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Die Cholera 1831 in Meseritz Walter Kintzel Im Zusammenhang mit der Erforschung meiner Familiengeschichte stieß ich in den Kirchenbuchduplikaten der evangelischen Parochie Meseritz auf Angaben zu den Todesfällen. Auffallend dabei waren die vielen Choleratoten in dem Jahr 1831. Die Cholera ist eine schwere bakterielle Infektionskrankheit vorwiegend des Dünndarms, die durch das Bakterium Vibrio cholerae verursacht wird. Der Erreger wurde erst 1883 von Robert Koch entdeckt. Die Infektion erfolgt zumeist über verunreinigtes Trinkwasser oder infizierte Nahrung, besonders dann, wenn durch Fäkalien verunreinigtes Abwasser mit Anhäufung von Choleraerregern in Berührung mit Trinkwasser kommt. Die Bakterien können durch ihr Gift extremen Durchfall und starkes Erbrechen verursachen, was durch den Flüssigkeitsverlust zu einer schnellen Austrocknung des Körpers verbunden mit einem Elektrolytverlust (Salzverlust) führt. Aufgrund mangelnder Flüssigkeitsreserven sind Säuglinge und Kleinkinder besonders gefährdet. Die Zeit von der Infektion bis zum Auftreten der Krankheit (Inkubationszeit) beträgt 2 bis 3 Tage. Die Letalität (Sterblichkeit) bei Ausbruch der Krankheit beträgt unbehandelt zwischen 20 und 70 %. Eine länder- und kontinentübergreifende Ausbreitung (Pandemie) erfolgte, als die gegen den polnischen Novemberaufstand zusammengezogenen russischen Truppen von der indischen Grenze die Krankheit erstmals nach Europa brachten. In den baltischen Küstengebieten und in Warschau brach die Cholera ab 1830 aus. Erste Erkrankungen in Deutschland erfolgten 1831, dabei muss es Meseritz stark betroffen haben. Für die vorliegende Auswertung wurden alle Angaben aus der Parochie Meseritz berücksichtigt, das betrifft Meseritz, Meseritz Vorstadt, Georgsdorf, Heidemühle, Kaintscht, Kupfermühle, Nipter, Schloß Vorwerk, Sorge, Winitze. Im Verzeichnis der Verstorbenen wurde „Krankheit“ für Todesursache angegeben („Anmerkungen über die verschiedenen Todesarten und grassierenden Krankheiten“). Der Pastor gab für das Jahr 1831 aus der evangelischen Parochie Meseritz 332 Verstorbene an. Übrigens mit akkurater und gut leserlicher Handschrift! Von den 332 Verstorbenen fielen 190 der Cholera zum Opfer, 94 männlichen und 96 weiblichen Geschlechts. Der Anteil der Choleratoten betrug also an der Gesamtzahl der Verstorbenen 57%! Am 24. August 1831 starben die ersten Meseritzer an der Cholera. Es waren Caroline Wilhelmine Semerau, 31 Jahre, die Ehefrau des Schuhmachermeisters Carl Samuel Semerau, und Anna Dorothea Lode, 43 Jahre, die Ehefrau des Tagearbeiters Johann Michael Lode, einen Tag später verstarb der Glasermeister Carl August Weiß, 35 Jahre alt. 18 weitere Choleraopfer gab es bis Ende August. Der Höhepunkt wurde im September erreicht, als die meisten Choleraopfer zu beklagen waren. Die letzten Choleratoten Ende September/ Anfang Oktober 1831 waren: Maria Buchwald (84), Witwe des Tagearbeiters Buchwald Johann George Kloß (54), Tagearbeiter Johann Gottfried Kurzahn (5 Tage), Sohn des Tagearbeiters Kurzahn August Töbs (1), Sohn des Landwehrmannes Töbs Dr. Friedrich August Zeuschner, (49), Kreisphysikus (Kreisarzt) Die Altersspanne der Choleratoten reichte vom Säugling mit wenigen Lebenstagen bis zum 81jährigen Greis und der 84jährigen Greisin. An der Cholera erkrankten Personen aus den verschiedensten Berufen und Ständen wie Tagearbeiter, Handwerksmeister, Beamte und die Angehörigen, Greise, Witwen und kleine Kinder. Nachfolgend sollen einige Beispiele dazu angeführt werden: Johann Friedrich Feige (14 Jahre), Sohn des Landgerichtsboten Friedrich Hoffmann (81), Zimmermann Carl Jacob Kintzel (35), Landgerichts-Executar (Vollstreckungsbeamter) August Kube (40), Sattler Ernst Samuel Radecke (66), Apotheker Leberecht Reinhold (60), Gürtler Elisabeth Richter (80), Ehefrau des Nachtwächters Richter Anna Maria Rothermund (46), Witwe des Stadtdieners Johann Jacon Standow (76), Stadtkämmerer Maria Winkler (83), Ehefrau des Tagearbeiters Winkler Aber auch Durchreisende starben an der Cholera. Uns ist der Tod des Schiffers Johann Christian Lange (19) aus Kuffer, Freistädter Kreis in Niederschlesien, überliefert. Der Däne Johann Sibbern (21), Kupferschmiedegeselle aus Kopenhagen, der in Meseritz beschäftigt war, starb ebenfalls an der Cholera. In einigen Familien gab es mehr als einen Choleratoten, besonders bei Kindern, man beachte auch die Todesdaten: Familie Blutke
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