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Wie ich meine eigene Haut rettete
Barbara Weber
Als Schulleiterin einer kleinen Landschule weigerte
ich mich, die Bauern für die LPG und die Jugendlichen
für die Jugendweihe zu werben. Damit
war ich in dem idyllischen Ort an der Spree für
das Regime der SED nicht mehr tragbar. Was sollte
ich tun?
Wieder allen bereits erworbenen Besitz wie
bei der Vertreibung 1945 stehen und liegen lassen?
Mir blieb nichts anderes übrig. Meine Rettung
kann nur die BRD sein. Das Tor dorthin stand
noch offen durch die Alliierten in Westberlin. Die
S-Bahn fuhr durch alle Sektoren. Mir als Lehrerin,
war die Fahrt in das „feindliche Ausland“ schon
vor längerer Zeit verboten worden.
Wer hilft mir bei der Flucht? Schwester und Bruder, mit Partnern in Ostberlin wohnend, weihte ich ein. Niemand riet mir ab. Wie nun meine Mutter überzeugen, die mit mir zusammenlebte? Das Wochenende verbrachten die „Berliner“ immer bei uns auf dem Lande. Nach dem Mittagessen am runden Tisch sprach mein Schwager: „Mutti, wir müssen dir etwas sagen, die Bärbel will nach Westberlin abhauen.“
„Das ist das einzig Vernünftige, was ich seit
langer Zeit höre“, war Muttis Antwort. Sie bekräftigte
ihre Worte mit einem Schlag auf den Tisch.
Mein Spargeld und mein Federbett sollten mit in
den Westen.
Bald sagte mir eine Bankangestellte im Vertrauen: „Es fällt auf, sie haben ihr Sparbuch geplündert.“ Was sollte ich davon halten? Mich beschlich ein komisches Gefühl. Mutti und ich füllten Federn aus dem Deckbett in Kopfkissen um. Diese sollten nach Westberlin geschafft werden.
Wie? Wenn die Geschwister am Sonntagabend nach Berlin zurückfuhren, nahmen sie im Trabant die Kopfkissen mit. Der Kinderwagen mit dem Baby darin war die beste Tarnung, um immer wieder ein Kopfkissen zu unserer Cousine von Ost- nach Westberlin (Neu Köln) zu befördern. Am 4.2.1961 schickte ich meine Schüler in die Winterferien und bestieg den nächsten Zug nach Berlin.
Am nächsten Tag trafen sich alle Familienangehörigen
in Neu Köln. Ein jeder nahm einen
anderen Zug mit Utensilien von mir. Alles klappte
ohne Kontrolle. Ich hatte der DDR den Rücken
gekehrt.
Nach der Anmeldung bei den alliierten
Kontrollbehörden verließen wir in einer Sofortaktion
Westberlin per Flugzeug nach Hamburg und weiter
in das Auffanglager Uelzen.
Bei der Passvorlage eine Überraschung: Der
Beamte ist ein Bekannter aus dem Heimatstädtchen
meiner Mutter. Georg K. sorgt für unsere
schnelle Weiterreise zu den Verwandten nach
Münster.
Mit Pauken und Trompeten wurden wir Sowjetzonenflüchtlinge
in Münster begrüsst. „Es ist Rosenmontag“,
so der Taxifahrer, der uns bei den
Verwandten ablieferte.
Auf dem Weg zum Bahnhof setzte ich meine
prächtig blühende Azalee unserer beliebten
Dorfschwester vor die Tür. Jahre später erfuhr ich,
daß sie sich bei ihrem Mann dafür bedankte, einmal
an ihren Hochzeitstag gedacht zu haben.
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