Bobelwitz vor 1945
Christian-Conrad von Dziembowski


Die Zeit vergeht unaufhaltsam, wir werden immer älter und die Vergangenheit verblaßt immer mehr. Die Zahl der Zeitzeugen nimmt immer weiter ab. Da ich nun, so Gott will, meinen 90. Geburtstag feiere, wandere ich in Gedanken nochmal durch Bobelwitz.
Nachdem ich im Heimatgruß Nr. 177 vom Juni 2006 bereits über den Gutsbetrieb und die dort arbeitenden Personen berichtet habe, schreibe ich nun über das Dorf. In der Übersicht habe ich die damals vorhandenen Gebäude entsprechend meinen Erinnerungen platziert. Mögliche Fehler bitte ich zu entschuldigen. Mittels der eingefügten Nummern möchte ich nun die einzelnen Häuser ansprechen.


Bobelwitz - Lageplan der einzelnen Anwesen 1944



1. Ich beginne mit Emil Sands Haus. Er war Maurer von Beruf, arbeitete aber bei uns im Bobelwitzer Forst als Hausmeister. In seinem Haus lebten auch seine beiden Töchter und die Familie Herford zur Miete. Ich erinnere mich noch sehr genau, daß der gute Emil „wunderbar“ fluchen konnte, was uns Kinder begeisterte.
2. Hugo Sommerfelds Haus. Das Haus und das Grundstück waren sehr gepflegt. Herr Sommerfeld war ein pensionierter Förster aus der Provinz Posen. Die Familie Sommerfeld war so um 1919 zu uns nach Bobelwitz gekommen, nachdem deutschstämmige Familien aus Polen ausgesiedelt worden waren.
3. Paul Klosters Haus. Paul Kloster besaß ein eigenes Taxi, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestritt. Bei ihm im Haus lebten der Schuster Krause und Frau Sabine zur Miete.
4. Der Bauernhof Kasper. Hier wohnte die Witwe Kasper mit ihren Söhnen Karl, Walter und Erich, sowie ihren Töchtern Hilde und Edith.
5. Der Bauernhof Lode. Bauer Lode bewirtschaftete senen Hof mit deiner Frau und seinen drei Töchtern.
6. Der Bauernhof Krause. Berthold Krause lebte hier mit seiner Frau und seinen vier Kindern. Berthold hatte im Ort den Spitznamen „ der schlappe Sechser“ weil er bei den Sechser-Ulanen gedient hatte.
7. Der Bauernhof Rau. August Rau wohnte hier mit Frau und Kindern. Er war Bürgermeister von Bobelwitz.
8. Reinhold Kubes Haus. In diesem Haus lebten die Familie Kube und die ältere Frau Adam.
9. Bandurs Haus. Das war ein älteres rohrgedecktes Haus, in dem die Familie Bandur lebte.
10. Das Anwesen Bunk. Hier lebte die Familie Bunk, die mit Speiseöl handelte. Herr Bunk fuhr dazu mit seinem Einspänner über die Dörfer. Nebenbei hatten sie noch eine kleine Landwirtschaft. Besonders eindrucksvoll war es für mich immer, wenn Herr Bunk zum Pflügen eine Kuh und ein Pferd gemeinsam einspannte.
11. Die Schule. Hier lebte und arbeitete der Lehrer Vierhub mit seiner Familie. Der arme Mann mußte acht Klassen unterrichten, was teils vormittags und teils nachmittags stattfand. Mit Hilfe eines Rohrstocks verschaffte er sich die notwendige Achtung seiner nicht ganz einfachen Schüler.
12. Wilhelm Kosters Haus. Es war das dritte Haus Richtung Tirschtiegel. Wilhelm Koster besaß genau wie sein Bruder ein eigenes Taxi. Seine Frau hatte die Bobelwitzer Poststelle inne.
13. Zehs Haus. Hier lebte die Familie Zeh mit zwei Söhnen, die saisonmäßig bei uns im Wald und in der Meseritzer Industrie tätig waren.
14. Werners Haus. Das letzte Haus gehörte der Familie Werner. H. Werner arbeitete ebenfalls in unserem Forstbetrieb und in der Industrie.
15. Lehmanns Haus. Dieses Haus bewohnte die Familie Lehmann.
16. Krauses Haus. Hier wohnte die Familie Krause. Herr Krause war Straßenwart. In seinem Haus lebten noch die Frauen Kolewski und die Familie Ewald zur Miete.
17. Der Gasthof „Zum See“. Hier arbeitete und wohnte der Pächter Herbert Scholz. Er war von Beruf Friseur und sorgte nebenbei für den Bobelwitzer „Einhaarschnitt“. Außerdem gab er Schwimmunterricht für die Schule und brachte uns Kindern das Schwimmen bei. Sein Lieblingsausdruck war „ihr Kacker“. Deshalb hatte er bei uns natürlich genau diesen Spitznamen.
18. Die Försterei Kruse. Hier lebte und arbeitete der Bobelwitzer Revierförster Berthold Kruse.
19.-23. Siedlungshäuser. Hier standen fünf Siedlungshäuser, in denen die Familien Plewa, Neumann, Fechner, Radies und Sauer lebten. Herr Plewa war der Ortsgruppenleiter der NSDAP.
24. Der Bahnhof Bobelwitz. Sein Obergeschoß wurde von der Familie Lehmann bewohnt.,
Bobelwitz - Karte 1944