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Das Reifezeugnis von Stephan von Dziembowski
Zögling des Gymnasiums zu Meseritz
Die Redaktion kann den Lesern wieder einmal eine wahre Antiquität
aus Meseritz präsentieren, genauer gesagt
ein 140 Jahre altes Schätzchen vom altehrwürdigen
Gymnasium Meseritz, das Heimatfreund
Christian-Conrad von Dziembowski zur Verfügung
gestellt hat und das wir als Zeugnis seiner Zeit
gern mit der damaligen Orthografie und Zeichensetzung
übernehmen.
Er schreibt dazu: „Durch Zufall erhielt ich von polnischen Freunden
die beiliegenden Unterlagen aus dem März
1882, die ich kopiert habe und Ihnen hier übersende,
da ich ein Interesse an den Unterlagen
seitens unserer Leser des Heimatgrußes vermute.
Die betreffende Person – ersichtlich aus den
Dokumenten - ist Stephan von Dziembowski, geboren 1862 und an den Folgen einer Kriegsverletzungen
1915 verstorben. Er war der letzte
Dziembowski‘sche Besitzer von Schloss Meseritz,
welches dann in den Besitz der von Tempelhoffs
überging“.
Auf diesem Wege sei ein herzliches Dankeschön
für das umsichtige Handeln an C. C. v.
Dziembowski in den Schwarzwald geschickt. A.F.v.Mollard
Zeugnis der Reife
für den Zögling des Gymnasiums zu Meseritz Stephan von Dziembowski,geboren zu Schloß Meseritz, 20 Jahre alt, evangelischer Konfession, Sohn des Königlichen Landraths a. D. Rittergutsbesitzers Herrn von Dziembowski auf Schloß Meseritz, 11 Jahr auf der hiesigen Anstalt, 3 Jahr in der Prima.
Sein Verhalten war während der ganzen Zeit befriedigend.
seines Schulbesuchs fast durchweg gut, innerhalb
wie außerhalb der Schule hielt er sich in
den Schranken eines gesetzlichen und gesitteten
Benehmens, nur im letzten Semester mußte
er einmal wegen eines Aktes unstatthafter
Selbsthilfe einem Mitschüler gegenüber bestraft
werden.
Fleiß und Aufmerksamkeit befriedigten im letzten
Schuljahr vollständig, während in den ersten
Semestern seines Besuches der Prima es
noch an der erforderlichen Gründlichkeit des
Arbeitens fehlte. Im letzten Jahr hat er sowohl
hinsichtlich der Sicherheit der Kenntnisse, als
auch hinsichtlich der Fähigkeit, seine...
(leider fehlt hier eine Seite, die Red.)
Hiernach verdienen seine Leistungen im Deutschen
das Prädikat: befriedigend, zum Theil gut.
Latein: Aufgrund einer genügenden Kenntniß
der Ciceronischen Sprache und einer ausreichenden
Fertigkeit in der Handhabung derselben
gelang es ihm mehr und mehr den Anforderungen
in formaler Beziehung zu entsprechen.
Sein Stil ist gefällig, elegant, korrekt, sobald er
mit Sorgfalt arbeitet, was zu thun er nicht immer
bestrebt gewesen ist; so zeigen auch die
Prüfungsarbeiten Flüchtigkeitsfehler, für die den
Verfasser die volle Verantwortung trifft.
Von diesen Mängeln sind seine mündlichen
Leistungen frei. Seine Vorträge waren klar, bestimmt,
sicher und zeigten eine erfreuliche Beherrschung
der Form und eine geschmackvolle Anwendung der ihm durch den Unterricht vermittelten
Kenntnisse. Dagegen bewiesen die freien
Arbeiten, daß es ihm an Ausdauer und Energie
fehlte, sich in einen Stoff zu vertiefen und ihm in
der Darstellung die durch konsequentes Nachdenken
zu gewinnende Ordnung und Harmonie zu
geben. Er hätte sich leicht ein reicheres fachliches
Wissen aneignen können. Bei der Lektüre bewies
er Interesse und Verständniß, besonders bei der
Behandlung der Gedichte des Horaz. Er übersetzt
sicher und gewandt. Auf diesem Gebiet sind seine
Leistungen durchaus gut zu nennen. Das
Ergebniß der schriftlichen Prüfung war befriedigend,
das der mündlichen gut. – Gesamtprädikat: befriedigend
[Die erste Zeile der Kopie fehlt. Die Red.]
…mentlich früher eine gewisse Flüchtigkeit in formaler
Beziehung, weshalb auch seinem Prüfungsskriptum
nur mit Bedenken das Prädikat befriedigend
ertheilt werden konnte; indessen ergab die
mündliche Prüfung ein ausreichendes Maß von
Kenntniß in der Grammatik und die Fähigkeit, nicht
besonders schwierige Stellen aus Homer und den
Prosaikern auch ohne Vorbereitung zu verstehen
und fließend zu übersetzen. Befriedigend.
Französisch: Er besitzt im Ganzen befriedigende
grammatische Kenntnisse und übersetzt gewandt
ins Deutsche. Im mündlichen Gebrauch der französischen
Sprache hat er einen angemessenen
Anfang gemacht, seine Aussprache ist wohllautend.
Die Prüfungsarbeit befriedigte. Befriedigend.
Geschichte: Seine Kenntnisse sind in der griechischen
und vaterländischen Geschichte ziemlich
umfangreich, sein Gesamtwissen befriedigend.
Auch in der Geografie befriedigen seine Kenntnisse.
Mathematik: In den Rechnungen des bürgerlichen
Lebens, in den Rechnungen mit Potenzen, im Ausziehen
der Quadrat- und Kubikwurzel, so wie im
Gebrauch der Logarithmentafeln entspricht er den
Anforderungen der Prüfungsordnung. In der Lehre
von den Gleichungen des ersten, zweiten und
dritten Grades, in der Lehre von den Progressionen
und deren Anwendung auf die Zinseszinsen und
Rentenrechnung sind seine Kenntnisse befriedigend,
zum Theil gut. Auch ist ihm der binomische
Lehrsatz bekannt. In der Planimetrie, in
der ebenen Trigonometrie und in der Stereometrie
sind seine Kenntnisse befriedigend, zum Theil
gut. Die schriftliche Prüfungsarbeit war vollkommen
befriedigend. Es wird ihm hiernach in der Mathematik
das Prädikat vollkommen befriedigend
ertheilt.
In der Physik und in der mathematischen Geographie
besitzt er befriedigende Kenntnisse.
Am Gesang- und am Turnunterricht hat er regelmäßig
theilgenommen; er ist stets eifrig bemüht
gewesen, die Ziele dieser Unterrichtsgegenstände
zu erreichen. Im Gesange ist ihm dies gut gelungen; im Turnen leistet er Vorzügliches.
Die unterzeichnete Prüfungskommission hat ihm
demnach, da er jetzt die Anstalt verläßt, um sich
dem Studium der Rechtswissenschaft zu widmen,
einstimmig das Zeugnis
der Reife
zuerkannt; sie entläßt ihn mit der zuversichtlichen
Erwartung, daß er das von ihm gewählte Studium
mit wissenschaftlichem Sinn betreiben und seine
religiös-sittliche Fortbildung zu fördern jederzeit
gewissenhaft bemüht sein werde.
Meseritz, den 22. März 1882
Die Königliche Prüfungs-Kommission
Polte, Königlicher Kommissarius
R. Warg, Gymnasialdirektor
Prof. Hase….?, Oberlehrer
Dr. J. A. Schaefer, Oberlehrer,
Dr. W. Gebhard, Oberlehrer
Dr. Jung, Oberlehrer
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