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Ein Bollerwagen kehrt zurück Foto und Text: Leonhard v. Kalckreuth Wir schreiben den Juni 1945. Wie alle anderen Bewohner des kleinen Städtchens muß auch die Familie Grunwald Brätz verlassen. Man gestattet ihr gerade noch, ein paar wenige Habseligkeiten auf einen Bollerwagen zu packen. Mit diesem „Kleintransporter“ erreichen Grunwalds die Oder, schaffen es irgendwo, den Fluß zu überqueren und ziehen weiter nach Berlin, wo man fürs Erste zur Ruhe kommt. Eine Trennung vom Bollerwagen kommt gar nicht in Betracht, wer weiß, wie viele wertvolle Dienste er der Familie in den schweren Nachkriegsjahren noch geleistet hat. Irgendwann findet das Fahrzeug seinen Ruheplatz im Keller der Wohnung von Erika Grunwald in Berlin-Alttegel; dort überdauert es die Jahrzehnte, bis die Eigentümerin altershalber in ein Berliner Altersheim umzieht. Wohin nun mit dem Bollerwagen? Im Heim gibt es keinen Platz für ihn. Die Betreuerin von Erika Grunwald fragt an, ob die Heimatstube des HKr Meseritz in der Wewelsburg bei Paderborn nicht Interesse an dem Gegenstand hätte. Nun befindet sich diese Heimatstube aber gerade in Auflösung, weil sie schon seit Jahren keinen Besuch mehr verzeichnet und der Kreis Paderborn gute Verwendung für die Ausstellungsfläche hat. Also weitersuchen! Was niemand für möglich gehalten hätte: Das Museum Meseritz ist interessiert daran, den Bollerwagen zu einem Dauer-Exponat zu machen und schafft es irgendwie, einen kostengünstigen Transport nach Meseritz zu bewerkstelligen. So schließt sich nach 72 Jahren ein Kreis, weil man in Polen souverän genug ist, darzustellen, auf welch jammervolle Weise die nicht schon vor der Roten Armee geflüchteten Heimatfreunde im Sommer 45 ihre Heimat verlassen mußten. Die Zeit heilt viele Wunden ... |