FOTOGRAFIEN - ZEUGEN DER GESCHICHTE

Verlorene Gedenksteine unserer Geschichte
Ein Text von Joachim Schmidt - Fotos: Archiv Heimatgruß

Das von den heutigen polnischen Bewohnern Kulkaus / Kuligowo wieder erbaute Denkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges Foto: Dieter Radomski
Der Tod so vieler Väter, Söhne und Brüder in den furchtbaren Schlachten des 1. Weltkrieges hatte die Generation unserer Großeltern schwer getroffen. Der erwartete Sieg im Kaiserreich endet in einer Niederlage. Das sollte nicht noch einmal geschehen, das sollte nicht vergessen werden.
So wurden überall in Deutschland zur Mahnung Gedenksteine errichtet, in denen die Namen der Gefallenen eingemeißelt für die folgenden Generationen zu lesen waren.
War ihr Tod sinnlos? Das konnten die betroffenen Angehörigen nicht ertragen. Die Gefallenen waren Opfer - für viele unserer Großeltern waren sie Helden.
An einem Tag im Jahr, dem Heldengedenktag - heute der Volkstrauertag - versammelten sich Angehörige, Vertreter der Gemeinden, Vereine und Schulkinder an den Gedenksteinen, die sie Kriegerdenkmäler nannten, um der Toten des Weltkrieges zu gedenken.
Dem 1. Weltkrieg (1914-1918) folgte nach nur 20 Jahren der 2. Weltkrieg (1939-1945). Die Zahl der Opfer an Menschen vervielfachte sich an den Fronten, in brennenden Städten, in Zwangslagern und bei Flucht und Vertreibung. Hinzu kam noch der Verlust an großen deutschen Gebieten mit unschätzbarer Kultur und dem Verlust unserer Gedenkstätten — Stätten unserer Erinnerung und unserer Geschichte.


Die Zerstörung der deutschen Kriegerdenkmäler in Polen
Ein Text von Franz Roge

Ein Zeuge berichtet (siehe auch HGr 188, S. 26 f. und HGr 189 S. 30 f.):
Kurz vor dem Kriegsende im Mai 1945 befand ich mich 16jährig, in einer deutschen Wehrmachtseinheit, die am Stadtrand von Prag aufgelöst wurde. Vor uns die Russen - rette sich, wer kann! Für mich gab es nur einen Weg, zurück in die Heimat zum väterlichen Hof in Schierzig. Das war, was ich gleich erkannte, nur noch zu Fuß möglich. Ende des Sommers 1945 erreichte ich nach etwa 4 Monaten krank und halb verhungert endlich unseren zerstörten Hof. Meine Eltern waren geflüchtet. Ich war verzweifelt. Glücklicherweise nahmen mich mitleidige Polen auf.
Der junge polnische Ortsvorsteher von Schierzig, Feliks Kalecki, besorgte für mich eine Bleibe und beschäftigte mich als Kutscher und Landarbeiter auf seinem Hof. Ich hoffte auf die Rückkunft meiner Eltern.
Nach einiger Zeit fand ich etwas Zugang zu den neuen polnischen Siedlern, die aus dem Osten hinter dem Bug kamen. Meine Kenntnis der Landbeschaffenheit und der deutschen Landmaschinen, mit denen die neuen Dorfbewohner nicht umzugehen wußten, machte mich im Dorf zunächst unabkömmlich. So durfte ich noch bis nach Weihnachten 1946 in Schierzig bleiben.
An einem sehr nebeligen Sonntag im September 1946 wurde ich gebeten, den Ortsvorsteher Kalecki mit seiner Kutsche nach Bauchwitz zum Starosten zu fahren. Durch den dicken Nebel war die Sicht sehr schlecht, so hörte ich an dem stillen Sonntagvormittag in Bauchwitz erst nur das helle Klingen von schlagenden Hämmern und Meißeln auf hartem Gestein. Als wir näher kamen konnte ich sehen, daß mehrere Gestalten am Kriegerdenmal beschäftigt waren.
Erst am Abend sagte mir Kalecki: „Franz, wenn wir nicht nach Bauchwitz gefahren wären, hättest du das heute in Schierzig machen müssen!“ Hinterher erfuhr ich, daß in Schierzig Leo Goschin unser Kriegerdenkmal zerstören und die Trümmer entfernen mußte.
Es war eine von der Administration für das ganze Gebiet unter Heranziehung der noch in Polen lebenden Deutschen befohlene Aktion. Eine deutsche Geschichte unserer Heimat sollte es nicht mehr geben.

Kriegerdenkmal in der Kreisstadt Meseritz

Kennen wir noch die Namen der Gefallenen des Ersten Weltkrieges?
Joachim Schmidt

Wissen wir noch wie alt sie waren, als sie ihr Leben lassen mußten? Mit der Vernichtung der Denkmäler wurden ihre Namen in der Öffentlichkeit gelöscht und die Gestaltungskultur der Denkmäler, (Siehe HGr 188,S.26f u. HGr 189,S.30f) die der Trauer und Ehrerbietung Ausdruck geben sollte.
Wir können das nur beklagen. Im Folgenden können wir noch die Bilder der Denkmäler sehen, die uns durch glücklichen Umstand im Bildarchiv des Heimatgrußes erhalten geblieben sind.
Umso größer ist die Freude bei uns über die Wiedererrichtung eines Denkmales für die polnischen und deutschen Gefallenen des 1. Weltkrieges im Dorf Kuligowo / Kulkau in der Muttersprache der betroffenen deutschen Familien.
Wir, die Mitglieder des Heimatkreises Meseritz e.V., danken im Namen ihres Vorsitzenden Leonhard v. Kalckreuth der Dorfgemeinschaft und den Initiatoren sehr herzlich für diese großartige Geste der Achtung vor den Toten des Krieges ihres Dorfes Kuligowo für das auch im europäischen Sinne sichtbare Zeichen der Versöhnung und Freundschaft.


deutsche Kriegerdenkmäler in Polen
deutsche Kriegerdenkmäler in Polen
deutsche Kriegerdenkmäler in Polen
deutsche Kriegerdenkmäler in Polen
deutsche Kriegerdenkmäler in Polen
deutsche Kriegerdenkmäler in Polen
Inschrift Denkmal Tirschtiegel
Um die Stadt Tirschtiegel dem Vaterland zu erhalten,
verteidigten die Bürger die bedrängte Heimat lange
nach erfolgtem Waffenstillstand im Jahre 1919.
Aus der Verteidiger Reihen fielen acht Söhne der Stadt.
Der Du Nachfahre vor diesem Stein weilest,
gedenke dieser Tapferen in Ehrfurcht,
gedenke der Not und Trübsal unseres Landes,
der Treue seiner Söhne.
Gedenke, Enkel, dieser Toten in Treue.