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Meseritz Garnisonsstadt seit 1938,
bis 1945 Standort des GrenzInfanterieregiments 122
Ein Materialiensammlung von Joachim Schmidt - Abbildungen: Archiv HGr
Seit längerer Zeit erhalten wir von Heimatfreunden, von
ehemaligen Soldaten, die in Meseritz oder im Regenwurmlager
ausgebildet wurden und lebten, und auch von
deutschen und polnischen Historikern Anfragen zu den
Meseritzer Kasernen zum deutschen Militär in
Meseritz:
Seit wann gibt es in Meseritz Kasernen?
Welche Waffengattung befand sich in den Kasernen?
Was ist aus den Soldaten und den Kasernen geworden?
Zu den Meseritzer Kasernen
und zum Meseritzer Militär mit seiner Standortverwaltung
und der Anbindung des Regenwurmlagers wissen wir
Heimatgrußschreiber sehr wenig und konnten bisher die
uns gestellten Fragen gar nicht oder nur unbefriedigend
beantworten. Woran liegt das?
Es fehlen uns Quellen, die uns Auskunft geben
über Planung, Gestaltung und Zielsetzung bzw. strategische
Bedeutung der Meseritzer Kasernen auch
darüber, wie weit das örtliche Handwerk am Bau der
Kasernen beteiligt war und welchen wirtschaftlichen und
politischen Gewinn sie der Stadt brachten.
Seit die Bundeswehr Kasernen aufgibt, wissen
wir etwas von der wirtschaftlichen Bedeutung von Kasernen
für die betroffenen Gemeinden. In den Heimatgrüssen finden sich bisher außer einigen Fotos keine Informationen zu den Meseritzer Kasernen.
In dem uns zur Verfügung stehenden Archivmaterial:
- Berichte über die Verwaltung und den Stand der Gemeindeangelegenheiten der Stadtgemeinde Meseritz bis März 1929
- Bürgermeister Hart, Meseritz 1930
- Paul Becker, Geschichte der Stadt Meseritz 1930
- Grenzmärkische Heimatblätter (Heft 1) 1934
- Heimatkalender für den Kreis Meseritz bis 1936
- Der Volkszählungsbericht: Eigentümer, Wohnstätten und Betriebe von 1938
finden sich auch keine Informationen zu den Meseritzer
Kasernen.
Ganz anders ist es in unserer Nachbarstadt Schwerin: Seit 1867 bemühte sich die Stadt, Garnisonsstadt zu werden. Offen belegt sind in den städtischen Urkunden bis zur Realisierung 1937 11 Petitionen an zuständige Ministerien. Im Dezember 1937 machte man den 1. Spatenstich und im Dezember 1938 zog unter großer Beteiligung der städtischen Bevölkerung das Grenz-Infanterieregiment 123 in die neuen Kasernen ein. Damit wurde Schwerin zur Garnisonsstadt unter der Grenzkommandantur der 50. Infanterie-Division in Küstrin.
Eine eindeutige Erklärung für das Meseritzer Informationsdefizit in dieser Sache ließ sich bisher nicht finden. Man kann annehmen, daß Geheimhaltungsvorschriften für militärische Objekte, die es schon vor Beginn des Krieges gab, die Ursache sind. Die Weitergabe von Geheimnissen galt als Verrat und wurde in letzter Konsequenz mit dem Tode bestraft. Das erzeugte bei der Bevölkerung in den grenznahen Kreisen zu Polen Unsicherheit und Angst, zumal Fälle von Hinrichtungen wegen Verrat bekannt wurden. Dem allerdings widerspricht die offene Meseritzer Kasernenanlage, ihre unmittelbare Nähe zur Stadt, nicht zu übersehen und durch Maschendrahtumzäunung nach allen Seiten hin einsichtig.
Zum Meseritzer Straßenbild gehörten Soldaten und an besonderen Feiertagen waren häufig Einheiten der Infanterie als Ehrenformation auf dem Marktplatz präsent. Nach dem Krieg scheinen psychologische Momente für ein fehlendes Interesse der Heimatfreunde an den militärischen Anlagen im Kreis Meseritz ausschlaggebend zu sein. Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches mit den Verbrechen nationalsozialistischer Organisationen, die erlebte Flucht und Vertreibung mit dem Verlust der Heimat wirkten traumatisierend, so daß auch die Redaktion Heimatgruß alles deutsche Militärische ausklammerte man wagte nicht mehr, sich mit dem eigenen Militär zu beschäftigen.
Der Ostwall Vorgeschichte
Nach dem Vertrag von Versailles 1919 liegt Berlin nicht mehr im geschützten Mittelraum Deutschlands. Die polnische Grenze ist östlich nur noch 160 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Eine Situation, die Politiker, Militärs und die Bevölkerung der Weimarer Republik in den östlichen Gebieten verunsicherte.
Grenzkämpfe, an denen sich Deutsche und Polen
(auch die grenznahe Zivilbevölkerung) beteiligten und
die drohenden politischen Reden des Staatschefs und
Oberbefehlshabers der polnischen Armee, Józef
Pilsudskis, verschärften die Situation ebenso wie rechte
radikale Gruppen in der Weimarer Republik, die eine
Korrektur der deutschen Grenzen im Osten wie im Westen
mit Gewalt herbeiführen wollten.
Die nahe polnische Armee, die weiter nach Westen
drängte, und die französische Armee, die ihre besetzten
Gebiete an Rhein und Ruhr nicht mehr aufgeben
wollte, wurden als bedrohlich empfunden. In dieser
Zeit entstand neben dem Plan einer Rheinverteidigung
(später Westwall) der Plan einer Befestigung des Gebietes
östlich der Oder (später Ostwall), das über Jahrhunderte
militärisch von geringer Bedeutung war.
Mit einem mehr oder weniger spontan organisierten
Grenzschutz versuchte man zunächst entlang der
neuen Ostgrenze das polnische Vordringen aufzuhalten.
Der Grenzschutz im Kreis Meseritz stand unter der
Führung von General Hoffmann, der mit seinem Stab
im Gebäude der Meseritzer Mittelschule in der
Bismarckstraße saß. Die nebenan 1914 in der gleichen
Straße neu gebaute große Volksschule wurde im Verlauf
des 1. Weltkrieges 1914-1918 vom Militär, danach noch bis zur Auflösung des Grenzschutzes als Kaserne
und zeitweilig als Lazarett benutzt.
Die Deutsche Reichswehr der Weimarer Republik, eine
100.000 Mann starke Berufsarmee mit 15.000 Marinesoldaten,
war nach den Bedingungen des Vertrages von
Versailles nur mit leichten Waffen ausgerüstet.
Sie sah sich in einem Kriegsfall nicht in der Lage
Deutschland zu verteidigen und damit war vom Osten
her die Reichshauptstadt Berlin aufs Äußerste bedroht.
Der Versuch, östlich der Oder zum Schutz alte
Festungsanlagen (z. B.: Küstriner Kasematten) auszubauen,
wurde entdeckt und unter Heranziehung des Vertrages
von Versailles im Pariser Abkommen vom
31.1.1927 nicht erlaubt. Die schon errichteten Mauerwerke
mußten geschleift werden. Der Gedanke jedoch,
sich im Gebiet östlich der Oder durch Befestigungsanlagen
zu schützen, blieb erhalten. Zu ihm gehörte für
den Mittelabschnitt u.a. die Planung von Kasernen für
grenznahe Infanterie in Meseritz.
Die Realisierung des West- und des Ostwalls mit
ihren gewaltigen Bunkeranlagen erfolgte dann erst unter
dem Nationalsozialismus im Dritten Reich (in den
30er Jahren) auf Betreiben Hitlers. Im Krieg kam der 2
700 km lange Atlantikwall noch hinzu.
Der Bau der Meseritzer Kasernen Einzug des Grenz-Infanterieregiments 122
Mit einem Planungsvorlauf von wahrscheinlich 2 Jahren müsste 1936/37 der Kasernenbau in Meseritz begonnen worden sein. Die Meseritzer Kasernen wurden höchstwahrscheinlich 1938 fertiggestellt und im gleichen Jahr vom Militär bezogen. Sie lagen mit dem Haupttor, der Wache und der Heeresstandortverwaltung Meseritz an der Alten Schwiebuser Heerstraße der Fortsetzung der Wilhelmstraße. Die Größe der Anlage ist auf der Topographischen Karte 1:25 000 von 1944, 3559 Meseritz, gut erkennbar. Wieweit die Stadt Meseritz bzw. örtliche Gewerke am Bau dieser Anlage beteiligt waren, konnte bisher nicht festgestellt werden. Meseritz nahm den „Titel“ Garnisonsstadt als eine Aufwertung sicher gern entgegen und freute sich über mehr Sicherheit im Grenzgebiet zu Polen. Dem Handwerk, der Gastronomie und dem Kleingewerbe der Stadt brachten die Kasernen sicher einen wirtschaftlichen Aufschwung (J. S.).
Zeitzeugen berichten über den Einzug des Inf.-Regimentes 122
Aribert Heinrich
Wir wohnten im Dorf Nipter bei
Meseritz. Mein Vater arbeitete als
Beamter in der Heeresstandortverwaltung
Meseritz, die in der großen
Wachkaserne am Haupteingang
der Meseritzer Kasernen ihren
Sitz hatte.
Eines Tages erzählte mein
Vater, ich war damals 12 Jahre alt,
daß die Kasernen nun fertig seien
und daß demnächst das Infanterieregiment
122 einen feierlichen Einzug
halten werde. Ein Volksfest sollte
aus diesem Anlaß stattfinden.
Wenn ich wolle, dürfte ich an dem
großen Fest teilnehmen. Natürlich
wollte ich das.
Ich erinnere mich noch, es
muß an einem Wochenende gewesen
sein, als ich mich bei herrlichstem
Sonnenwetter zum Einzug der
Soldaten ins 6 km entfernte Meseritz
auf den Weg machte. Als ich in
die Nähe unseres Bahnhofs kam,
der auch von den Soldaten des
Regenwurmlager benutzt wurde,
sah ich erstaunt eine riesige Formation von Soldaten, die in Richtung Meseritz marschierten.
Ich marschierte begeistert mit. Am Ortseingang zu
Stadt begann das Musikkorps zu spielen und so ging es
durch die Straßen.
Überall standen zur Begrüssung Menschen auf
den Bürgersteigen und an den Häusern wehten zu dem
großen Ereignis Fahnen. Ich war von allem so beeindruckt
und aufgeregt, daß ich nicht mehr weiß, ob am
Markt zur Begrüssung Halt gemacht wurde.
Mit klingendem Spiel marschierten wir über die
Wilhelmstr., die Alte Schwiebuser Heerstr. bis zur großen
Wachkaserne mit dem Uhrenturm, durch das Haupttor
hindurch auf den Kasernenhof, wo uns schon viele
Menschen erwarteten.
Das Regiment, angeführt von Reitern, danach ein
großes Musikkorps mit Tambourmajor, Schellenbaum,
Fahnenträgern und vielen Soldaten stellte sich auf dem
Kasernenhof in einem weiten Rechteck auf. Es wurden
viele Reden gehalten und zwischendurch spielte immer
wieder das Musikkorps.
Danach gab es für alle Anwesenden Erbseneintopf.
Für eine anschließende Besichtigung standen Kasernen,
Garagen und Stallungen offen und man durfte
verschiedenes militärisches Gerät aus der Nähe betrachten.
Für mich war alles sehr interessant und aufregend.
Von Krieg war nirgendwo die Rede. Durch die Stellung
meines Vaters durfte ich noch öfter auf das Kasernengelände
und sogar mit in das Regenwurmlager fahren,
das von der Heeresstandortverwaltung Meseritz mitverwaltet
wurde. Als das Meseritzer Infanterieregiment 122 1939 in den Krieg zog, wurden die Kasernen von Infanterie-Reservetruppen, u.a. auch von ausländischen Freiwilligen, z. B. einem Bataillon Wallonen, belegt und bis 1945 zur weiteren Rekrutenausbildung genutzt.
Franz Roge
Meine Familie besaß etwas außerhalb unseres Dorfes
Schierzig schon seit mehreren Generationen einen großen
Bauernhof. Unsere Pferde waren immer der Stolz
meines Vater. Eines Tages im Sommer 1938, ich war
gerade 10 Jahre alt geworden und konnte schon gut
Radfahren, erschien auf unserem Hof ein Mann, wie sich
herausstellte, ein Pferdetaxator, ein gewisser Zillmann
aus Kainscht. Er habe den Auftrag, sagte er, für die neu in Meseritz eingerichtete Infanterie Pferde zu kaufen. Es müssten Pferde sein, die gesund, noch jung aber schon geschirrgängig und evtl. auch zu reiten wären. Mein Vater kam mit Herrn Zillmann ins Geschäft und verkaufte zu einem guten Preis 2 unserer Pferde an die Infanterie ein Geschäft, das später noch mehrfach wiederholt wurde. Damit entstand zur Meseritzer Infanterie ein Kontakt, der dazu führte, daß unsere Familie zum Einweihungsfest der Meseritzer Kasernen eingeladen wurde. Es war, wenn ich mich recht erinnere im Sommer, an einem sonnigen Sonntag, wo sich mein Vater morgens mit dem Fahrrad auf die 14 km lange Strecke nach Meseritz zum Einweihungsfest der Kasernen auf den Weg machte. Für mich war es ein besonderer Tag, denn ich durfte das erste Mal mit meinem Fahrrad den weiten Weg mitfahren.
In Meseritz angekommen besuchten wir zuerst
unsere Verwandten in der Schwiebuser Straße, Familie
Franz Wolff, die dort die Gaststätte „Zur Erholung“ bewirtschafteten.
Das war ein großer Betrieb mit Tanzsaal
und Biergarten mit Pavillon. Wir ließen unsere Fahrräder
bei unseren Verwandten und gingen den kurzen Weg
hinüber zu den Kasernen, zum Fest der Infanterie. Unsere
Einladung galt als Passierschein und wir durften
vom Haupteingang her das stark besuchte Kasernengelände
betreten.
Ein Blasorchester des Militärs spielte Marschmusik.
Es wurden Reden gehalten und ich war von der großen
Zahl der angetretenen Soldaten beeindruckt. Zu
Mittag gab es kostenlos Erbsensuppe aus der Gulaschkanone.
Man konnte danach verschiedene Einrichtungen
der Kasernenanlage besichtigen. Ob wir unsere
dorthin verkauften Pferde gesehen haben, weiß ich nicht
mehr. Für uns Kinder gab es viele Möglichkeiten zum
Spielen oder zum Mitfahren auf militärischen Fahrzeugen.
Das Fest ging bis in den späten Nachmittag.
Ich war begeistert und freute mich immer noch,
daß mich mein Vater mitgenommen hatte. Später einmal
erzählte er mir, daß die Gaststätte unserer Verwandten
hauptsächlich von Soldaten besucht wurde und ein gutes
Geschäft war.
Paul Spiller
Das Grenz-Infanterieregiment 122 in Meseritz gehörte zur 50. Infanteriedivision mit der Grenzkommandantur Küstrin
Die 50. Infanteriedivision war die letzte Division der 1.
Aufstellungswelle des Deutschen Heeres. Sie gehörte
noch zu den Friedensdivisionen.
Das Deutsche Heer bildete im Frieden je eine
Grenzkommandantur an der West- und Ostgrenze des
Reiches. Diese Kommandanturen hatten die Aufgabe,
mit den Grenz-Infanterieregimentern, ihren Artillerie-Abteilungen
und Maschinengewehr-Bataillonen, die Grenze
zu bewachen und im Ernstfall zu verteidigen.
Im Osten des Deutschen Reiches war die Grenzkommandantur Küstrin verantwortlich
Ihr unterstanden im August 1939 der Stab in Küstrin:
- das Inf.-Regiment 121 in Crossen mit dem Tiborlager;
- das Inf.-Regiment 122 in Meseritz mit dem Regenwurmlager;
- das Inf.-Regiment 123 in Schwerin mit dem Truppenübungsplatz Wandern;
- das Artillerie-Regiment 101 in Crossen mit dem Truppenübungsplatz Jüterbog;
- das Pionier-Bataillon 71 in Schwiebus mit dem Tiborlager;
die Nachrichten-Abteilung in Frankfurt/ Oder und die Nachschubtruppen 354.
Die Nachschubtruppen bestanden aus kleinen Kraftwagenkolonnen: u.a.Verpflegung, Feldlazarett, Feldgendarmerie und Feldpost.
Die Ausrüstung des Grenz-Infanterieregiments 122 in Meseritz
Kommandeur des Meseritzer Grenz-Inf.-Regiments 122
war Generalmajor Günther Meinhold, der am Ende
des Krieges wegen Befehlsverweigerung gegen Hitler
zum Tode verurteil wurde, mit Hilfe von Freunden aberdavor
bewahrt werden konnte. (HGr 55, S.7)
Das Regiment bestand 1938 aus ca. 1000 Infanteristen,
auch Grenadiere genannt, unterteilt in 4 Bataillone
mit leichter und schwerer Infanteriebewaffnung. Die Zahl
der Kompanien war in den einzelnen Bataillonen abhängig
von der Bewaffnung.
Das 1. bis 3. Bataillon war mit leichten Infanteriewaffen
ausgerüstet und das 4. Bataillon mit schweren
Infanteriewaffen: Maschinengewehren, Granatwerfern
und Infanteriegeschützen (leichte Pak) und gepanzerten
Spähfahrzeugen.
Als Transportmittel für Soldaten und Versorgungsgüter
diente eine kleine Zahl leichter LKWs der Marke
Opel Blitz. Für umfangreichere Transporte von Soldaten
und Material stand eine größere Zahl von Pferden zur
Verfügung, die auch für einen Zug (Gruppe) berittener
Infanterie gehalten wurden. Dazu verfügte die Kasernenanlage
über ausreichende Ställe und Garagen.
Die 50. Infanteriedivision mit dem Grenz-Infanterieregiment 122 Meseritz während des Krieges
Die 50. Infanteriedivision ihr Stab lag in Küstrin stellte sich mit dem Meseritzer Regiment 122 für den Polenfeldzug im Raum Deutsch-Krone zum Angriff bereit. Nach erfolgtem Grenzdurchbruch wurde sie weitergeführt über Bromberg, zwischen Thorn und Hohensalza bis nördlich von Kutno, wo sie schweren Kämpfen mit Verlusten ausgesetzt war.
Nach dem Polenfeldzug kehrten die Regimenter
in ihre urspründlichen Standorte zurück und wurden
umgegliedert und vergrößert. Danach unterstellte man
die 50. Infanteriedivision mit ihren Regimentern dem
Oberkommando des Heeres und brachte sie als Reserve
in den Raum Ludwigsburg/Württemberg.
Ab Mai 1940 unterstand die 50. Division der 9.
Armee und nahm am 2. Teil des Westfeldzuges in Frankreich
teil. Nach dem Westfeldzug wurde sie mit dem
Meseritzer Regiment wieder in ihre alten Standorte zurückverlegt.
Vom September 1940 an unterstellte man die Division
erst der 4., danach der 12. Armee. Im Verlauf des
Herbstes wurden dann die Regimenter mit neuer Artillerie
und panzerbrechenden Waffen ausgerüstet und im
Januar 1941 von den Standorten Schwerin, Meseritz
usw. auf den Balkan verlegt. Getarnt als Lehrtruppe rückten
die Regimenter nach Bulgarien vor, um am linken
Flügel der 12. Armee im April in den Balkanfeldzug einzugreifen.
Nach dem Waffenstillstand in Jugoslawien wurde
die 50. Division mit dem Meseritzer Regiment 122 im
Juni 1941 der 11. Armee unterstellt, die sich in Rumänien
zum Angriff gegen die Sowjetunion der Heeresgruppe
Süd anschloß.
Im folgenden Kriegsverlauf unter dem Oberkommando
der 11. Armee bewegten sich die Regimenter
der 50. Division im Raum Odessa, entlang des Schwarzen
Meeres bis zur Krim und Sewastopol.
Dort blieb die 50. Division mit dem Meseritzer
Regiment 122 unter hohen Verlusten im Abwehrfeuer
der sowjetischen Truppen stecken.
Beim Angriff zur Wiedereroberung der im Winter
verlorengegangenen Insel Kertsch stand die 50. Division
im südlichen Teil des Kampfgeschehens. Nach kurzer
Zeit zog man sie dort ab, um sie für die Erstürmung
der Festung Sewastopol bereitzustellen.
Der am 7. Juni 1942 begonnene Angriff auf die
Festungsanlagen führte unter schweren Verlusten in den
Regimentern noch zur Eroberung der Stadt. Bis November
1942, wo sie der 1. Panzerarmee im Kaukasus zugeführt
wurde, blieb die Division mit ihren Regimentern
für eine Kampfpause als Besatzungstruppe im Raum
Sewastopol.
Als im Januar 1943 der Kaukasus geräumt werden
mußte, zog sich die Division unter schweren Kämpfen
aus den inzwischen östlich dazugewonnen Gebieten
wieder nach Sewastopol und zur Krim zurück. Sie
stand nun mit dem Rücken zum Schwarzen Meer und
fand hier ihr Ende.
Die wenigen Soldaten der 50. Division Offiziere waren
nicht darunter , die in der Nacht zum 11. Mai
1944 von der letzten Fähre der Kriegsmarine ans Westufer
des Schwarzen Meeres gebracht wurden, erhielten
den Befehl zur Verladung in die Heimat.
Das Oberkommando des Heeres stellte am 3. Juni
1944 im Raum Perleberg aus den Resten der einst 50.
Infanteriedivision (Küstrin) und aus Neuzuführungen von
Ersatz- und Reserveeinheiten des Wehrkreises III
(Berlin) eine neue 50. Infanteriedivision in der alten Gliederung
auf u.a. mit Infanterieregimentern 121, 122, 123,
mit je zwei Bataillonen.
Die neue 50. Division wurde bereits im Juli 1944
nach Ostpreußen transportiert und dort der 4. Armee
unterstellt. Im Abschnitt Gumbinnen mußte sie sich ab
Januar 1945 dem Rückzug der 4. Armee anschließen.
Mitte März kämpfte sie südlich von Königsberg
und wurde mit der 4. Armee im Heiligenbeiler Kessel
eingeschlossen. Nur vereinzelte kleine Kampfgruppen
der Division erreichten im April 1945 noch die Frische
Nehrung und mußten sich Ende April bei Neutief ergeben.
Reste kamen dabei zur Panzer-Grenadier-Division
„Großdeutschland“ und erreichten mit Schiffen
Schleswig-Holstein. In Kiel gaben sie nach der Kapitulation
ihre Waffen ab.
Die Meseritzer Kasernen wurden nach dem Verlassen
der letzten deutschen Soldaten im Januar 1945
zunächst von russischen Soldaten besetzt. Ab November
1945 übernahm das polnische Militär die Kasernen,
die es bis heute noch nutzt. Zur Zeit befindet sich in den Kasernen eine Eliteeinheit, die ein NATO-Kontingent für Afghanistan stellt. Das russische Militär bezog im Januar 1945 das Regenwurmlager, das es erst nach der politischen Wende 1991 wieder verließ. In der waldgeschützten Anlage fühlten sich die Russen wahrscheinlich sicherer.
Joachim Schmidt
Der gespannte, schußbereite Bogen mit dem Pfeil war das Wappen der 50. Infanterie-Division mit ihrem Generalstab und der Grenzkommandantur Küstrin, zu der das Grenz-Infanterieregiment 122 in Meseritz gehörte.
Zur Baugeschichte der Meseritzer Kasernen, zu der wir über keine Quellen verfügen, teilt uns freundlicherweise Alexander Kirscht, Offenburg / Meseritz mit, daß der Meseritzer Maurermeister Paul Nuske, Baugesellschaft, Obrawalder Str. 10, neben anderen Meseritzer Handwerksbetrieben mit Maurer- und Zimmererarbeiten am Bau der Kasernen beteiligt war.
Das Grenz-Infanterieregiment 122 verfügte über ein eigenes Musikkorps, das von Obermusikmeister Kuch geleitet wurde. Es spielte zu vielen Gelegenheiten in Meseritz auch auf dem Marktplatz.
Hans Siegfried Werner
Soldat in Meseritz
Als Meseritz Garnisonsstadt wurde, zog die
Wehrmachtstruppe eines Tages mit Ross und Wagen
und mit Musik in die Stadt ein. Ich stand als Vierzehnjähriger
wie viele Meseritzer am Straßenrand und schaute
dem Einzug neugierig zu, nicht ahnend, daß ich vier
Jahre später selbst einige Zeit in der Meseritzer Kaserne
als Soldat ausgebildet werden würde.
Merkwürdigerweise wurde ich 1942 in meiner Heimatstadt zur Wehrmacht eingezogen, was ja keineswegs die übliche Gepflogenheit war. Dieser Umstand brachte es aber mit sich, daß ich in den ersten sechs Wochen meiner Soldatenzeit an den Wochenenden nachmittags nach Hause durfte und mich verwöhnen lassen konnte. Abends mußte ich allerdings den recht weiten Weg durch die gewissenhaft abgedunkelten, völlig finsteren Straßen, es war schon Oktober, zur Kaserne zurück, manchmal mich etwas vorwärts tastend.
In der Heimatstadt eingezogen zu sein, führte auch zu der spaßigen Situation, daß ich mich nach etwa drei Wochen der Grundausbildung zusammen mit einer Gruppe ortsfremder Rekruten von einem ebenfalls ortsfremden Unteroffizier durch Meseritz führen lassen mußte, der uns die Stadt recht und schlecht erklärte.
Meine Kenntnisse waren nicht gefragt,
ich mußte nur zuhören und mich
insgeheim amüsieren.
Ich bin übrigens, glaube ich,
nicht zum Grenz-Infanterieregiment
122 eingezogen worden, sondern entsinne
mich, daß sich die Einheit Wehrersatzbatallion
477 nannte. Ich kann
mich aber auch irren und diese Einheit
mit der späteren Ersatzgarnison im
Jahr 1943 in Stolp verwechseln.
Nach etlichen Wochen der
Grundausbildung kam ein Teil der mit
mir eingezogenen Rekruten nach
Schitomir an die Ostfront, der andereTeil, und dazu wurde ich gestellt, nach Mailly-le Camp,
einem Truppenübungsplatz in der Gegend von Chalonssur-
Marne.
Mit der Marschkolonne zum Bahnhof durfte ich
dann noch einmal an meinem Zuhause, dem
Reichsbahnbetriebsamt in der Bahnhofstraße vorbeimarschieren.
Ein Jahr danach bin ich noch einmal für
vier Wochen zuhause gewesen und dann erst wieder
64 Jahre später in dem Haus.
An die Kasernen, wie die Fotografien sie zeigen (s. o.), kann ich mich noch gut erinnern.
Aribert Heinrich
Der falsche 50er?
Die vielen jungen Soldaten der 50. Division brachten Leben in das für junge Leute eher langweilige Kreisstädtchen Meseritz. Den Mädchen ist das sicher nicht entgangen und ein Flirt der Tochter, der den Eltern nicht verborgen blieb, soll zu der Bemerkung geführt haben: „Bring mir keinen falschen 50er ins Haus!“
Den gefallenen und vermißten Soldaten der 50. Infanterie-Division, die in den Kampfgebieten und an den Wegen der Division zurückgelassen werden mußten, ist auf dem Friedhof in Göttingen ein Ehrenmal gewidmet.
Im Polenfeldzug 1939 verloren 133 Soldaten der 50. Infanterie-Division ihr Leben. 394 Soldaten kehrten als Verwundete in die Heimat zurück.
Die Geschichte der 50. Inf.-Division wurde von Generalmajor a.D. Günther Meinhold, Kommandeur des Inf.- Rgt.122 in einem Buch beschrieben. Das Buch erschien 1965 im Eigenverlag der Traditionsgemeinschaft der 50. Infanterie-Division unter dem Titel:
Die 50. Infanterie-Division 1939-1945
Es umfaßt 440 Seiten und ist mit 203 Bildern und 46 Kartenskizzen illustriert. Die Bilder zu den Ehrenmälern und Friedhöfen sind dem o.g. Buch entnommen. Zu erwerben ist das Buch höchstwahrscheinlich nur noch antiquarisch.
Unsere Darstellung der Meseritzer Garnison wird auf Grund der mangelhaften Quellenlage nicht fehlerfrei sein. Wir freuen uns, wenn wir durch Ihre Mitarbeit Fehler korrigieren und damit unsere Darstellung ergänzen können.
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