir kamen mit Mühe bis Groß Dammer und suchten Schulzes auf, aber die waren schon fort. Da die Straßen voller Militär waren, mußten wir durch den Wald den Weg suchen. Wir kamen bei Kälte Schnee und Glätte nur langsam vorwärts. Wir mußten nicht nur laufen, sondern manchmal den Wagen anschieben bis nach Brätz. Marta Schreck geb. Ulm nahm uns auf. In dem kleinen Häuschen am Markt, neben einem großen stattlichen Haus, fanden sich immer mehr Flüchtlinge ein. Oft waren wir 20 bis 30 Leute. Nebenan in dem großen Haus zog später der Kommandant der Russen ein. Noch waren sie nicht da. Aber nachts rollten plötzlich russische Panzer über den Marktplatz. Am Tage war alles noch still. Deutsche Soldaten kamen zu uns, um sich aufzuwärmen. Sie wollten unbedingt die jungen Frauen mitnehmen. Mit ihrem Lkw wollten sie, wenn es dunkel ist, den Kessel um Brätz durchbrechen, um uns vor den Russen in Sicherheit zu bringen. Da wir uns nicht trennen konnten, blieben wir bei unserer Familie.
Am nächsten Tag hatte man erschossene Soldaten in der Kirche abgelegt. Es waren die deutschen Soldaten, die uns beschützen wollten. Ihr Durchbruch war missglückt. Es war ein Schock für uns. Nun gab es kein Entrinnen mehr. Als die Russen Brätz besetzt hatten, sollten alle Flüchtlinge wieder nach Hause gehen.
Alle Flüchtlinge sollen wieder zurück in ihre Dörfer
Unsere Nachbarn, Miebers aus Strese, fuhren
mit ihrem Fuhrwerk, vier Kinder und Familie,
zurück nach Strese. Sie hatten einen
polnischen Kutscher dabei, der sie beschützen
sollte.
Auch wir beluden unseren Wagen. Als
wir aufsteigen wollten, sprang ein Russe auf
unseren Wagen und jagte im Galopp mit
unserem Hab und Gut davon. Wir konnten nur
noch schnell verschwinden.
Es kamen immer wieder Russen zum Kontrollieren
in unsere Unterkunft. Auf die Frage nach
Frauen, wurde ihnen gesagt, daß wir nach unserem
Dorf zurückgefahren seien. In Wirklichkeit saßen
meine Schwester, Ulms Herta und ich zwei
Wochen lang im Holzschuppen hinter dem
Kaninchenstall.
Das Versteck war gut, aber sehr kalt. Morgens
und abends kam unsere Oma Ida und brachte
den Kaninchen Futter und uns warmes Essen. Wir
konnten nicht raus. Im Schnee hätte man sofort
unsere Fußspuren gesehen. Aber die Russen sahen
nur die Stapfen unsere Oma.
Sprechen und Husten durfte wir auch nicht,
denn in der Scheune nebenan kampierten die Russen
mit ihren „Panjewagen“. Wir hörten alles: Geschrei,
Toberei und nahes Schießen und fernen
Geschützdonner. Das gab uns die Illusion, daß unsere Soldaten die Russen zurückjagen würden.
Die Kälte haben wir ertragen, aber nicht den Gedanken,
daß am nächsten Tag niemand die Kaninchen
füttert und uns versorgen könnte und ob
überhaupt noch jemand von unserer Familie da ist?
Volkszählung und Arbeitszuweisung
Mitte Februar 1945 wurde eine Volkszählung durchgeführt. Alle Einwohner sollten sich auf dem Marktplatz aufstellen. Jeder wurde registriert und wir wurden nach Alter in Gruppen eingeteilt. Morgens um 7 Uhr mußten wir täglich zur Arbeit antreten. Ich gehörte zur Gruppe der 12 bis 15jährigen. Mutter und Hannchen zu den 16 bis 60jährigen. Ewald (10) und Kurt (8) blieben dann bei unserer 70 Jahre alten Großmutter.
Es mußte in Brätz „aufgeräumt“ werden. Die Verstorbenen wurden aus den Gebäuden geholt und auf einem Pferdewagen zur „Grube“ gefahren. Gott sei Dank, daß wir nicht mit den deutschen Soldaten mitgefahren waren, wir wären sonst auch in der Grube gelandet.
Diese schwere Aufgabe mußten die Männer tun. Es gab aber nur ein paar alte Männer und Jugendliche in Brätz. Die Frauen holten Möbel und Polstermöbel aus den Häusern. Diese wurden gesondert auf russische Lkw geladen.
Wir „Kindergarten“ nannte man uns waren für Bilder, Nähmaschinen, Teppiche und kleinere Sachen zuständig. Unsere Aufseher waren Polen, die uns halfen. Alles Vieh in den Ställen wurde zusammengetrieben zum Abtransport. Auch die Pferde mußten verladen werden. Ebenfalls wurden alle Maschinen und Ackergeräte abgeholt. Nach dem Tauwetter sollte die Feldbestellung beginnen. Da keine Pferde oder Trecker vorhanden waren, mußten alle Leute die Felder mit dem Spaten umgraben. Die Bewacher, meistens Russen und Polen, trieben uns an, mehr zu schaffen. Dafür gab es am Abend 100g Brot pro Person sonst nichts, nicht einmal etwas zu trinken.
Als wir einmal beim Graben auf dem Felde eine Kohlrübe fanden, teilten wir sie mit dem Spaten so, damit jeder ein Stückchen bekam. Das sah ein Russe und verhaftete uns. Unter Schimpf und Schande wurden wir 8 Kinder ins Spritzenhaus gesperrt und mußten über Nacht dort ausharren, um am nächsten Morgen, weil wir uns am Volkseigentum vergriffen hatten, erschossen zu werden. Zum Glück wurden unsere Bewacher abgelöst und ein Pole ließ uns frei.
Immer wieder wurden Leute mit einem Lkw abgeholt. Zur „Arbeit“ hieß es, aber niemand wußte wohin. Wie froh waren wir, wenn wir wieder nach Brätz zurückkamen. Meistens krank, hungrig und verzweifelt, aber wir waren am Leben. Eines Tages kam wieder ein Lkw, Frauen zur Arbeit abzuholen. Ich mußte auch mit, obwohl ich eine dicke Backe hatte. Wir wurden bei Nipter zum Kartoffellegen eingesetzt. Ich hatte Fieber und es ging mir immer schlechter. Ich hatte eine eitrige Mandelentzündung. Die Frauen halfen mir bei der Arbeit, denn ich konnte den Kartoffelkorb kaum tragen. Eine junge Frau sagte mir, daß sie mit ihrem polnischen Freund nach Brätz fährt. Ich sollte mich flach auf den Wagen legen und zudecken, damit mich niemand sieht. So kam ich dankbar bei Oma an, die mich, so gut sie konnte, gesund pflegte.
Der Tag der Siegesfeier
Am 9. Mai 1945 brauchten
wir nicht arbeiten. Die Russen
feierten den Sieg über
Deutschland.
Es war schönes Maiwetter.
Die Sonne schien, der Flieder
blühte und die Stimmung
im ganzen Ort war gut. Wir
standen wie immer auf dem
Marktplatz in Brätz, um zur
Arbeit eingeteilt zu werden.
Hatten nun die Polen oder die Russen das Sagen?
Wir konnten keinem mehr glauben. Es hieß: „Hitler
kaputt - Krieg Ende!“ Sollten wir lachen oder weinen?
Dann sagte ein Pole: „Heute wird nicht gearbeitet,
wir machen einen Ausflug.“ Wir stiegen auf
einen Wagen, den man mit Grünem geschmückt
hatte. Zwei Pferde davor und zwei polnische Kutscher
- keine Russen und den Wagen voller Frauen
und Mädchen. Wir hatten ein komisches Gefühl.
Niemand sang ein Lied, wie wir es sonst auf
einem Maiwagen getan hätten. Wir fuhren in Richtung
Schwiebus. Dort am See konnten wir baden
und uns waschen, denn das Wetter war warm.
Es war sicher gut gemeint, aber plötzlich
kamen Russen aus dem Wald und wollten Frauen
haben. Sie waren in Feierlaune. Die Polen sprachen
gut Deutsch und sagten, wir sollten einen
kranken Eindruck machen und unsere Kopftücher
weit ins Gesicht ziehen. Sie sagten den Russen,
vor denen sie sichtbar Angst hatten, daß die Frauen
alle geschlechtskrank seien und zum Arzt
müsste. Aber vorher sollten sie sich im See waschen.
Sichtbar angeekelt zogen die Russen ab.
Wir waren heilfroh und den Polen dankbar.
Niemand ging baden. Wir sollten aber ein bißchen
im Wasser plantschen, damit die Russen, falls sie
uns beobachteten, den Worten der Polen glaubten.
Sichtbar erleichtert kamen wir wieder in Brätz an.
Für unsere Bewacher hatte es ein Nachspiel. Es
ging um die Pferde, die ihnen die Russen hätten
ausspannen können.
Die Arbeitseinsätze gingen danach weiter
und die Not wurde größer, da es nichts zu kaufen
gab und niemand mehr Vorräte hatte.
Am 25. Juli 1945 befahl man uns auf dem
Marktplatz, Brätz in zwei Stunden zu verlassen.
Die Vertreibung aus Brätz
Wir mußten alle Familienmitglieder mitnehmen und
nicht mehr Gepäck, als wir tragen konnten. In langen
Kolonnen wurden wir aus Brätz in Richtung
Westen geführt. Das gab uns ein wenig Hoffnung.
Von allen Straßen strömten die Menschen
dazu. Am ersten Tag gingen wir über Dürrlettel und
Bauchwitz bis Meseritz. Nach ca. 22 km machten
wir Halt zur Nachtruhe. Am Morgen erhob sich
die Menschenlawine und zog weiter. Wer nicht mitkam,
war verloren. Ein Fuhrwerk lud später die
Liegengebliebenen auf, sofern sie noch lebten.
Die Bewacher ritten auf Pferden und trieben
uns an schneller zu laufen. Wo der hielt, wurde
übernachtet, ohne ein Dach über dem Kopf und
ohne Essen und Trinken. Am zweiten Tag ging es
weiter über Pieske, Tempel, Grochow (20km).
Mein kleiner Bruder Kurt hatte eine Wasserflasche,
mit der war er immer auf Wassersuche.
Kinder durften ausscheren. Aber wie froh waren
wir, als wir am Abend unsere kleine Familie wieder
zusammen hatten.
Am dritten Tag ging es weiter über Schermeisel,
Wandern, Zielenzig, am Lagower See vorbei. Niemand
durfte sich erfrischen. Es waren 15km bis
Heimersdorf, Halt bei Drossen, Zweinart,
Göritz, zur Oderbrücke. Es war eine schmale Fußgängerbrücke.
Plünderung vor der Obra
Davor wurden wir ausgeplündert. Viele verloren
alles, was sie bis dahin geschleppt hatten. Wir haben
anfangs im Graben einen dreirädrigen Kinderwagen
gefunden. Da setzten wir unser Oma hinein
und schleppten sie so mit, sonst hätten wir sie
völlig entkräftet liegen lassen müssen.
Meiner Schwester ging es auch nicht gut. Sie
war verzweifelt. Ich zog sie mit Gewalt vom BrückengelaÅNnder
herunter. Sie wollte in die Oder springen.
So haben wir gemeinsam die Oder überquert
und nun waren wir in Deutschland.
Als wir in Reitwein waren, gab es ein großes Gewitter,
es goß in Strömen und im ganzen Dorf fanden
wir kein trockenes Plätzchen. Der Ort war völlig
zerstört. Unter der großen Treppe im Schloß verbrachten
wir die Nacht. Überall waren Menschen
voll Hunger und ohne Hoffnung.
Wir verloren jedes Zeitgefühl, da wir weder
Kalender noch Uhren hatten. Wir waren wohl schon
sieben Tage unterwegs und es ging immer so weiter.
In Neutrebbin bekamen wir ein Zimmer.
Wir schliefen im Stroh. In einer abgebrannten
Scheune fanden wir unter einer Dreschmaschine
Körner. Diese haben wir nach Farben sortiert und
in einer Kaffeeühle gemahlen.
Die schwarzen ergaben Kaffee. Von den hellen
gab es Suppe und Fladenbrot. Auf den Feldern
wuchs Rhabarber sonst nichts. Durch den
Krieg war alles verwüstet.
Von Zucker träumten wir, aber wir brauchten Salz. Wir suchten im Kuhstall nach Salzlecksteinen in den Krippen. Das Vieh war fort, oft hingen die Köpfe noch an der Kette. Aber sonst war nichts zu finden. Wir hatten Glück und konnten ein Stück Salzstein kaufen. Im Fleischerladen gab es eines Tages Pferdefleisch. Ich stellte mich an, um 1/4 Pfund Gehacktes für die Familie zu bekommen. Ehe ich an der Reihe war, fiel ich um. Eine Frau sagte: „Gebt dem Mädel auch meine Ration, die hat es nötiger.“ Ewald half einer Bäuerin oft bei der Arbeit und bekam eine Handvoll grüne Bohnen und ein paar Kartoffeln. So gab es das erste Festessen. In Neutrebbin blieben wir zwei Wochen. Dann zogen wir weiter.
Mutter hatte als Reiseproviant einen Beutel mit Fladen
gebacken. Für Oma haben wir vom Bauern
eine Karre gekauft. So sind wir um Berlin herum
gewandert.
Am 31. August waren wir in Pritzwalk
auf dem Bahnhof, um mit einem Zug weiter zu fahren.
Der fuhr aber erst am nächsten Tag.
Aus Angst vor den Russen schliefen wir in
einem Schuppen. Es war noch kalt. Als die Morgensonne
schien, sah ich eine blühende Rose vor
einer Hausruine. Meine Oma holte sie heimlich und
gratulierte mir mit einer roten Rose zu meinem 15.
Geburtstag.
Es gab kein Frühstück und keinen Kuchen,
aber wir konnten mit dem Zug bis Wittenberge fahren.
Das war nach dem langen Marsch die erste
Reise mit der Bahn. In einer Schule in Wittenberge
wurden wir registriert und bekamen einen
Passierschein.
Fahrt über die Elbe Wir wollten über die Elbe. Darum baten wir einen Fischer, daß er uns im Dunkeln über die Elbe fahre sollte. Es ging alles gut. Wir warteten im Schilf bis es hell wurde und gingen dann weiter bis Beuster. Ich wollte bei einem Bauern frisches Wasser holen, da sah ich auf dem Tisch ein ganzes Blech Butterkuchen. Der duftete so gut.
Ich erlitt einen Schwächeanfall und fiel um. Ich glaubte, ich sei im Himmel. Auf der Erde gibt es doch keinen Kuchen mehr. Die Bäuerin gab mir ein Stück Kuchen und Wasser, ich sollte essen. Aber ich nahm ihn mit zu meiner Familie und wir aßen gemeinsam diese Köstlichkeit und dankten dem Schicksal. Wir zogen weiter. Auf dem Weg nach Seehausen trafen wir Bauern auf dem Felde. Wir fragten, ob wir ein paar Kartoffeln kaufen könnten. Der Bauer fragte, wie viel Zentner wir denn haben wollten. Diesseits der Elbe war das Land nicht so ausgeplündert und es gab etwas zu kaufen. In Seehausen kauften wir „lose Wurst“ und aßen uns endlich einmal satt an Pellkartoffeln und Wurst.
Im Flüchtlingslager Goldbeck
Dann kamen wir nach Goldbeck ins Flüchtlingslager
(offizielle DDR-Bezeichnung Umsiedlungslager).
So rechte Freude am Leben kam aber nicht
auf. Wir fühlten uns elend und der Arzt stellte Typhus
fest und schickte uns nach Osterburg ins
Krankenhaus.
Nachdem ich wieder einigermaßen auf den
Beinen war, meldete ich mich, um auf einem Bauernhof
zu arbeiten, damit ich mit gutem Essen
wieder zu Kräften kam.
Ich kam nach Dequede. Hannchen ging
es immer noch sehr schlecht. Als sie genesen war,
kam sie auch nach Dequede, Kreis Osterburg, und
erholte sich. Unsere Familie war inzwischen in
Deutsch bei Familie Lobenstein in ein kleines
Häuschen eingezogen. Das Leben ging weiter.
Meine Brüder gingen zur Schule. Ich wurde
in Krevese, Kreis Osterburg, konfirmiert. Ich
konnte die landwirtschaftliche Schule besuchen.
Von den 80 Schülern bekamen die zwei besten
ein Stipendium in Halle. Ich war überglücklich und
wollte Tiermedizin studieren. Leider konnte ich
davon keinen Gebrauch machen, da ich nicht in
die Partei eintreten wollte.
Ähnlich ging es meinem Bruder Ewald. Kurt
hat in Berlin studiert und sich dann in den Westen
abgesetzt. Später hat er bei Düren eine Familie
gegründet und sich mit viel Fleiß und Können eine
eigene Firma geschaffen.
Hannchen machte in Wernigerode eine
Hauswirtschaftslehre und heiratete einen Bauern
in Bömenzien, Kreis Seehausen.
Ich heiratete in einen privaten Fuhrbetrieb mit
Poststelle nach Neukirchen, Kreis Seehausen. Ich
hatte wieder ein Zuhause und war sehr glücklich.
Wir bekamen zwei Kinder.
Flucht in den Westen
Die Zeiten wurden für Privatbetriebe in der DDR
immer unsicherer. Leider wurden wir enteignet und
mußten die Flucht in den Westen wagen. Wir gingen
getrennt und heimlich über die Grenze in den
Westen. Wir waren wieder ohne jeden Besitz. Mit
zwei kleinen Kindern, zwei und vier Jahre alt, wagten
wir ein neues Leben.
Oma Ida ist in Deutsch mit 84 Jahren gestorben.
Unsere Mutter war nun allein, gehörlos
und krank. Ich stellte für sie einen Ausreiseantrag
und so kam sie zu uns in den Westen. Sie lebte
noch 20 Jahre bei uns in Stedum und starb mit 83
Jahren an Krebs.
Wir hatten inzwischen vier Kinder und ein
Eigenheim gebaut. 1999 starb mein Mann Friedrich
Becker an Krebs. Nun bin ich 84 Jahre alt und
dankbar für dieses Leben mit so vielen Höhen und
Tiefen.
Endlich habe ich den Mut gefunden, darüber
zu schreiben. Und dennoch bleiben Glaube, Liebe
und Hoffnung. Oft und gern besuche ich mit meiner
wunderbaren Familie unsere alte Heimat und
Freunde in Strese am Obrastrand.
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