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Die Grafen Kwilecki Text und Bildmaterial von Dr. Martin Sprungala
Ursprünge
Die polnische Adelsfamilie Kwilecki gehört
der großen Adelssippe (Wappengemeinschaft)
der Szreniawa (auch
Srzeniawita, Srzeniawa, Srzeniewta,
Sreniawa geschrieben) an. Erstmals wird
diese Familie im Jahr 1371 urkundlich mit
ihrem Siegel durch Jan Kmiziz, dem Wojewoden
von Ruthenien (Rus), erwähnt.
Der Zweig der Kwilecki hat seinen
Stammsitz in Kwitsch (Kwilcz) im späteren
Kreis Birnbaum (Miêdzychód) gehabt, wo
erstmals 1383 ein Michal Kwilecki urkundlich
genannt wird.
Als Wappen trägt die Familie das der
Szreniawa: ein silberner, gekrümmter Fluß
auf rotem Grund mit einem Kreuz an der
oberen Flußbiegung.
Unter dem Gutsherrn von Kwiltsch und
Dobrojewo (Dobrojewo, Kr. Samter) und
Kastellan von Lond (Lad, bei Kalisch),
Lukasz Kwilecki h. Szreniawa (1680-1745),
teilt sich die Familie. Seine Söhne waren Jan
Józef Kwilecki h. Szreniawa († 1790), Kastellan
in Rogasen (Rogozno, Kr. Obornik)
und Meseritz (Miêdzyrzecz), zudem Mundschenk
(czesnik) von Fraustadt (Wschowa);
Adam Klemens Kwilecki h. Szreniawa (1734-
1824), Gutsherr in Scharfenort (Ostroróg, Kr.
Samter), Ober Zedlitz (Siedlnica Górny, Kr. Fraustadt)
und Erbe von Dobrojewo, er bekleidete
1782-93 das Amt des (letzten) Kastellans von
Priment und des Starosten von Peisern
(Pyzdry); Konstanty Kwilecki h. Szreniawa, der
Starost von Mosin und Franciszek Antoni
Kwilecki h. Szreniawa (1728-1805), Gutsherr
in Wroblewo (Wróblewo, Kr. Samter) und 1758-
88 Starost von Fraustadt (Wschowa) und Kastellan
von Kalisch (Kalisz).
Die Grafen Kwilecki
Die Erhebung in den preußischen Grafenstand
erfolgte in Berlin am 17.1.1816 für den vormaligen
Kastellan von Priment, Adam Klemens
Kwilecki sowie seinen Schwiegersohn und Erben
Klemens Alojzy Kwilcki h. Szreniawa (1772-
1826), den Erben des Stammgutes der Familie.
Weiterhin wurde der preußische Grafentitel an
dessen Bruder Jan Nepomucen Kwilecki h.
Szreniawa sowie nachträglich am 22.10.1816
seinem Schwager Antoni Maciej auf Gut
Wroblewo verliehen. Jan Nepomucen war mit
seiner Kusine Maria Kwilecka verheiratet. Von
ihnen leitet sich das Majorat Kobylnik ab.
Das Majorat Wroblewo
Franciszek Antoni Kwilecki gründete einen
neuen Zweig der Familie mit Stammsitz in
Wroblewo. Anders als in früheren Jahrhunderten
bildete sich durch diesen Stammsitz jedoch
kein neuer Familienname. Alle Kwilecki waren
Katholiken und dementsprechend mit polnischen
Adeligen verheiratet, dennoch gab es
immer enge Kontakte zu den Deutschen. Der
Zweig in Wroblewo hatte Titularämter im deutsch
geprägten Fraustädter Land inne.
Franciszek Antoni war in der polnischen Politik
tätig und war Kastellan von Kalisch (Kalisz).
1771 bis 1776 war er polnischer Gesandter in
Berlin. Er zählte zu den Befürwortern der Verfassung
vom 3.5.1791.
Auf Franciszek Antoni folgte sein Sohn
Antoni Maciej Kwilecki h. Szreniawa (1734-
1814) als Gutsherr in Wroblewo als auch 1789-94 als Starost von Fraustadt (Wschowa).
Zudem trug er den Titel eines königlich polnischen
Kammerherrn (Szambelan Królewski).
Im Jahr 1816 wurde die Familie in den preußischen
Grafenstand erhoben, so auch
Antonis Sohn Józef hr. Kwilcki h. Szreniawa
(1791-1860). In diesem Zusammenhang wurde
aus der Gutsherrschaft Wroblewo ein Majorat
gebildet und der Grafentitel an dieses gekoppelt.
Sein Grafenstand wurde durch die russische
Regierung am 2.6.1842 anerkannt. Er
diente später als Hauptmann im polnischen
Militär in Kongreßpolen und verstarb in Warschau.
Das Majorat Wroblewo ging später an
die Familie Wawroñski über.
Das Majorat Kobylnik
Der im Jahr 1816 in den preußischen Grafenstand
erhobene Jan Nepomucen hr.
Kwilecki h. Szreniawa (*ca. 1780) wandelte
seinen 1806 erworbenen Besitz in Kobylnik
(Kobylniki, Kr. Kosten, Posen) und Serock
(heute Stadt, in Masowien) mit der Adelserhöhung
in ein Majorat um, und der Grafentitel
war seither daran gebunden. Verheiratet
war er mit seiner Kusine aus dem Zweig
Wroblewo, mit Marianna Kwilecka h.
Szreniawa (1768-1838).
Ihr gemeinsamer einziger Sohn Walerian
Ambrozy Graf v. Kwilecki (Kobylnicki, Kr.
Kosten, Posen) erbte Kobelnik mit den Gütern
Groß Srocko (Srocko Wielkie, Kr. Kosten)
und Psarskie (Psarki, Kr. Samter) mit den Vorwerken
Koninko, Karmin und Bielawy (später
Neuwalden). Er war politisch aktiv und wurde
für die Polenpartei für die Legislaturperiode
1852-55 in das Preußische Abgeordnetenhaus
gewählt. Sein Nachfolger als Majoratsherr
war sein Sohn Franciszek Graf Kwilecki (1835-1899), der unverheiratet starb. Nach ihm
fiel das Gut an den Majoratsherrn von Kwiltsch
(bis 1939) zurück.
Das Majorat Kwiltsch
Seit dem 14. Jahrhundert bis 1939 waren die
Kwilecki Eigentümer von Kwiltsch. Mit
Klemens Alojzy Graf Kwilecki (1772-1826)
wurde der Grundherr in den Grafenstand erhoben
und Kwiltsch zum Majorat. Zudem besaß
er die Güter Dobrojewo und Ober Zedlitz,
die aus dem Erbe seiner Frau und Kusine
Aniela Kwilecka h. Szreniawa (*1770) stammte.
Seine beiden ältesten Söhne erbten seinen
Gutsbesitz: Hektor Graf Kwilecki (1801-
1842) bekam Ober-Zedlitz und Dobrojewo,
Arsen Graf Kwilecki (1805-1883) Kwiltsch
(Kwilcz, Kr. Birnbaum), Grzeszkowo,
Kurnatowice, Lutomek mit Vorwerk Susnia,
Groß Gay (Gaj Wielki, Kr. Samter) und
Orzeszkowo (Orzeszkowo, Kr. Birnbaum). Er
diente in Kongreßpolen als polnischer Offizier.
Im Jahr 1828 ließ er nach Plänen des preußischen
Staatsbaumeisters Karl Friedrich
Schinkel das Gutshaus in Kwiltsch erbauen.
Da seine Ehe mit der Gräfin Paulina
Poniñska (1815-1881) kinderlos blieb, beerbte
ihn sein Neffe Mieczyslaw Napoleon Graf
Kwilecki (1833-1918), der Sohn des Hektor
Graf Kwilecki und der Isabella v. Tauffkirchen.
Mieczyslaw diente von 1851 bis 1855 in der
preußischen Armee und zog sich dann auf sein Gut Oporowo in den Kreis Samter zurück.
Zu seinen weiteren Besitzungen gehörten
Bobulczyn, Klutschewo (Kluczewo, Kr.
Samter) und Ober Zedlitz im Kreis Fraustadt.
Seit 1864 wurde er in der Nationalbewegung
aktiv und deswegen mehrfach angeklagt. Er
unterstützte diverse polnische Vereinigungen
und war 1872 Mitgründer der Posener Landbank.
Von 1867 bis 1871 vertrat er den Wahlkreis
Posen 7 (Schrimm – Schroda) für die Polenpartei.
Seit 1867 war er auch Mitglied im Preußischen
Herrenhaus, ebenso im Posener
Provinziallandtag, dessen Vizemarschall er
zeitweise war. Trotz seiner eindeutig propolnischen
Haltung erhielt er durch den
Reichskanzler den Kronenorden II. Klasse
verliehen und wurde 1895 sogar als Sachverständiger
zum Staatsrat hinzugezogen. Mit seiner Frau Maria Mañkowska h.
Zaremba (1837-1924) hatte er drei Söhne, von
denen der mittlere früh starb. Der älteste,
Hektor Graf Kwilecki (1859-1912), erbte den
Familienstammsitz, das Majorat Kwiltsch.
Auch er bewarb sich für die Polenpartei um
einen Sitz im Deutschen Reichstag und wurde
in der Legislaturperiode 1887 bis 1903 für
den Wahlkreis Posen 2 (Samter – Birnbaum)
gewählt. Sein Bruder Kazimierz Graf Kwilecki
(1863-1935) wurde Rittergutsbesitzer auf Gut
Grodziec im Kreis Konin in Kongreßpolen.
Nach Hektors frühem Tod erbte sein einziger
Sohn Dobieslaw Lukasz Graf Kwilecki (1888-1942) letzter Besitzer von Kwiltsch. Er
galt als einer der größten Landbesitzer Großpolens
in der 2. Polnischen Republik und vereinigte
alle ehemaligen Güter der Familie auf
sich: Kobylnik, Lutomek (Kr. Birnbaum),
Oporowo (seit 1774 im Familienbesitz),
Orzeschkowo (Orzeszkowo Kr. Birnbaum) und
natürlich Kwiltsch. Auf seinen Gütern wurden
Rinder, Schweine, Pferde und Jagdhunde für
das Militär gezüchtet.
Im Jahr 1939 wurde Dobieslaw vom sowjetischen
NKWD verhaftet und verschleppt. Er
starb am 4.1.1941 in Kasachstan. Der Gutsbesitz
wurde 1939 von den Nationalsozialisten
eingezogen und nach 1945 auch nicht zurückgegeben.
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