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Die Familie von Tempelhoff
Ein Text von Dr. Martin Sprungala
Neben den uradeligen Familien bestand der Adel
im Heiligen Römischen Reich zudem aus Ministerialen,
die im Hochmittelalter zum später Uradel
genannten Adel verschmolzen. Der Adel bildete
sich in der Zeit des Lehnswesens in Europa
aus. In der Germanenzeit gab es sogenannte
„Edelfreie“, das waren „Freie“, die das dreifache
Wehrgeld zahlten. Die Gesellschaft der Germanen
bestand aus Freien (größere Bauern),
darunter die Edelfreien, und Leibeigenen und
Sklaven.
Zu dieser Adelsschicht kamen die Ministerialen,
die im Dienst des Kaisers tätig waren und
dadurch großen Einfluß besaßen. Auch die Karolinger,
als Hausmeier (Maior Domus, der Älteste
des Hauses) gehörten genaugenommen zu den
Ministerialen.
Im Spätmittelalter kam dann als weitere Form
des Adels der Briefadel hinzu. Nach französischem
Vorbild erhob Kaiser Karl IV. (1316-1378,
1346 Kg., 1355 Ks.) verdiente Beamte in seinem
Dienst in den Adelsstand, der mit einer Urkunde
verbrieft wurde.
Die Erhebung in den Adelsstand (Nobilitierung)
war ein Privileg des Kaisers, das später auch einigen
Territorialfürsten gewährt wurde, als letzten
auch den Königen in Preußen (1702).
Die Familie (von) Tempelhoff war bürgerlicher
Herkunft und stammte aus der Mark Brandenburg.
Sie waren Amtmänner und Pastoren im Raum
Bernau. Ihr Name steht im Zusammenhang mit
der im Mittelalter bedeutenden Kommende des
Templerordens, der Komturei Tempelhof, südlich
von Berlin.
Die Familie besaß hier einen Hof und Äcker,
die unter der Lehnshoheit der Komturei Tempelhof
standen.
Der älteste, seit 1504 urkundlich nachweisbare Familienangehörige war Hans Tempelhoff der Ältere (1475-1539). Er besaß eine Apotheke in Berlin und handelte mit Arzneiwaren und Gewürzen. Hans d. Ä. schuf die Basis für den Aufstieg der Familie. Er wurde mit den Einkünften verschiedener Dörfer belehnt. Seit 1514 war er Ratsmann in Berlin und 1527 (bis 1544) Bürgermeister in Berlin.
Mit dem Titel eines kurfürstlich-brandenburgischen
Küchenmeisters war er auch für den
Hof der Hohenzollern seit 1521 tätig. Er führte ein
Siegel, in dem ein springender Hirsch abgebildet
war. Dieser wurde später zum Adelswappen der
Familie.
Mit Hans Tempelhoff d. J. (BM 1542-57) und
dem Handelsmann Hieronymus Tempelhoff (†
1580, BM 1574-80) stellte die Familie zwei weitere
Bürgermeister von Berlin.
Seit Hans d. J. waren die Tempelhoff Bürger
und Honoratioren in Bernau, nordöstlich von
Berlin. Sein Urenkel, Georg Tempelhoff (1648-
1712) war hier Gerichtsbeisitzer, Akzisekassenherr
und Stadtverordneter.
Der Aufstieg in den Adelsstand begann mit Georgs Enkel, Georg Friedrich Tempelhoff(1737-1807). Er war der Sohn des königlich preußischen Amtsrats Georg Samuel Tempelhoff (1711-1775) und der Marie Margarethe Thieme (1717-1751). Sein Vater war Pächter der Staatsdomänen Trampe bei Eberswalde und Kossenblatt bei Beeskow, später des Guts Rampitz (pl. Cybinka).
Georg Friedrich Tempelhoff war mathematisch sehr begabt und wo konnte man zu jener Zeit mit einem naturwissenschaftlichen Talent Karriere machen: beim Militär. Nach seinem Studium in Frankfurt/O. und Halle/S. trat er 1756 als Artillerist ins preußische Militär ein und nahm an den bedeutenden Schlachten des Siebenjährigen Krieges teil.
Wegen seines Talents wurde er 1759 zum Offizier
ernannt und begann direkt nach dem Krieg
mit seinen militärhistorischen, mathematischen
und astronomischen Studien, die er 1775 in seinem
ersten Buch über die Taktik der Artillerie
zusammenfaßte. Das Werk fand das Wohlwollen
König Friedrichs II., durfte aber aus Gründen der
militärischen Geheimhaltung nicht publiziert werden.
Dennoch beflügelte diese Arbeit seine Karriere
als Militärdozent und 1778 wurde er in den
Rang eines Kapitäns erhoben.
Auch sein zweites Buch (1781) blieb eine
Geheimsache, ermöglichte aber seine Beförderung
zum Major (1783) und Dozenten an der Berliner
Inspektionsschule. Er genoß einen hervorragenden
Ruf, deshalb erhob ihn Friedrich II. am
20.3.1784 in den erblichen Adelsstand.
Doch Friedrich achtete stets sehr darauf, daß
der staatstragende (Ur-)Adel in seinen Privilegien
blieb, daher verweigerte er Tempelhoff auch die
Aufnahme in die Akademie der Wissenschaften,
obwohl er zu den Gelehrten des Heeres gerechnet
wurde.
Friedrichs Nachfolger, Friedrich Wilhelm II., war
da ein ganz anderes Kaliber. Er förderte seine
Günstlinge, so auch Tempelhoff, dem er ein
Artillerieregiment übertrug und ihn in den Rang
eines Generals erhob. Auch die erstrebte Aufnahme
in die Akademie der Wissenschaften und die
der Künste gewährte er ihm, verbunden mit dem
Orden Pour le Mérite (20.6.1789).
Tempelhoff wurde zudem Lehrer des Kronprinzen
Friedrich Wilhelm (1770-1840) und seines
Bruders Ludwig (1773-1796). 1791 wurde er Direktor
der neuerrichteten Artillerieakademie in
Berlin und verfaßte ein sechsbändiges Werk über
die „Geschichte des Siebenjährigen Krieges“.
Im Krieg gegen Frankreich (1792-94) geriet er
in einen Konflikt mit dem König über die Taktik,
wurde aber nach einigen Jahren wieder in Ehren
aufgenommen und zum Generalleutnant befördert
(1802). Nachhaltig wirkte er durch die Förderung
des Bürgerlichen Gerhard (seit 1804 „von“)
Scharnhorst (1755-1813).
Georg Friedrich v. Tempelhoff starb 80-jährig
am 13.7.1807 in Berlin als General-Inspektor aller
militärischen Erziehungsanstalten des preußischen
Staates. Mit seiner Frau Louise Grunow
(1759-1820) hatte er drei Söhne, von denen der
jüngere früh starb, und eine Tochter.
Wann genau die Familie Tempelhoff Besitz in
der neuen preußischen Provinz Posen, bzw.
vorher Südpreussen, erwarb, geht aus der Literatur
nicht genau hervor. Bereits der General v.
Tempelhoff soll das kleine Posener Gut Krutla
(Krutla) im Kreis Bomst erworben haben, das bis
dahin Eigentum des Zisterzienserklosters Obra
war.
Dieses Gut erbte der Sohn Carl Eduard v. Tempelhoff (1781-1845), mit seiner bürgerlichen Frau Henriette Friederike Huber (1785-1859). Er schuf sich eine Lebensbasis im Posener Land. Er studierte Rechtswissenschaften und war Justizkommissar in Berlin mit dem Titel eines Justizund Kommissionsrats. Neben Krutla besaß der die schlesischen Güter Aslau (Osla, Kr. Breslau) und Golgowitz (Golgowice, Kr. Glogau) und erwarb das Gut Dombrowka (Dabrówka, Kr. Posen West) als seinen Hauptwohnsitz hinzu.
Auch sein Bruder Gustav v. Tempelhoff († 1812) agierte in Südpreussen. Im königlichen Auftrag wandelte er seit 1792 die polnischen Starosteien in königliche Domänen um. Er selber fungierte als Generalpächter des Amtes Brest (Brzec Kujawski) mit Sitz im südlich der Stadt gelegenen Lubraniec.
Zur Pachtung gehörten 30 Dörfer und 15 Vorwerke.
Nach der Niederlage bei Jena und
Auerstedt kam Südpreussen unter französische
Herrschaft und Napoleon richtete das Vasallenherzogtum
Warschau ein. Die Güter des Amtes
Brest übertrug er einem seiner Marschälle. Gustav
v. Tempelhoff versuchte vergeblich in Brandenburg
neu anzufangen.
Erhalten blieb im Posenschen nur der Zweig der Familie in Dombrowka. Erstaunlich ist, daß Carl Eduard seinem 1804 in Glogau geborenen Sohn den Namen Friedrich August Napoleon (1804-1868) gab. Bei polnischen Familien findet man den Zusatznamen Napoleon im 19. Jahrhundert öfters, aber bei deutschen ist diese Namenswahl sehr selten. Dieser Sohn schlug die Justizlaufbahn ein und kehrte in die Berliner Heimat der Familie zurück, während seine beiden Brüder in der Provinz Posen lebten. Johann Friedrich Eduard Gotthard v. Tempelhoff war, ebenso wie sein jüngerer Bruder, in Obra geboren worden.
Eduard v. Tempelhoff (1807-1891) leistete ebenso wie sein Vater den preußischen Militärdienst. Während dieser aber als Leutnant ausschied, brachte Eduard es bis zum Hauptmann. Er betrieb die Landwirtschaft in Dombrowka erfolgreich und engagierte sich auch politisch. Er war Vorsitzender im landwirtschaftlichen Hauptverein für die Provinz Posen und war von 1867-76 Mitglied des Provinziallandtags.
1876 trat er für die Konservativen für das Preußische
Abgeordnetenhaus an, wurde jedoch nicht
gewählt.
Sein jüngerer Bruder Emil v. Tempelhoff (1808- 1888) erwarb das Gut Skorzewo (Skórzewo, Kr. Posen West), hatte aber mit seiner Frau Malwine Krappe (1809-1888) keine Erben.
Anders sah es bei Eduard und seiner Frau Luise v. Dziembowska (*1818) aus. Seine Frau stammte von dem Nachbargut von Krutla, aus Powodowo (später Lehfelde, Kr. Bomst). Ihr ältester Sohn Emil v. Tempelhoff (1840-1908) schlug eine Verwaltungslaufbahn ein und war Kreisrichter in Posen, dann 1876-87 Landrat des Kreises Posen, nach der Verwaltungsneuordnung von 1887 bis 1890 nur noch im Kreis Posen West. 1890 wechselte er als Verwaltungsgerichtsrat nach Posen, wo er 1892 zum Oberverwaltungsgerichtsrat ernannt wurde.Der mittlere Sohn Eduard v Tempelhoff (1847-1886) starb früh als Rittmeister der preußischen Armee.
Erbe des Gutes Dombrowka wurde der jüngste, Kurt v. Tempelhoff (1863-1935). Auch er studierte Jura in Heidelberg und machte dann eine landwirtschaftliche Ausbildung, zudem diente er im preußischen Militär bis zum Major d. R.
1891 übernahm er das Gut Dombrowka und
erwarb das Gut Schloß Meseritz (Zamek
Miêdzyrzecki, Kr. Meseritz). Auch er engagierte
sich politisch und war 1907 Mitglied des Provinziallandtags,
zudem stellvertretender Vorsitzender
des Bezirks- und Kreisausschusses, Mitglied der
Landwirtschaftskammer, Landschaftsrat, Mitglied
der Kreissynode und von 1912 bis 1918 gelang
ihm das, was dem Vater verwehrt war, er wurde
für die Konservativen zum Mitglied des Preußischen
Abgeordnetenhauses gewählt.
Im Jahr 1919 ereilte ihn dasselbe Schicksal wie
seinem Großonkel in der Ära Napoleon. Durch den
Großpolnischen Aufstand und den Versailler Vertrag
wurde sein Hauptsitz Dombrowka polnisch.
Er entschied sich für Deutschland und lebte seither
in Meseritz (Miêdzyrzecz).
Kurt war seit 1892 mit einer Verwandten seiner
Mutter, mit Amelie v. Dziembowska (*1869)
aus Powodowo, verheiratet, mit der er zwei Söhne
und zwei Töchter hatte.
Der gleichnamige Sohn Kurt v. Tempelhoff (1899-1980) war der letzte Gutsherr auf Schloß Meseritz. Auch er diente als Soldat, ebenso wie der Vater als Major d. R., womit er der Familientradition treu blieb.
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