|
Aus der polnischen Presse Prof. Dr. Malgorzata Czabanska-Rosada - Korrespondenz und Übersetzung Bilder: Gazeta Lubuska Birkenhorst / Swidwowiec Liebe überwand den Krieg Im September 1939 kämpfte Franciszek Szczepanski bei Strykowo gegen die Deutschen. Dann geriet er nach Birkenhorst, dem heutigen Swidwowiec bei Tirschtiegel. Er verliebte sich in eine Deutsche, obwohl diese Liebe in den Kriegsjahren verboten war. Über die Romanze der deutschen Hoferbin Elle Sperling und des polnischen Zwangsarbeiters erzählt ihr Sohn Henryk, der seit elf Jahren Gemeindevorsteher im kleinem Birkenhorst bei Tirschtiegel ist. „Der Krieg war keine gute Zeit für ein Liebesverhältnis zwischen einer Deutschen und einem Polen. Hätte man das Verhältnis der beiden entdeckt, hätte man meinen Vater aufgehängt und meine Mutter ins KZ schicken“. Elle Sperling ist 1989 gestorben. Für den Gemeindevorsteher von Birkenhorst ist sie einfach Elzbieta Szczepanska. Seine Mutter. Wie war sie? „Eine zierliche Brünette. Ruhig, still und geduldig. Einfach ein Engel“, erinnert sich Henryks Vater Franciszek, der bald 94 wird. Sie lernten sich 1943 kennen. Elle war Tochter der Familie Lübitz, den Eigentümer von Gut Birkenhorst. Sie war gerade Witwe geworden, ihr Mann irgendwo in der Ostfront gefallen. Mit ihm hatte sie den Sohn Siegfried, mit dem sie bei ihren Eltern wohnte. Franciszek stammte aus Zurawiczki bei Przeworsk. In das Gut der Familie Lübitz kam er als Zwangsarbeiter. Er versorgte das Vieh und arbeitete auf im Feld. Und er verliebte sich in die Hoferbin. Und sie erwiderte seine Liebe. Die Liebe erblühte im Frühling 1944 auf, als an der Obra Flieder blühte. Sie lebten ihre Leidenschaft heimlich - im Schatten dichtbelaubter Bäume, im Strohschober. „Irgendwie hat der alte Lübitz vor Neujahr erraten, daß wir uns lieben. Elle war damals schon seit zwei Monaten schwanger. Er war wütend, hat uns beide geschlagen und geschimpft. Das konnte ich nicht ertragen und bedeutete ihm, er solle schweigen; denn vom Osten kam der Iwan und die Zeit der deutschen Herrschaft ging langsam zu Ende. Und er wurde still“, erzählt Franciszek. In der zweiten Januarhälfte 1945 konnte man schon die sowjetische Artillerie hören. Wehrmachtsoldaten besetzten die alte polnisch - deutsche Grenze von Tirschtiegel bis Betsche und versicherten die Bevölkerung, daß der Iwan deutschen Boden nicht betreten wird. Sie postierten 5 Geschütze, die die Russen aufhalten sollten, an der Straße. Unterdessen wurde Birkenhorst von einer Welle von Flüchtlinge aus Posen überflutet. Sie schauten angstvoll zurück und berichteten über die Bestialität der Rotarmisten. Am 28 Januar war das Dorf schon leer. Alle Einwohner flüchteten in die Evakuierungsräume. Franciszek arbeitete damals bei deutschen Bauern im benachbarten Dürrlettel. „Elle kam zu mir mit dem Fahrrad. Sie sagte, daß ihre Familie nach Hochwalde bei Meseritz geht, von wo aus sie per Zug nach Frankfurt / Oder evakuiert werden sollte. Daraufhin sagte ich ihr, sie solle in Hochwalde bleiben und auf mich warten“, erinnert sich Franciszek. Am frühen Morgen des 29. Januar fuhren Panzer mit roten Sternen durch das Dorf. Szczepanski bestieg sein Fahrrad und fuhr den russischen Panzern in Richtung Westen nach. In Hochwalde wartete Elle mit ihrem Sohn Siegfried auf ihn. Sie kehrten dann mit Bravour nach Birkenhorst zurück und zwar mit einer Kutsche, die von deutschen Flüchtlingen stehengelassen worden war. „Ein paar Male begegnteten wir den Russen, die uns auch einmal anhielten. Ich konnte sehr gut Russisch und sagte immer, daß wir Polen sind und von der Zwangsarbeit nach Hause zurückkehren“. Die Verlobten kehrten heim in Elles Hof. Auch ein Teil der deutschen Einwohner kehrte zurück, was für die meisten fatal endete. Im Dorf ereigneten sich grauenhafte Dinge. Betrunkene russische Soldaten vergewaltigten massenhaft deutsche Frauen, wobei sie weder deren Alter noch ihr Aussehen berücksichtigten. Die Vergewaltigungen fanden oft in Anwesenheit der Väter, Ehemänner und Brüder statt, die bald erschossen wurden. Ein paar deutsche Familien aus den benachbarten Dörfchen begingen Selbstmord, der Rest ging in den Westen. Elle jedoch blieb, sie war schon mit Franciszek verheiratet. Das war die erste Trauung in der Nachkriegsgeschichte des Dorfes. Es gab jedoch kein rauschendes Hochzeitsfest mit Tanz und Musik, sondern nur etwas Schnaps und Konserven. Die Trauung war ja doch nur eine standesamtliche, weil die Braut damals noch evangelisch war. „Im Sommer wurde das Dorf von Vertriebenen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten besiedelt. Ich half ihnen, verschiedene amtliche Formalitäten zu erledigen. Und so verwandelte sich Birkenhorst in Swidwowiec“, erinnert sich der erste Nachkriegs- Gemeidevorsteher. Im Juli 1945 bekam das junge Paar eine Tochter, die einige Monate später starb. „Trotz Hitler und Stalin nahm die Geschichte ein glückliches Ende. Die Liebe meiner Eltern war stärker als der lodernde Krieg“, erzählt Henryk Szczepanski, der anderthalb Jahre nach Kriegsende zur Welt kam. Neubentschen / Zbaszynek Karol Wojtyla paddelt auf der Obra Das einzigartige Denkmal wurde im Mai in Neubentschen geweiht. Es ist die bisher einzige Skulptur in Polen, wo hunderte Denkmäler von Papst Johannes Paul II. stehen, die ihn in einem Paddelboot darstellt. Sie erinnert an die Zeit, als der spätere Papst Bischof von Krakau war, im Juni 1960 mit Theologiestudenten gemeinsam eine Kanuwanderschaft an der Obra unternahm und in Neubentschen für drei Tage biwakierte. Die Gruppe lagerte seinerzeit auf der Wiese von Czeslawa Pakula an der Miodowa-Strasse. An den Aufenhalt erinnert eine von zwei am Denkmalsockel angebrachten Tafeln. Die andere informiert über die Großzügigkeit der Spender, durch die das Denkmal enstehen konnte. Die Geldsammelaktion wurde von Andrzej Wilkonski und dem von ihm ins Leben gerufenen Denkmalkommitee initiiert. Die Skulptur wiegt 750 kg und kostete 50 000 Euro. Ihre Aufstellung im Mai besorgte eine Firma aus Schrimm bei Posen. Die Idee stammte von Rafal Suchorski, dem vorherigen Bürgermeister, der damit erreichen wollte, daß die bischöfliche Kanuwanderschaft im Gedächtnis der Menschen haften bleibt. Die am See entlangführende Straße erhielt den Namen des Papstes. Schöpfer der Figur ist der Posener Künstler Jerzy Sobocinski, der leider kurz vor ihrer Einweihung starb. Das Denkmal zeigt den im Paddelboot sitzenden Wojtyla, der das Paddel beiseite gelegt hat und in die Bibel vertieft ist. Die gesamte Komposition, Gestalt und Paddelboot, wurde im Maßstab 1:1 gefertigt und nahe dem Ufer auf einem steinernen Steg aufgestellt. Außerdem befindet sich im Rücken der Skulptur ein Springbrunnen in der Flußmitte. Das ganze Werk sieht wunderschön aus, weil es durch Bäume auf dem gegenüberliegenden Ufer einen natürlichen Hintergrund hat. Was auch wichtig ist: das Werk gehört zu den sogenannten Tastskulpturen, man kann es also betasten. Im Paddelboot befindet sich auch eine Bank, man kann also einsteigen und sich mit dem bischöflichen Karol Wojtyla fotografieren lassen. An der Einweihung nahm übrigens auch der Posener Erzbischof teil. Meseritz /Miedzyrzecz Ein Meseritzer hat eine Muskete ausgegraben Bei Kunersdorf wurde eine alte Muskete von Tadeusz Siecz aus Meseritz ausgegraben. Sie wird in die Ausstellung von Militaria in Pniewo westlich Kalau aufgenommen. Nahe Kunersdorf fand 1759 eine Schlacht des preußischen Heeres unter Friedrich dem Großen gegen die vereinigte Streitmacht der Österreicher und Russen unter dem Oberbehl des Feldmarschalls Saltykow statt. Die Preussen verloren die Schlacht, ihre Gegner nutzten den Sieg aber nicht wirklich aus. Die von Tadeusz Siecz ausgegrabene Muskete weist ein Alter von mindestens 250 Jahren auf, das läßt sich aus dem großen Kaliber und der Machart des Zündschlosses schließen. Endlich hat die Öffentlichkeit wieder Zugang zur mittelalterlichen Burg 5 Jahren lang war die Burg wegen Baufälligkeit für das Publikum gesperrt. Zuerst war eine neue Brücke über den Graben gebaut worden, danach aber begannen die alten Mauern einzufallen. Ein Teil der Mauer wurde restauriert, der andere wartet darauf noch und wird inzwischen mit Balken abgestützt. „Die Burg erfordert noch umfangreiche Renovierungsarbeiten, wir haben uns gleichwohl entschlossen, sie wieder für Besucher zu öffnen“, sagt Joanna Patorska, Direktorin des Meseritzer Museums. Die im 14. Jh.errichtete Burg ist die bedeutendste Sehenswürdigkeit der Stadt. Die Musikschule bringt ein Gitarrenensemble hervor Unter der Anleitung ihres Lehrers und Betreuers Zdzislaw Musial haben Musikbegeisterte ein Quartett gebildet. Sie musizieren erst seit kurzem gemeinsam; ein Konzert haben sie noch nicht gegeben, obwohl jeder von ihnen als Solist schon Bühnenerfahrung gesammelt hat. Es besteht die Absicht, das erste Konzert in der Adventszeit zu geben. Glembuchsee verliert Wasser Der Tiefe See / Glebokie, ein beliebtes Badegewässer nördlich der Stadt trocknet mit fortschreitendem Tempo aus. In den vergangenen 5 Jahren sei der Wasserspiegel um 1m gesunken, 40 cm davon allein seit diesem Sommer. Anwohner führen die Entwicklung auf unterlassene Meliorationsmaßnahmen und den Bau der großen Umgehungsstraße zurück. Regenwurmlager Eine Kirchengemeinde hat sich gebildet Seit August hat der Ort seine eigene Kirche. Sie wurde am 2. August gegründet und untersteht dem Betscher Dekanat. Früher gehörte der Ort zur Kirchengemeinde Kalau. Allerdings hatten die Einwohner auch schon vor August die Möglichkeit zu gemeinsamem Gebet, nachdem sie einen Raum im Ort zu einer Kapelle umgestaltet hatten. Dieser Raum dient nun als Pfarrkirche. Der Pfarrer heißt Jacek Blazkiewicz. Obwohl er nicht aus dieser Gegend stammt, begeistert er sich für das herrliche Dorf und die Umgebung und sagt, er lebe jetzt im Paradies. Die Menschen hier seien so herzlich. Gleich im August beging die junge Kirchengemeinde ein Kirchweihfest (Kirmes) mit dem Ziel des besseren Kennenlernens untereinander. Natürlich kannten die Dorfbewohner einander schon ganz gut, sie wollten aber ihren neuen Pfarrer näher kennenlernen und er sie! Die neue Kirchengemeinde ist die jüngste in der Diözese. Sie umfaßt nur das Dorf, dessen Einwohnerzahl 670 beträgt. Im Sommer verdoppelt sich diese Zahl, weil viele Häuser im Dorf bzw. Wohnungen in diesen Häusern von Menschen aus verschiedenen Regionen Polens, vor allem aus Schlesien, als Ferienwohnungen erworben wurden. Im Dorf befindet sich auch ein der Caritas gehörendes Haus, in dem der Pfarrer ein Jugendzentrum einrichten möchte. Inzwischen wurde er zum Direktor dieser Einrichtung berufen. Der Bau ist allerdings in miserablem Zustand, weshalb er zunächst renoviert werden muß. Das hierfür benötigte Geld will der junge Pfarrer von Sponsoren, z.T. aber auch von der EU bekommen. Er ist energiegeladen und hat viele Zukunftspläne. Als erstes organisierte er im September einen Ausflug in die Umgebung. Tirschtiegel / Trzciel Neuer Sportplatz geschaffen Der neue Sportplatz erfreut die Tirschtiegeler Jugend. Er ist ganz modern, mit Kunstrasen belegt und damit geeignet für Fußball, Volleyball, Basketball und Tennis. Noch vor dem Winter werden Flutlicht und Überwachungskameras installiert und im Frühjahr Zuschauertribünen hinzukommen. Der finanzielle Aufwand für die Gemeinde betrug 100 000 Euro. Dokumentation der Tirschtiegeler Natur Vor kurzem erschien das Buch „Natur der Gemeinde Tirschtiegel“, verfaßt vom Natur- und Regionalforscher Andrzej Chmielewski aus Meseritz. Es ist die erste je herausgegebene Beschreibung der Natur des Ortes. Auf über sechzig Seiten beschreibt der Autor die Fauna und Flora der Seen, Naturschutzgebiete, Parkanlagen und Landschaftsschutzgebiete im Gemeindegebiet. Das Werk entstand im Auftrag der örtlichen Behörde und ist durch Landkarten, Schaubilder und Fotos illustriert. Bei seiner Entstehung halfen Forstleute, Angler und andere Naturforscher dem Autor. Chmielewski hat schon einige Führer durch das Meseritzer Land publiziert, so „Natur der Gemeinde Meseritz“, „Anglerführer durch Meseritz“, „Mit dem Fahrrad durch Meseritz“ usw. Neuerdings arbeitet Chmielewski an einem Buch über den Einmarsch der Roten Armee in Meseritz, es soll nächstes Jahr herauskommen. Das Folkloreensemble „Obra“ wirbt für Tirschtiegel Das Ensemble entstand vor 12 Jahren und ist seithereine Visitenkarte der Gemeinde und ihrer Folklore. Das Repertoire umfaßt Volkslieder und Tänze, aber auch Heimatlieder, Unterhaltungsmusik und eigene Kompositionen, die das alltägliche Gemeindeleben zum Gegenstand haben, darunter die inoffizielle Hymne des Ortes. Die Musiker berichten, daß sie sowohl zum Tanz aufspielen wie sie auch zum Gebet des Rosenkranzes spielen und singen können. Ihre Auftritte haben sie auf Jahrmärkten, Erntefesten, Hochzeiten usw. Mit EU-Geld renoviert der Pfarrer die Tirschtiegeler Kirche Arbeiter einer Neutomischler Baufirma flitzen auf dem Dach hin und her. Der Pfarrer verspricht, daß das Auswechseln der Dachziegel und rinnen erst der Anfang der ersten Renovierung des Bauwerks seit siebzig Jahren ist. Als es im Frühjahr regnete lief das Wasser wegen kaputter Dachziegel die Wände hinunter. „Dies ist jetzt aber schon Vergangenheit, bald haben wir ein nagelneues Dach“, sagt Pfarrer Marian Kot von der katholischen Kirchengemeinde. Er arbeitet gemeinsam mit den Bauleuten. „Mit dem Dach haben wir angefangen. Dann wollen wir die Fenster und den Dachboden renovieren. Wir wollen auch die elektrischen Leitungen austauschen und am Turm fehlende Ziegel ergänzen“, erzählt er. Tirschtiegel ist ein kleines und ziemlich armes Städtchen, sein größter Reichtum sind die umliegenden Wälder. Woher nimmt die Gemeinde also das Geld für ein so großes Bauvorhaben? „Es ist das Verdienst der Pfarrgemeinde, die bei der EU einen Antrag für Zuschüsse gestellt hat. Es hat sich gelohnt. Vor kurzem wurde ein Vertrag zwischen der Kirchengemeinde und dem Starosten unterzeichnet“, freut sich Pfarrer Kot. Vom Starosten soll die Pfarrgemeinde 30 000 Euro bekommen. Dies ist zwar viel, aber die Gesamtkosten für die Renovierung werden auf 90 000 Euro geschätzt. „In der Kirche gibt es viel zu tun. Außer den Dacharbeiten muß auch noch der Fußboden ausgetauscht werden“, sagt der Priester. Er bekommt aber kräftige Unterstützung durch die Bürger und die Behörden. Bürgermeister Jaroslaw Kaczmarek und der Stadtrat bewilligten 3.000 Euro. Nächstes Jahr soll es noch mehr Geld von der Verwaltung geben. Immerhin ist die Kirche eine historische Sehenswürdigkeit des Städtchens. Pfarrer Kot amtiert erst seit vier Jahren in Tirschtiegel, gehört jedoch zu den bekanntesten Persönlichkeiten der Gemeinde. Unser Pfarrer hat immer neue Ideen und alles was er plant wird auch bald wahr“, sagen seine Pfarrkinder einstimmig. Bauchwitz / Bukówiec Die Kinder warten auf einen neuen Spielplatz Kinder aus dem Bauchwitzer Kindergarten träumen vom bunten Karussell und einer Rutschbahn. Zur Zeit müssen sie sich mit alten und gefährlichen Metallschaukeln begnügen, weil ihre Eltern die Behörde seit Jahren vergeblich um die Errichtung eines ordentlichen Spielplatzes bitten. Auf dem Hof des Kindergartens stehen nur Schaukeln. Die Beine bestehen aus Metallrohren, die Farbschicht ist abgekratzt. Man kann nur staunen, daß sie noch nicht demontiert (und als Altmetall verkauft) worden sind. Wie leicht kann hier ein Unfall passieren! Außer den Schaukeln gibt es keine anderen Spielgeräte im Freien mehr kein Karussell, keine Rutschbahn, keine Kletterleiter oder Holzhäuschen wie auf Spielplätzen in Meseritz. „Die Stadtbehörde kümmert sich in keiner Weise um Dorfkinder“, beschweren sich die Eltern. Die Bauchwitzer Kleinen spielen auch bei schönem Wetter drinnen; der Garten ist keine Attraktion und auf den Schaukeln können jeweils nur sechs Kinder gleichzeitig spielen. Dabei wird der Kindergarten von 25 Kindern besucht. Für Spiel- und Sportplätze sind die Gemeindebehörden verantwortlich, die aber kein Interesse an Bauchwitz zu haben scheinen. Petitionen und Anfragen, die von Eltern gestellt wurden, blieben bis jetzt unbeantwortet. Bauchwitz ist das größte Dorf in der Gemeinde Meseritz. Es hat 850 Einwohner, davon 60 Kinder im Vorschulalter. Vom neuen Spielplatz wird seit Jahren gesprochen, manche Kleinkinder sind inzwischen schon groß geworden. Betsche / Pszczew In Betsche wurden Verbrecher geschult In der jüdischen Schule in Betsche wurden Einbrecher und Diebe aus Preußen ausgebildet. Ein Forstwirt kam der Sache auf die Spur. Die jüdische Schule wurde zu Anfang des 19. Jhs. gegründet. Sie war etwa 100 Jahre tätig. Betsche war damals eine Stadt und ein Dutzend ihrer Einwohner waren Juden. „Unter dem Deckmantel der Schule, hebräisch „jeshiwa“ genannt, verbarg sich eine Akademie für Lumpengesindel. Ihre begabtesten Absolventen überfielen Banken, plünderten Gutshöfe und Häuser von Industriellen. Die weniger Begabten lebten von gewöhnlichem Raub und Diebstahl“, erzählt der Forstwirt Jaroslaw Szalata, der sich für die Geschichte von Betsche interessiert und eine Menge von Informationen über diese merkwürdige Ausbildungsstätte gesammelt hat. Eine Fundgrube zu diesem Thema ist das „Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Posen“, ein in Deutsch und Polnisch gedrucktes Mitteilungsorgan. Helden der Rubriken „Steckbrief“ und „Liste mancher Verbrecher“ waren oft lokale Einbrecher und Diebe. Wie z.B. Daniel Simon, besser bekannt als Dawid Pinkus. Oder Abraham Danciger, der durch den frechen Überfall auf die Kasse des Herrn v. Kalckreuth berühmt wurde. Das Amtsblatt gibt folgende Personenbeschreibung des Verbrechers: „…Zähne gesund, längliches Gesicht, Gesichtsfarbe gesund, dem Trunke ergeben“. „Betsche hatte damals einen ganz schlechten Ruf. Die preußische Presse berichtete mit Entsetzen, daß sogar der Nachtwächter im gestohlenen Schafspelz herumstolzierte“, erzählt Szalata. Die Schule lag in der heutigen Birnbaumer Straße am nördlichen Ausgang der Stadt. Heute gibt es das Haus nicht mehr. „Wahrscheinlich war es durch einen unterirdischen Tunnel mit dem Sägewerk verbunden, durch den im Fall einer Polizeikontrolle die Flucht möglich war. Die Ausbildung begann mit einfachem Taschendiebstahl. Dann lernte man, mit dem Dietrich zu arbeiten. Die Besten lernten das Geheimnis, wie man Safes knackt“, erzählt der Forstwirt. Im Unterrichtsprogramm der „Akademie“ standen auch finanzielle Betrügereien und verschiedene Kniffs, die für Berufsverbrecher nützlich waren. Ein Patenttrick aus Betsche war, daß man Pferde mit umgedrehten Hufeisen beschlagen hat. Dank dieser Lösung konnten Verfolger in die Irre geführt werden. In der Akademie wurden auch Dietriche und andere zum Einbruch geeignete Werkzeuge angefertigt. In seinen Tagebüchern erinnert der schon verstorbene Franciszek Golz sich, daß die in Betsche hergestellten Diebeswerkzeuge sogar nach Lateinamerika exportiert wurden! Ein auf Jahrmärkten tätiger Dieb war Selig Levi. Nach der im Amtsblatt gegebenen Personenbeschreibung war er „etwa 24 Jahre alt, sein Haar blond und gelockt, das Gesicht fröhlich“. Er ging bei der Bande von Mausche Lesb, alias Schwarzer, in die Lehre. Nachdem die Bande zerschlagen war, floh Levi nach Oberschlesien. Einer der bekanntesten Absolventen der Betscher Akademie war Mozes Berhardt, Stiefsohn des Betscher Diebes Natan Stahl, bekannt durch den Beinamen Langer Jokuf. Er wurde durch Überfälle auf die Stadtkassen von Bärwalde und Neustadt bekannt. Als ihm die Verhaftung drohte ließ er sich in Meseritz einen Paß machen und verschwand für immer. Obelisk für Napoleon’s Soldaten Am westlichen Stadtrand, neben der Straße nach Meseritz, wurde ein Obelisk mit einer Tafel, gewidmet dort beerdigten französischen Soldaten, aufgestellt. Ende Februar 1813 hatten an dieser Stelle Kosaken des Atamans Platow eine Abteilung französischen Militärs, die auf dem Rückzug von Moskau war, niedergemacht. Einheimische beerdigten die Franzosen in einem Massengrab. Später war darüber noch eine kleine Kapelle errichtet worden. Den Obelisk stiftete die Gemeindeverwaltung, die Idee dazu stammt von den Mitgliedern des Vereins „Freunde von Betsche“. Die Leiterin des Betscher Kulturzentrums, Wanda Zagun, möchte dort noch 2 Skulpturen aufstellen, die im vergangenen Sommer während der Betscher „Künstlerwerkstätte“ entstanden und die thematisch auf den Krieg Napoleon’s Bezug nehmen.Eine Figur stellt Napoleon, die andere einen französischen Soldaten dar. EU finanziert Zusatzunterricht Die Betscher Grundschule erhielt 70 000 Euro für den Zusatzunterricht. Das sind mehr als 200 Euro pro Schüler. Der freigebige Spender ist der Europäische Sozialfonds. Zu verdanken ist der Zuschuß den Lehrern, die ein entsprechendes Programm vorbereitet und den Antrag gestellt haben. „Dank dieser Gelder werden unsere Schüler das ganze Schuljahr hindurch ihre Begabungen und Interessen entwickeln können. Ähnliche Programme haben wir auch schon in den vergangenen Jahren realisiert. Mit Erfolg“, sagt Halina Banaszkiewicz, die Schuldirektorin. Im Rahmen der „Fertigkeitsakademie schulen die Jugendlichen ihr Deutsch und Englisch, erhalten Schauspielunterricht und nehmen an Nachhilfestunden teil. „Wir fahren auch in die Schwimmhalle, vorläufig noch nach Schwiebus, ab Januar wird man aber auch schon in Meseritz schwimmen können“, erzählen die Schüler. An dem Zusatzprogramm nehmen fast alle Schüler teil. Manche haben sich sogar für mehrere Kurse eingeschrieben. B i r n b a u m /Miedzychód Mittel für die Entwicklung des Tourismus werden bereitgestellt Jacek Kaczmarek leitet die „Gesellschaft Netze-Urwald“ in Birnbaum, die demnächst 19 000 Euro erhalten soll. Woher kommt das Geld und wofür soll es eingesetzt werden? Die Mittel stammen aus dem EU-Projekt LIDER und können von denjenigen Gemeinden, die Mitglied der „Gesellschaft Netze-Urwald“ sind, genutzt werden. Diese Gemeinden haben sämtlich einen Bezug zum Netze-Urwald. Die Gesellschaft ist seit drei Jahren aktiv und erhält zum ersten Mal einen Zuschuß in dieser Größenordnung. Damit werden verschiedene touristische Projekte finanziert. Z.B. plant Jacek Kaczmarek das Anlagen von Radwege und Bootsstaionen sowie das Rehabilitieren von Objekten, in denen Kulturräume, Übernachtungsmöglichkeiten sowie Museen entstehen können. Hierbei handelt es sich um historische Mühlen, Guts- und Forsthäuser, die nach Renovierung zu touristischen Attraktionen werden könnten. Zum Jahresende sollen Wettbewerbe für die Realisierung konkreter Aufgaben ausgeschrieben werden. Jeder hat die Chance einen Betrag zu erhalten Vereine, lokale Selbstverwaltungen, Privatpersonen sowie Inhaber kleiner Firmen in Dörfern. Damit jedermann ausreichende Informationen über das Programm erhält, beabsichtigt die Gesellschaft eine Aufklärungskampagne und Schulungen, die von lokalen Medien unterstützt werden. Die Wölfe kehren in den Netze-Urwald zurück Letztens wurden die Raubtiere zwischen Birnbaum und Zirke gesichtet. Nach 22 Jahren sind sie dorthin zurückgekehrt. Die Forstleute sagen, daß sie keine Gefahr für Menschen bilden. „Es waren zwei junge Wölfe und ein Wolfsrüde. Sie wurden von einer Wölfin begleitet. Wahrscheinlich haben sie dort einen Bau“, sagt Piotr Bielanowski, Chef der Oberförsterei Birnbaum. Die Forstleute sagen, daß die Raubtiere keine Gefahr für den Menschen darstellen. Ihre Rückkehr löst Freude aus. „In unseren Wäldern erfüllen sie die Funktion von Leichengräbern. Ihnen fallen vor allem kranke Tiere zum Opfer. Sie regulieren die Population von Waldschädlingen wie Rehen, die Baumstämme und Baumtriebe zerfressen, auf natürliche Art“, erklärt man in der Oberförsterei. „Seit 70 Jahren hat man in Europa keinen Fall eines Angriffs eines Wolfes auf den Menschen mehr registriert. Viel gefährlicher sind z.B. Bären“, erklärt der Naturforscher Dr. Tomasz Schubert aus Betsche. Der letzte Wolf wurde am 25. August 1985 bei Schwerin erlegt. Seit 11 Jahren stehen Wölfe in Polen unter Naturschutz. Die Gesamtpopulation in Polen liegt heute bei 500 bis 700. In den letzten Jahren sah man sie in der Umgebung von Landsberg und kürzlich bei Betsche, Tirschtiegel und Meseritz. Im Betscher Landschaftsschutzgebiet sind sie allerdings noch nicht wieder heimisch. Dieses Gebiet durchstreifen sie nur. Es sind Wandertiere, die imstande sind, in einer Nacht viele Kilometer zurückzulegen. Aus bei Birnbaum gelagertem Müll wird Treibstoff gewonnen Die Raffinerie wird der Müllverwertungsanlage in Groß Münche angegliedert und soll zu Anfang des kommenden Jahres den Betrieb aufnehmen. Ab Dezember wird aus Müll gewonnenes Methangas den Betrieb beheizen. Das Erzeugen von Treibstoff aus Kommunalabfällen ist eine Idee des luxemburgischen Unternehmers Roger Mantulet, dessen Firma Clean City vor einigen Jahren den Müllverarbeitungsbetrieb in Groß Münche baute. Die Technologie wurde in unserem Betrieb in Frankreich getestet. Im kommenden Jahr werden wir hier bei Birnbaum eine ähnliche Anlage in Betrieb nehmen“, sagt der Inhaber. Nach Trennung und Sortierung wird der Müll in speziellen Maschinen zerkleinert. Dann kommt er in einen Reaktor. Aus dem organischen Teil wird Kunstdünger und aus dem anorganischen Teil ein alternativer Brennstoff für Zementwerke erzeugt“, erklärt Dorota Kaczmarek, die Werksdirektorin. Die erste Maschine ist schon in Betrieb. Es ist eine große Mischmaschine, die pro Stunde 18 Tonnen Müll verarbeitet. An dieser Linie werden noch drei weitere Anlagen installiert. Birnbaum bekommt zwei neue Sportplätze Im Rahmen des Regierungsprogramms „Adler 2012“ wird ein Sportkomplex gebaut. Ende November ist Birnbaum um 2 Sportplätze reicher. Auf diesen kann Fußball, Volleyball, Basketball und Tennis gespielt werden. Die Plätze sind umzäunt und haben Flutlichtanlagen. Zu dem Komplex kommt noch ein Pavillon, in dem sichDuschen und WC's befinden. Die Mitarbeiterinnen der Dorfbibliotheken haben einen Computerkurs absolviert Diese Schulung erfolgte letzten Sommer. Die Damen werden jetzt schneller fertig mit ihrer Arbeit. Obwohl das 21. Jh. schon ziemlich fortgeschritten ist, ist das Bedienen eines Computers für Viele noch ein „Buch mit sieben Siegeln“, vor allem auf den Dörfern. Eine Bibliothek ohne PC und Internetanschluß dürfte schon bald der Vergangenheit angehören. Klein Münche / Mniszki Das Freilichtmuseum in Kl. Münche hat den Wojwodschaftswettbewerb gewonnen Der historische Gutshof hat den ersten Platz in der regionalen Ausscheidung des Wettbewerbs „Attraktives Dorf“ errungen und wird daher die Region Großpolen (Wielkopolska) im Finale auf Landesebene repräsentieren. Bei der Bewertung der Kandidaten wurden solche Investitionen begutachtet, die in den letzten Jahren in ländlichen Gemeinden realisiert und von der EU mitfinanziert wurden. Die Gemeinde Birnbaum hatte das Freilichtmuseum Kl. Münche angemeldet. Das Museum entstand dank EU-Zuschüssen vor drei Jahren. Zur Auswahl standen 18 Projekte, die höchste Bewertung erfuhr die Rehabilitation des Gutshofs in Kl. Münche mit dem dort eingerichteten Freilichtmuseum für aussterbende ländliche Berufe. Seine offizielle Bezeichnung ist „Zentrum der Natur- und Regionalbildung“. Die Gemeinde erhielt 2000 Euro und plant, dafür einen speziellen Brennofen für keramische Erzeugnisse anzuschaffen. Das polnische Fernsehen wird auch einen Dokumentarfilm über Kl. Münche produzieren, der sicher eine Werbung für das Zentrum sein wird. Das Freilichtmuseum entstand im ehemaligen Gutshof der Familie v. Unruh. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dort eine LPG gegründet, die jedoch Anfang der 90er Jahre bankrott ging. Die historischen Objekte standen danach leer und fingen an, zu verfallen. Erst 2006 bereiteten die Gemeindebehörden ein Revitalisierungsprojekt vor. Die Gemeinde bekam 120 000 Euro von der EU, noch einmal soviel kam aus dem Birnbaumer Haushalt. Mit dem Geld wurden landwirtschaftliche Gebäude renoviert und anschließend Werkstätten ländlicher Handwerker rekonstruiert u.a. eines Töpfers, eines Schmieds und eines Schusters. Außerdem wurden viele Werkzeuge zusammengestellt, die man früher auf Bauernhöfen benutzte. In einem Raum wurde ein altes Klassenzimmer eingerichtet, in einem anderen ein Kolonialwarenladen, also ein Geschäft mit den damals als Luxus geltenden Waren wie Kaffee oder Tee. Im Freilichtmuseum werden Jahrmärkte abgehalten, die aussterbende Berufe zum Gegenstand haben. Das Museum hat dem kleinen Dorf neues Leben geschenkt. Manche Bewohner arbeiten direkt im Zentrum, andere schaffen sich einen Zusatzverdienst dadurch, daß sie Touristen eigene handwerkliche Erzeugnisse verkaufen. Das Pflaumenmusfest in Kl. Münche Ende September wurde mit diesem Fest das Ende der zwei Wochen dauernden Pflaumensaison begangen. Hausfrauen aus dem Dorf kochten im Freilichtmuseum aus einer Tonne saftiger und süßer Pflaumen 300 kg schmackhaftes Pflaumenmus. Man zählte zweitausend Besucher, die bei der alten Dorftradition mitmachen und die Delikatesse aus Pflaumen kosten wollten. Manch junge Frau mußte erst einmal lernen, wie man Pflaumenmus zubereitet. Heute kauft man es meistens schön verpackt im Supermarkt und denkt gar nicht mehr daran, wie es hergestellt wird. „Man muß es ständig umrühren, damit nicht ansetzt“, belehren uns erfahrene Hausfrauen. In einem Weidenhäuschen konnte man Gläser mit fertigem Pflaumenmus kaufen, davor bildete sich eine ziemlich lange Schlange. An einem benachbarten wurden Crepes gebraten, die man mit Pflaumenmus gefüllt essen konnte. Bei Musik, Tanz und natürlich den Pflaumen unterhielt man sich bis zum späten Abend. Kähme / Kamionna Die Einwohner können für ihr Dorf werben Man braucht gar nicht ein Vermögen für Alben, Filme oder Marketingtricks auszugeben, um Werbung für einen Ort zu machen. Es reicht einfach, an Traditionen anzuknüpfen. Seit ein paar Jahren veranstaltet man in Kähme Jahrmärkte, die nicht nur die Ortsbewohner anziehen. Angeboten werden regionale Spezialitäten wie Sahnequark oder Kochkäse mit Kümmel. Die kulinarische Tradition wird im Dorf kultiviert, es gibt noch Familien, die das Brot im eigenen Ofen backen. Auch solches Brot kann man auf dem Jahrmarkt kaufen Vollkornbrot, frisch, schmeckt hervorragend mit hausgemachtem Kräuterschmalz und Salzgurken. In zwei Jahren begeht der Ort sein 750. Jubiläum und die Jahrmärkte sind Proben vor dem großen Fest. Kähme gehört zu den schönsten Dörfern der Gemeinde. Zu ihrer Tradition zählen auch „bery“ ein Umzug bunt gekleideter Einwohner, an dessen Spitze in Bärenfelle gekleidete Kinder marschieren. Dieser Umzug wird zweimal jährlich veranstaltet am Aschermittwoch und am vorletzten Samstag im September und ist fast schon zu einem Markenzeichen des Ortes geworden. Presse-Archiv: Mitteilungen aus der poln. Presse III/2009 Mitteilungen aus der poln. Presse II/2009 |