|
|
100 Jahre Auguste Viktoria-Krankenhaus Meseritz
Ein Materialiensammlung von Joachim Schmidt - Abbildungen: Archiv HGr
Am 15. Januar 2010 fand zum 100jährigen Bestehen des Meseritzer Krankenhauses eine Jubiläumsfeier statt. Zu diesem Ereignis wird über die Geschichte des Krankenhauses eine Monographie veröffentlicht, die auch die deutsche Geschichte des Hauses berücksichtigt. Direktor Leszek Kolodziejczak hatte zum Jubiläum im Namen des Kuratoriums sehr herzlich Vertreter des Heimatkreises Meseritz eingeladen.
Die zur Geschichte des Meseritzer Krankenhauses zusammengetragenen Fakten sind lückenhaft. Sie basieren nur auf den wenigen Dokumenten, die uns nach dem Krieg erhalten blieben bzw. auf Erinnerungen an eine Zeit, die über 60 Jahre zurückliegt
Vorgeschichte Im Mittelalter lag die Krankenpflege in den Händen der Familien und der Klöster. Unter den Klöstern gab es solche, die sich auf Pflege und Heilung spezialisiert hatten. Über die mittelalterliche Situation der Krankenpflege im Kreis Meseritz fand ich keine Quellen. Nach der Reformation und der beginnenden Säkularisierung in der Neuzeit entstehen in Meseritz durch bürgerliche und kirchliche Initiativen zur Pflege alter und kranker Menschen außerhalb der Familien 2 Hospitäler.
Zwei Hospitäler in Meseritz um 1600
Die Zachert-Chronik von A. Warschauer berichtet auf der Seite 24, daß sich in der Vorstadt neben der St. Nicolai-Kirche, auch Hospitalkirche genannt, ein Hospital befindet.
„Der Restaurator ist Proboszcz Nicolaus Rochowicz, Praeposit. Medericens Anno 1609.“ (S. 26) „Was die Hospitäler betrifft, so steht das katholische (Hospital) an der St. Nicolai-Kirche, das lutherische (evangelische Hospital) aber stand vor dem Brand der Stadt (1606) auch in der Vorstadt, nach dem Stadtgraben zu, hinter dem Haus des Bürgermeisters H. Christ. Schultz.“
Um den Wiederaufbau des evangelisch-lutherischen Hospitals nach dem Stadtbrand kommt es zwischen den Konfessionen zu einem Streit.
(S. 63) „Das evangelisch lutherische Hospital hat keine Einkünfte, als das, was barmherzige Personen demselben schicken oder schenken. Aus Kalzig/ Kalsko erhält das evang. luth. Hospital alle drei Jahre 6 Viertel Getreide.
Wer im Hospital aufgenommen werden will, muß 6 Reichstaler zahlen und der Spitalgesellschaft pro receptione 1 Reichstaler. Stirbt jemand im Hospital, so wird er auf Gemeindekosten begraben.“
Das Betteln ist den Leuten aus dem Hospital nicht erlaubt.
Literatur: Adolf Warschauer, Zachert-Chronik der Stadt Meseritz, nach Originalhandschriften, Verlag der Zeitschrift für Geschichte und Landeskunde der Provinz Posen, Posen 1883.
Polnisches / katholisches Spital und deutsches / evangelisches Hospital im Lageplan der Stadt Meseritz 1780
In dem von Ingenieur J. Harnisch 1780 gezeichneten Lageplan der Stadt Meseritz ist an der Posener Straße außerhalb der Stadtmauer ein größeres polnisches Spital identisch mit dem katholischen Spital eingezeichnet.
Im gleichen Lageplan ist ein kleines evangelisches (lutherisches) Hospital am Mühlengraben/Packlitz außerhalb der Stadt eingezeichnet. In beiden Fällen handelt es sich offensichtlich um die in der Zachert-Chronik beschriebenen Hospitäler. (S. 8)
Dokument: J. Harnisch, Lageplan der Stadt Meseritz, (Anhang Seite 8) nach der Vermessung des Landbaumeisters Schultze 1780.
Das Hospital der evangelischen Kirche
In seiner Geschichte der Stadt Meseritz schreibt Paul Becker auf S. 70:
„Auch ein Hospital hatte die evangelische Gemeinde geschaffen, um alten und alleinstehenden Personen für ihre letzte Lebenszeit ein bescheidenes Heim zu gewähren. Es lag vor dem Mühlentor, besaß einen Winkel (Stück) Land, der aber nur eine geringe Ernte abwarf. Im allgemeinen war es auf milde Gaben angewiesen und auf Beiträge, die von der Spitalgesellschaft aufgebracht wurden.“
Die Situation des katholischen/ polnischen Hospitals ist in den zur Verfügung stehenden Unterlagen leider nicht näher beschrieben. Die Spitäler, zunächst für kranke und alte Menschen eingerichtet, werden später nur noch zur Altenpflege genutzt.
In einem Rundgang durch die Stadt findet 1930 Paul Becker das katholische Hospital (Anhang S. 4) an seinem alten Standort, an der Abzweigung der Brätzer Straße.
Das evangelische Hospital (Anhang S. 9) dagegen an einem neuen Standort in der Schweriner Straße. Beide Spitäler werden im 19. Jahrhundert nach der Einrichtung des ersten städtischen Krankenhauses in Meseritz für die Krankenpflege bedeutungslos.
Literatur: Paul Becker, Geschichte der Stadt Meseritz, Selbstverlag des Magistrats, Meseritz 1930.
Das erste städtische Krankenhaus in Meseritz
Das erste städtische Krankenhaus in Meseritz, von dem es in der Geschichte der Stadt Meseritz (P. Becker, Anhang S. 39) eine Fotografie gibt, stand in der Bahnhofsstraße 12 am evangelischen Friedhof. Es handelte sich um ein kleines Haus einem Bürgerhaus ähnlich. Über das Baujahr, seine Ausstattung, Zahl der Betten, ärztliche, pflegerische Versorgung und Finanzierung fand ich keine Informationen. Bis 1910 diente es noch neben den Landes- Heil- und Pflegeanstalten Obrawalde der Krankenpflege. Nachdem das erste städtische Krankenhaus in Meseritz geschlossen wurde, richtete man in seinen Räumen Arbeiterwohnungen ein.
Literatur: Paul Becker, Geschichte der Stadt Meseritz, Selbstverlag des Magistrats, Meseritz 1930.
Die Landes- Heil- und Pflegeanstalten Obrawalde / Obrzyce gehen dem neuen Meseritzer Krankenhaus voraus 1901 entsteht als 4. Anstalt für Geisteskranke in der Provinz Posen die Anstalt Obrawalde. Ursprünglich als Anstalt für geistig Behinderte geplant, wird sie sehr bald zu einer Krankenanstalt (Krankenhaus) für den Kreis Meseritz und darüber hinaus. Neben den Stationen (Pflegebereiche) für geisteskranke Kinder, Erwachsene und Altersdemente entstehen Stationen für Körperbehinderte (Orthopädie), Lungenkranke (Tbc), Infektiöse (Isolierstation), Frauenkrankheiten (Gynäkologie), Gebärende (Entbindungsstation) und Säuglingskrankheiten (Kinderkrankenhaus).
Als Vorbilder einer in einem Park gebauten Anstalt/Stadt für Kranke galten damals die Charité in Berlin und die Charité in Paris. Im „Heimat-Kalender für den Kreis Meseritz 1929“, S. 81, ist als Leitender Arzt für die Anstalt Landesmedizinalrat Dr. Harriehausen eingetragen. Ab 1930 leitet die Anstalt Obrawalde Direktor Dr. Knust. Am 1.Oktober 1928 wird der Gutsbezirk Obrawalde mit der Heil- und Pflegeanstalt in die Kreisstadt Meseritz eingemeindet. Meseritz vergrößert damit sein Stadtgebiet um 115 Hektar und seine Einwohner um 1.736 Personen auf 9.400.
Die Anstalt Obrawalde wird ab 1942 von den nationalsozialistischen
Machthabern zum Zweck der Euthanasie
mißbraucht. Ob der 1941 angelegte Gleisanschluß
der Deutschen Reichsbahn damit im Zusammenhang
steht, ist nicht belegt kann aber vermutet werden.
Den Initiatoren gelingt es, die Morde an Behinderten
bis gegen Ende des Krieges auch vor der örtlichen
Bevölkerung geheim zu halten.
Literatur: Sonderbeilage zu Nr. 130 des „Meseritzer Kreis- und Wochenblattes“, 3. November 1904 bzw. „HEIMATGRUSS“ Nr. 106, 1988 Heimat-Kalender für den Kreis Meseritz 1929, Herausgeber: Kreisausschuss Meseritz.
Einweihung des Kaiserin Augusta-Viktoria Krankenhauses Am 22. Oktober 1909 wird das Kaiserin Augusta Viktoria Krankenhaus des „Vaterländischen Frauenvereins vom Roten Kreuz“, im Jugendstil mit schmückenden Mansardendächern erbaut, umgeben von einer Park- und Gartenanlage, in Meseritz eingeweiht.
Den Anstoß zum Bau eines Krankenhauses in Meseritz nach dem neuesten Stand der Medizin und der medizinischen Technik gab vermutlich die unbefriedigende Situation der Krankenpflege in Verbindung mit der Behindertenpflege in Obrawalde sowie die Entfernung zur Kreisstadt Meseritz. Über eine Festschrift oder einen Zeitungsbericht aus dem anläßlich der Einweihung weitere Namen und Daten hervorgehen verfügen wir im Archiv leider nicht. Der anfänglich lateinisch korrekte Name Augusta ändert sich später in Auguste.
Literatur: Paul Hart, Bürgermeister Meseritz, im Auftrag des Magistrats erarbeitet, Das Archiv, Verlags-Gesellschaft für Städtebau, Berlin W 50, 1930.
Vaterländischer Frauenverein
Gründung und Aufgabe Der „Vaterländische Frauenverein vom Roten Kreuz“ wird am 11. November 1866 von der Königin Augusta in Deutschland als Wohlfahrtsverein gegründet. Es handelte sich um eine Organisation königs-/ kaisertreuer Bürgerfrauen. Seine Aufgabe ist es, die amtlichen Sanitätsdienste durch Unterhaltung von fachlich gebildeten Schwesternschaften und bereitgestellten weiblichen Hilfskräften zu unterstützen: Beschaffung von Wäsche und Geräten zur Krankenpflege, ferner caritative Arbeit zur Bekämpfung und Verhütung sittlicher (moralischer), gesundheitlicher und wirtschaftlicher Not im Kriegs- oder Katastrophenfall zur Pflege verwundeter Soldaten und Zivilisten. Während des 1.Weltkrieges tritt der „Vaterländische Frauenverein“ durch seine Hilfe an Freunden und Feinden besonders hervor. 1930 unterhält der „Vaterländische Frauenverein“ 29 Krankenhäuser, 45 Säuglingsheime, 72 Altenheime, 450 Kindergärten, 60 Kinderhorte und 2.000 Gemeindekrankenpflegestationen. Der „Vaterländische Frauenverein“ verfügt im gleichen Jahr über 766.000 Mitglieder in 2.850 Zweigvereinen. Darunter befinden sich 674 Jugendabteilungen mit 16.000 Mitgliedern. Sein Hauptsitz ist Berlin. 1933/ 34 wird unter der nationalsozialistischen Gleichschaltung der „Vaterländische Frauenverein“ zwangsweise aufgelöst und vom „Reichsfrauenbund des Deutschen Roten Kreuzes“ übernommen.
Literatur: Der große Brockhaus, Band 19, S. 403, Ausgabe 1934.
Bau, Finanzierung und Weiterentwicklung des Auguste-Viktoria Krankenhauses Die bauliche Finanzierung sowie die Unterhaltung des Meseritzer Auguste-Viktoria Krankenhauses leistet der Vaterländische Frauenverein, der auch die Pflegekräfte, Ärzteschaft und Schwesternschaft für das Krankenhaus stellt und bezahlt.
In den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen ist auf eine Mitfinanzierung des Neubaues 1909 und des Ergänzungsbaues 1928 durch die Stadt Meseritz kein Hinweis zu finden. Im Verwaltungsbericht der Stadtgemeinde Meseritz für die Zeit vom 1.4.1928 bis 31.3.1929 steht auf S. 21:
„Die Erweiterung des großen Krankenhauses durch den Vaterländischen Frauenverein ließ den Wunsch aufkommen, die Kerststraße in der Länge des Erweiterungsbaues schon jetzt zu pflastern. Die Stadtverwaltung erklärt sich auch hierzu bereit.
So wurde nun auch dieser Teil der Kerststraße in einer Länge von 170 m mit schlesischem Granitreihen-Pflaster II. Klasse gepflastert, ebenso die Bürgersteige mit Hochbordsteinen und Mosaiksteinen versehen. Die Kosten betragen hierfür rund 38.200 RM.“
Über eventuell weitere Kosten, die die Stadt Meseritz zu Gunsten des Krankenhauses zu tragen hatte, konnte ich in meinen Unterlagen nichts finden.
Vereins-Lazarett 1914-1919
Mit dem Beginn des 1. Weltkrieges 1914 wird bis zum Ende des Krieges 1919 das Auguste-Viktoria-Krankenhaus mit 60 Betten „Vereins-Lazarett des Vaterländischen Frauenvereins Meseritz“.
Ein ehemaliger Patient berichtet im „Heimat-Kalender für den Kreis Meseritz 1930“, S. 41 f, aus dem Jahr 1915 und dem Jahr 1929:
„Das Vereins-Lazarett war 1915 stark belegt und es machte einen äußerst sauberen und behaglichen Eindruck. Die verwundeten Soldaten waren in guter Stimmung; denn die Verpflegung war ausgezeichnet. In der kleinen Küche wimmelte es oft von „abkommandierten Kartoffelschälern“ verwundeten Soldaten, die zum Kartoffelschälen in der Lage waren. In den Abendstunden, wenn sich die Dämmerung über das Lazarett senkte, erklang durch die sonst stillen Räume Saitenspiel (Instrumentalmusik) und Gesang.“
Das Auguste-Viktoria Krankenhaus nach 1928
Nach der Fertigstellung des Ergänzungsbaues 1928 besucht der Patient aus dem 1. Weltkrieg nach 14 Jahren 1929 noch einmal das ehemalige „Vereins-Lazarett“ in Meseritz.
Er berichtet:
„Welch eine Umwandlung hat inzwischen das ehemalige Vereins-Lazarett erfahren! Der Zugang zum Krankenhaus und die gepflasterte Straße machen einen großstädtischen Eindruck. Das „Rote Kreuz“ über dem Hauptportal strahlt im hellen Sonnenlicht. Mein Rundgang beginnt im Keller: Eine angenehme Helle und frische Luft erfüllt alle Räume. Der neu eingebaute Personenaufzug (Fahrstuhl) ist ständig in Betrieb. Ich stehe in der neuen großräumigen Küche. Sie ist neben vielen Küchenmaschinen mit 2 großen und 4 kleinen kippbaren dampfbeheizten Kochkesseln ausgerüstet, die in kürzester Zeit zum Kochen gebracht werden können. Der Speiseraum und der Tagesraum für Schwestern und für medizinisches Fachpersonal sind mit Wandbildern und Möbeln schmuckvoll eingerichtet.
Das Haus besitzt einen mit elektrischen Aggregaten betriebenen Tiefkühlraum. Die großzügige Waschküche ist mit elektrischen Waschmaschinen und einer elektrisch betriebenen Mangel ausgerüstet. Die neuen Wäscheaufzüge befördern aus der Wäschekammer die frische Wäsche zu den einzelnen Stationen empor und umgekehrt die Schmutzwäsche zurück in die Waschküche. Überall herrscht peinliche Sauberkeit. Beeindruckend sind die großartige elektro-physikalische Abteilung und die Bäderabteilung. Die elektro-physikalische Abteilung enthält Glühlicht-Kästen, Diathermie-Apparate, Höhensonne usw.. In der Bäderabteilung mit modernen Wechselduschen können alle Arten medizinischer Bäder praktiziert werden, z.B.: Kohlensäure-, Sauerstoff-, Sole-, Schwefel-, Moorextrakt- und Fichtennadelbäder. Neben den Baderäumen befindet sich der Ruhe- und Massageraum.
Im Gymnastik-Raum neben dem Inhalatorium und dem kleinen Laboratorium befinden sich medico-mechanische Geräte. Im Erdgeschoß, wie im Ober- und im Dachgeschoß zeigen die Wände lebhafte, dem Auge wohltuende Farbgestaltungen. Man ist in den langen Fluren bemüht, jeder Monotonie entgegenzuwirken. Das gilt auch für die Gestaltung der Krankenzimmer, die alle mit fließendem kaltem und warmem Wasser versorgt sind. Im Erdgeschoß befindet sich die Frauen- und Kinderstation, im Obergeschoß die Männerstation. Das Dachgeschoß ist bis auf einen kleinen Teil im Nordostflügel fertig ausgebaut. In ihm sind neben Krankenzimmern noch Zimmer für die Säuglingspflege, ein Säuglingsbad, einige Wäsche- und Kleiderkammern und Wohnräume für Schwestern und Dienstpersonal untergebracht.
In jedem Geschoß befindet sich eine besondere Liegehalle im Krankenhaus sind insgesamt vier Liegehallen. Eine weitere Liegehalle befindet sich im Garten. Ich besichtige eine der 7 Teeküchen. Jede Teeküche ist mit einem Wärmeschrank, mit notwendigem Geschirr und einer Geschirrspüleinrichtung ausgestattet. Unter der Führung eines Assistenzarztes darf ich die Operationsräume betreten. Das Krankenhaus verfügt über 2 große OP-Räume mit modernsten Einrichtungen einen septischen und einen aseptischen Raum.
Über den OP-Tischen befinden sich große Lampen, die in alle Richtungen schwenkbar sind und die schattenloses Licht produzieren. Sollte es zu einem Stromausfall kommen (Lichtstörung), so schaltet sich automatisch innerhalb des Krankenhauses eine Dynamostation ein, die das Krankenhaus sofort mit elektrischer Energie versorgt. Zwischen den beiden OP-Sälen befindet sich ein Sterilisations-Raum mit Apparaten, in denen chirurgische Instrumente, Verbandstoffe usw. sterilisiert werden können.
Die Röntgenabteilung wurde räumlich vergrößert und der Raum mit den neuen Röntgenapparaten mit modernen Schutzeinrichtungen versehen. Die Fürsorgestelle für Tuberkulose-Erkrankungen befindet sich mit einer eigenen Röntgenabteilung vom Krankenhausbetrieb vollständig abgetrennt mit einem besonderen Eingang im Erdgeschoß. Im Ost-Flügel des neuen Krankenhauses befindet sich von den anderen Abteilungen des Hauses getrennt die Isolierstation für Seuchenkranke.
Das Krankenhaus ist von einer weiträumigen Gartenanlage umgeben, die zum Teil noch nicht fertiggestellt ist. Sie wurde von einem Berliner Architekten in 3 voneinander getrennte Gartenbereiche zum Aufenthalt für Frauen, Männer und Infektionskranke entworfen.“
Der Text, mit Gh. unterzeichnet, schließt über das Meseritzer Krankenhaus mit den Worten:
„Stadt und Kreis Meseritz können dem Vaterländischen Frauenverein in Meseritz dankbar und stolz darauf sein, daß er ein Krankenhaus geschaffen hat, wie es in der gesamten Grenzmark und weit darüber hinaus nicht anzutreffen ist.“
Literatur: Autor Gh., Unser Krankenhaus einst und jetzt - Heimat-Kalender für den Kreis Meseritz 1930, Herausgegeben von dem Kreisausschuss des Kreises Meseritz in Meseritz.
Bis 1938 übernimmt das neue Meseritzer Krankenhaus nacheinander mit Ausnahme der Behindertenpflege alle in den Obrawalder Anstalten eingerichteten medizinischen Stationen. Der Prozess der Übernahme der einzelnen Stationen erstreckt sich über einen Zeitraum von 30 Jahren und erforderte 1928 zur Kerststraße hin eine bauliche Erweiterung des neuen Krankenhauses. Die 1938 zuletzt aus Obrawalde übernommene Station ist die Entbindungsstation. Im Vordergrund der medizinischen Versorgung standen im Meseritzer Krankenhaus mit Dr. Gaethgens als Chefarzt die Chirurgie und die Innere Medizin.
Aus meinen Erinnerungen als Kind in Tirschtiegel / Trzciel um 1939 45 weiß ich noch, daß besonders schwierige Fälle der Kindermedizin in das Kinderkrankenhaus Landsberg a.d. Warthe / Gorzów Wlkp oder in das Martin-Luther-Krankenhaus Frankfurt a.O. überwiesen wurden. In besonders schweren Fällen der Erkrankung Erwachsener wurden das Gustav-Adolf-Krankenhaus in Schwiebus/ Swiebodzin oder die Charité in Berlin bevorzugt.
Dr. med. Wilhelm Gaethgens (14.10.1876 31.5.1958) Dr. Gaethgens kam aus dem Baltikum nach Meseritz und machte sich in den 20er Jahren in der Stadt durch die Ausbildung und Organisation einer Sanitätsgruppe verdient. Als Chirurg wurde er Chefarzt im Meseritzer Krankenhaus ab wann, konnte ich nicht feststellen. Er war als guter Operateur bekannt und wurde von seinen Patienten oft liebevoll Onkel Wilhelm genannt. Während des 2. Weltkrieges leitete Dr. Gaethgens als Chefarzt bis zu seinem Dienstende 1943 noch zusätzlich das Reservelazarett (Hilfslazarett), das in der Volksschule in der Bismarckstraße eingerichtet war. Dr. Gaethgens verstarb 1958 in einem Seniorenheim in Genthin. Die unter seiner Leitung im Krankenhaus arbeitende Oberschwester ist leider nur unter ihrem Vornamen Lydia bekannt. Die wenigen Mitarbeiter, an die man sich erinnert, sind ebenfalls nur noch unter ihrem Vor- oder Familiennamen bekannt: Verwaltungsleiter Herr Sternel; Küchenleitung Schwester Ernestine; Hebamme Schwester Margot; Säuglingsschwester Irmgard; Hausmeister Herr Schmidt.
Von weiteren Ärzten sind noch in Erinnerung:
Ärztin Dr. Ilse Polzin
Dr. Ilse Polzin kam nach der Schließung von Obrawalde 1940 ins Meseritzer Krankenhaus. In welchem Fachbereich sie dort arbeitete, konnte ich nicht erfahren.
Arzt Dr. Erich Borchert
Dr. Erich Borchert arbeitete von 1932 bis 1934 als Arzt im Krankenhaus. Sein medizinischer Fachbereich ist ebenso unbekannt wie der Grund seines kurzen Arbeitsaufenthaltes.
Krieg Evakuierung 1945 Während des Krieges war das Meseritzer Krankenhaus in der Mehrheit von zivilen Patienten belegt. Für verwundete Soldaten stand das Reservelazarett in der Bismarckstraße zur Verfügung. Am 28./ 29. Januar 1945 zu spät wurde die Evakuierung des Meseritzer Krankenhauses vor den kämpfenden Truppen durch den Kreisleiter der NSDAP Wilhelm Menze erlaubt. Von den zivilen Patienten konnten im Chaos der letzten Minuten nur wenige vom Meseritzer Bahnhof aus mit einem Zug in Sicherheit gebracht werden.
Am 30. Januar 1945 besetzten Soldaten
der Roten Armee unter Mißachtung der Genfer
Konvention das Krankenhaus und erschossen
die sich schützend vor ihre zurückgebliebenen
Patienten stellende Oberschwester Lydia und
weitere Personen.
Rotarmisten plünderten und suchten im
Krankenhaus nach Wertgegenständen und versteckten
deutschen Soldaten.
Verwundete deutsche Soldaten, die in die
Hände der Roten Armee gerieten, wurden ausnahmslos
erschlagen oder erschossen.
Ob russische Ärzte zunächst das Krankenhaus
übernahmen, wie lange noch deutsche Mitarbeiter
im Krankenhaus tätig waren und seit wann das
Krankenhaus unter polnischer Leitung steht, wissen
wir nicht. Wir können davon ausgehen, daß auch Polen in deutscher Zeit Mitarbeiter oder Patienten im Meseritzer Krankenhaus waren. Um sie und ihre Aufgaben im Krankenhaus zu beschreiben, fehlen uns leider ihre Namen und ihre Funktionen.
|
|