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Aus der polnischen Presse Prof. Dr. Malgorzata Czabanska-Rosada - Korrespondenz und Übersetzung Bilder: Gazeta Lubuska Meseritz /Miedzyrzecz Auf der Spur der Johanniter Hätte der Johanniterorden einen eigenen Staat, würde dieser im Lebuser Ländchen liegen. Hier stellte er nämlich eine Macht dar. An ihn erinnern nicht nur Burgruinen und Ortsnamen, sondern auch Wappenschilder von Ordensbrüdern. Das Meseritzer Museum ist weithin bekannt für die größte Sammlung von Sargportraits, Wappen- und Schrifttafeln Polens, darunter neun Wappenschilder von Johannitern, die an Warthe und Obra saßen. „Es handelt sich um interessante und wertvolle Exponate, die mit der Geschichte der Region verbunden sind“, erzählt Andrzej Kirmiel, der Museumsdirektor. Auf Holztafeln gemalte Wappen und Inschriften waren Johanniterrittern gewidmet, die schon vor Jahrhunderten der „Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens Sankt Johannis vom Spital zu Jerusalem“ angehörten. Sie erschienen hier am Anfang des 14. Jhs. und übernahmen Landgüter des aufgelösten Templerordens. Anfangs war Lagow ihr Sitz, im 15. Jh. verlegten sie ihn nach Sonnenburg östlich Küstrin. Zum Ende des Mittelalters wurde die brandenburgische Balley zu einer Macht. Aus dem Heiligen Land waren sie verdrängt worden und hatten auch die Insel Rhodos verloren; so begründeten sie einen eigenen Kirchenstaat in der Neumark. Neben Sonnenburg und Lagow umfaßte dieses Gebilde auch Zielenzig und Quartschen (nördlich Küstrin). Von den Johannitern angeworbene Siedler meliorierten das Warthebruch, rodeten Wälder, bebauten Felder, legten Wege an, bauten Mühlen und errichteten Siedlungen. Sie waren aber auch wehrhaft. Im Jahr 1520, während des Krieges zwischen dem polnischen Staat und dem Deutschen Ritterorden, stellten sie sich diesem mit Unterstützung brandenburgischer Söldner an die Seite. Anführer ihrer Streitmacht war Wolf von Schönberg, einer der bekanntesten Kondottiere (Söldnerführer) Europas. Die Burg in Meseritz war ihnen im Wege, woraufhin sie sie mit 20 schweren Kanonen beschossen, sie schließlich eroberten und die Verteidiger töteten. Im 16. und 17. Jh. war das Dorf Tempel Gegenstand eines Zwists zwischen dem Meseritzer Kastellan und dem Lagower Komtur (hoher Ordensritter). Die Johanniter hatten den Ort von den Templerrittern übernommen; die Bewohner waren jedoch der Meseritzer Burg gegenüber tributpflichtig, weshalb die Orte Tempel, Burschen, Grochow und Seeren auch „polnische Dörfer“ genannt wurden. Am Stammsitz der Balley in Sonnenburg hatten die Johanniter etwa 1.300 Wappenschilder ihrer Ordensritter gesammelt. Diese Sammlung überstand die Säkularisierung (Anfang des 19. Jhs.) wie auch den Zweiten Weltkrieg. 1975 brannte die Ordensburg ab. Dreizehn Jahre später verkaufte der polnische „Kultus“-Minister die Tafeln für $ 35.000 nach Schweden, wobei der Wert der Sammlung nur 2 Jahre später mit $ 5 Mio beziffert wurde. Heute werden für einzelne Tafeln hunderte, ja tausende Euro verlangt. „Vor 20 Jahren hat man ihren Wert leider falsch eingeschätzt“, sagt Blazej Skazinski vom Denkmalsamt Landsberg. Ein Überbleibsel der Sammlung sind etwa 10 Tafeln, die wegen ihres schlechten Zustands in Polen verblieben waren. Wie Skazinski weiter anmerkt, handelt es sich hierbei nur um eine Leihgabe. „Sie kehren in die Sonnenburger Kirche zurück, sobald dort ein wirksames Alarmsystem installiert ist.“ Die älteste der in Meseritz aufbewahrten Tafeln stammt aus der 1. Hälfte des 17. Jhs.. Sie gehörte Georg Schrentreich, dem 1644 gestorbenen Kommandanten der Festung Küstrin. Die Tafeln kann man im Meseritzer Museum in einer den Johannitern gewidmeten Sonderausstellung betrachten. Diese wird durch ein Modell der Burg Lagow sowie durch Archivaufnahmen von Schloß und Kirche Sonnenburg, Bekleidungsstücke und Waffen von Mönchen ergänzt. Bei einem Teil der Exponate handelt es sich um Leihgaben vom Haus Brandenburg in Fürstenwalde. 1810 wurde der Johanniterorden in Brandenburg aufgelöst, seine Güter übernahm der Staat. Mit den Einnahmen aus dem Weiterverkauf der Güter konnte Preußen die Reparationen an Frankreich nach dem gegen Napoleon verlorenen Krieg bezahlen. 1852 wurde der Orden wiederbelebt, jedoch nur als weltliche Vereinigung. Ihr gehörten zahlreiche Mitglieder der deutschen Aristokratie, des Adels sowie politischer wie wirtschaftlicher Eliten an. Sie widmeten sich der Wohltätigkeit, betrieben Krankenhäuser, Waisenund Altenheime. „Ein Johanniterritter war z. B. Alexander v. Kalckreuth, Herr auf Kurzig, der das Krankenhaus in Schwerin stiftete und unterstützte. Ein Zeugnis des Wirkens der Johanniter ist das Malteserkreuz (identisch mit dem Johanniterkreuz) im Fenster des Hauptgebäudes“, erzählt Andrzej Kirmiel. Die kürzlich eröffnete Ausstellung ist bis Januar zu besichtigen. Für September ist im Museum eine wissenschaftliche Konferenz zu diesem Thema geplant. Wurzeln an der Obra Die Familiengeschichte des Herrn v. Lucke u. Kursko Auf der Suche nach seinen Vorfahren gelangte der 75jährige Deutsche ins Museum Meseritz, wo er Ewa Bronikowska, die Schwester seines Ururgroßvaters, antraf. Um genau zu sein: er begegnete ihrem vor 338 Jahren in sarmatischer Manier angefertigten Sargportrait. Hubertus v. Lucke u. Kursko wurde 1935 in Guhrau (Niederschlesien) geboren. Seine Vorfahren kamen gegen Ende des 17. Jhs. dorthin. Seit über 30 Jahren betreibt er Ahnenforschung, um seine Genealogie zu ermitteln. Dies ähnelt einer Detektiv-Aufgabe, wehten die Winde der Geschichte die Familie doch mal nach Brandenburg, mal nach Großpolen, mal nach Schlesien. Als Hubertus v. Lucke in seinen Ermittlungen bis zum 16. Jh. gelangt war, stellte sich heraus, daß einer seiner Ahnen aus der Neumark in das kleine Dorf Kurzig bei Meseritz gelangt war, woraus der letzte Bestandteil seines Namens resultiert. „Mitte des 16. Jhs. konvertierte die Familie v. Lucke zum lutherischen Glauben, ähnlich wie andere deutsche und polnische Familien aus dieser Gegend. Vorreiter des Protestantismus im Meseritzer Land war die Familie v. Unruh, die im benachbarten Pieske eine der ersten lutherischen Gemeinden in Polen begründete“ , erzählt Andrzej Kirmiel, Direktor des Meseritzer Museums. Hubertus v. Lucke fand seine Vorfahren auf Sargportraits aus der Meseritzer Sammlung. Unbekannte Handwerker bzw. Künstler bildeten Angehörige der Familien v. Unruh, v. Zedlitz, v. Prittwitz und v. Dziembowski ab, mit denen Herrn v. Luckes Ahnen über 200 Jahre lang in eheliche Verbindung traten. „Wir sind mit den meisten großpolnischen, brandenburgischen und schlesischen Magnatenfamilien verwandt. Auch mit den Bronikowskis, die nach uns Besitzer von Kurzig wurden“, erzählt Herr v. Lucke. Einer der Verwandten war Aleksander Bronikowski, Bruder von Ewa Bronikowska, die 1672 im zarten Alter von 10 Jahren starb. Jetzt ist ihr Bildnis ein Schmuckstück der Meseritzer Sammlung. Allerdings sind die Zügel der Fantasie mit dem Portraitisten etwas durchgegangen, hat er das Mädchen doch viel älter als zehnjährig dargestellt. Es trägt ein höfisches Kleid und eine Halskette, ihr Gesicht ist von roten Locken umrahmt. „Das Portrait entstand nach ihrem Tod. Während der Trauerzeit stand es an der Giebelseite ihres Sargs. Heute ist Ewa Bronikowskas Bild als Ikone der polnischen Sargmalerei nach sarmatischer Manier anerkannt. Es reiste durch die ganze Welt, wurde in den größten und berühmtesten Museen gezeigt in London, Mailand, Rom und Paris“, erzählt Ryszard Patorski. Ewa Bronikowska’s Vater und Vorfahr von Hubertus v. Lucke war Zygmunt Bronikowski, der seine Tochter um 26 Jahre überlebte. Sein Portrait zeigt ihn mit einer typisch sarmatischen Frisur. Er war ein tapferer Mann, kämpfte er doch gegen Kosaken, Tataren, Türken und Schweden. Verheiratet war er mit Anna v. Dziembowska. Im Meseritzer Museum befinden sich 40 Sargportraits und etwa 180 Wappen- und Schrifttafeln, die die sarmatischen Trauerriten widerspiegeln. Damit handelt es sich um die größte derartige Sammlung in Polen. Hubertus v. Lucke’s Sohn Albrecht besichtigte sie im Mai und begegnete auf diese Weise an den Museumswänden zum ersten Mal einer großen Anzahl seiner männlichen und weiblichen Vorfahren. „Für mich war es ein hervorragender Weg zum Erforschen meiner Wurzeln“, sagte er. Münzen und eine römische Gemme aus dem Museum werben für die Stadt Eine Gemme aus der Zeit des römischen Kaisers Gordian und vor 55 Jahren in Samst gefundene Münzen werden für die Stadt und ihr Museum werben. „Es war ein wahrer Schatz und eine landesweite Sensation. Beim Bau eines Schafstalls fanden Arbeiter 880 Münzen aus dem 15. und 16. Jh.“, erzählt Ryszard Patorski. Die Münzen wurden in sächsischen, brandenburgischen und polnischen Münzanstalten geprägt. Sie landeten im Museum Meseritz, wo sie jetzt ausgestellt werden und ein Symbol des Museums bilden. Ein weiteres Symbol ist die römische Gemme, die vor 50 Jahren bei archäologischen Ausgrabungen in der Meseritzer Burg gefunden wurde. Sie besteht aus Karneol, einem Halbedelstein. Auf der einen Seite befindet sich das Portrait des Kaisers Gordian III., der von 238 - 244 n.Chr. regierte. Auf der ganzen Welt sind nur 2 Gemmen mit dem Abbild dieses Kaisers erhalten geblieben eine befindet sich in London in den Sammlungen des British Museum, die zweite eben in Meseritz. Auf der Rückseite sind die Gestalten zweier römischer Göttinnen dargestellt der Siegesgöttin Victoria sowie der Glücksgöttin Fortuna. Vor einigen Jahren wurde die Gemme bei einem Einbruch ins Museum gestohlen. Glücklicherweise konnte die Polizei die Diebe nach kurzer Zeit verhaften und die Gemme dem Museum zurückgeben. Museum gibt Vorkriegsansichtskarten in Faksimiledruck heraus Die Serie besteht aus 13 Karten mit Ansichten der Stadt aus der Vorkriegszeit. Es handelt sich um deutsche Ansichtskarten vom Anfang des 20. Jhs. Die Originale stammen aus den Sammlungen des Museums. Sie stellen Gebäude dar, die die Kriegswirren überstanden haben, heute jedoch etwas anders als früher aussehen. Z.B. fehlt das 1919 von Bromberg nach Meseritz verbrachte Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. von Alexander Calandrelli. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat man auch das Gebäude der Freimaurerloge an der ehemaligen Bahnhofstraße abgerissen. Die Ansichtskarten sind im Museum zu beziehen, die Serie kostet 2 Euro. Es wurde auch ein Sonderbriefumschlag herausgebracht. Zuvor war schon eine Ansichtskartenserie mit den gegenwärtigen Ansichten der Stadt erschienen. Die Idee zu diesen Veröffentlichungen stammt von Museumsdirktor Andrzej Kirmiel. „Sie sollen das Interesse lokaler Sammler und solcher Bürger wecken, denen die Stadtgeschichte ein Anliegen ist. Solche Publikationen liegen neuerdings sehr im Trend“, sagt Kirmiel. Er plant schon die Fortsetzung der Herausgabe alter Ansichtskarten mit der Darstellung von Gebäuden, die in der letzten Phase des Krieges bzw. danach vernichtet wurden, wie z.B. das Landratsamt oder das Gymnasium, die beide Ende Januar 1945 in Flammen aufgingen. In der Burg entsteht eine Folterkammer Folterwerkzeuge sollen Touristen anlocken. Kern der Folterkammer sind Folterblöcke und ein Kunststoffskelett, das in einem Metallkäfig baumelt. Der Museumschef plant Inszenierungen von Hexenprozessen, die mit der Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen enden sollen. Die Folterkammer entsteht im Keller der Burgbastei. Es ist die Idee des neuen Museumsdirektors Andrzej Kirmiel. Das „Spanische Bett“ sowie die „Eiserne Jungfrau“ sollen Besuchermagneten werden. „Seit Jahrhunderten sind Menschen von Verbrechen und Strafvollzugsmethoden fasziniert. Folterungen waren einstmals Veranstaltungen, die tausende Neugieriger anlockten. Auch heute erfreuen sich solche Orte und Inszenierungen eines hohen Besucherinteresses. Ein Beispiel hierfür ist das Grünberger Museum, wo Folterwerkzeuge mehr Furore machen als die Weinbauausstellung“, sagt Kirmiel. Vor dem Kellereingang wurden schon Folterblöcke montiert und in einem Metallkäfig im Innenraum baumelt ein Kunststoffskelett, das von einer Schule ausgeliehen wurde. Die Museumsmitarbeiterin Malgorzata Figura betont, daß das Skelett auf großes Interesse des Publikums stößt. Bei den genannten Gegenständen handelt es sich aber nur um die Keimzelle der Folterkammer,die in der nächsten Saison eröffnet wird. Eine solche Kammer befand sich früher in der Burg, hatten doch der königliche Kastellan wie der Starost das Recht auf Anwendung der „Peinlichen Halsgerichtsordnung“, was bedeutete, daß sie Delinquenten zu Folterungen wie zum Tode verurteilen durften. Vor der Hinrichtung mußte der Folterknecht Aussagen vom Verurteilten erzwingen, wozu er u.a. glühende Eisenstangen einsetzte, die er an die Fersen oder an Intimstellen anlegte. Dies war des Henkers Alphabet. Ähnlich wirksam war die „Eiserne Jungfrau“, auch „Nürnberger Jungfrau“ genannt. Hierbei handelt es sich um eine Holzkiste mit den Umrissen eines Menschen, die innen mit Eisenstacheln bestückt ist. „Wir wollen auch Keuschheitsgürtel aus Leder und Metall beschaffen. Während der Kreuzzüge schnallten Ritter ihren Frauen solche Gürtel an; sie sollten eheliche Treue gewährleisten“, erzählt Andrzej Kirmiel. Adelige Verurteilte wurden durch Beil oder Schwert enthauptet, Angehörige des einfachen Volks wurden einfach aufgehängt. Ein Arrestlokal sowie eine weitere Folterkammer befanden sich auch im Rathaus. Geringfügige Vergehen wurden durch die Stadtbehörden geahndet. Bis zum 19. Jh. stand am Rathaus ein Pranger, bei dem auch die Prügelstrafe vollzogen wurde. Meseritz setzt zu einer Informatikrevolution an Die Bewohner werden in Kürze einen freien Internetzugang haben. Vorboten dieser umstürzenden Entwicklung sind 5 hohe Metallpfosten mit Überwachungskameras im Stadtzentrum. Auf diese werden Internettransmitter montiert, dank derer die Betreiber stationärer PCs sowie Laptops nach dem WLAN-Prinzip kostenlos im Internet surfen können. Ausgedacht haben sich dies alles die Stadtväter. Werbung für das Meseritzer Land in Berlin Vertreter des Vereins „Kontakt“ und der Stadtverwaltung Meseritz vertraten die Stadt auf der 25. Internationalen Tourismusbörse in Berlin. Marian Sierpatowski, der Chef der Delegation, hofft auf eine engere Zusammenarbeit mit dem Berliner Bezirk Charlottenburg- Wilmersdorf. Die Meseritzer brachten Prospekte und Bücher über touristische Anziehungspunkte der Stadt, der Region sowie der Wojwodschaft nach Berlin, die sie auf einem eigenen Stand ausstellten. Die deutschen Besucher interessierten sich vor allem für die Bunker des Ostwalls und Erholungsmöglichkeiten an Seen des Lebuser Ländchens. Herr Sierpatowski traf mit Monika Thiemen, der Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf zusammen. Man besprach das Einsetzen deutsch-polnischer Arbeitsgruppen, die an gemeinsamen Projekten des Schulwesens und der Touristik arbeiten werden. „Bisher beruhte unsere Zusammenarbeit auf dem Jugendaustausch. Ich hoffe auf eine Ausdehnung unserer Zusammenarbeit auf weitere Gebiete.“ Meseritzer Bunker „spielen“ in einem Abenteuerfilm mit Befestigungsanlagen des Ostwalls in der Nähe von Pniewo (westlicher OT von Kalau) wurden für ein paar Tage in eine geheime wissenschaftliche Station aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs umgewandelt. Das Labyrinth der unterirdischen Gänge wurde im Drehbuch eines Films über Jugendliche eingesetzt, die zufällig ein sorgsam gehütetes Geheimnis des Dritten Reiches entdeckt haben. Der Film kommt im Herbst 2011 in die Kinos. Der letzte Überlebende von „Maria“ tragisches Schicksal eines Angehörigen der AK (Heimatarmee) aus Meseritz von Dariusz Brozek (Gazeta Lubuska) Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beteiligte Waclaw Bujanowski aus Meseritz sich am Kampf gegen das kommunistische Regime. Im Herbst 1946 wurde er in einem der größten und bekanntesten Prozesse gegen Untergrundkämpfer von einem stalinistischen Gericht zum Tode verurteilt. Im Februar 1947 wurden 10 seiner Kampfgefährten erschossen. Er überlebte. Ich sitze in einem bequemen Sessel im Haus Waclaw Bujanowskis am Ortsrand von Meseritz. Auf dem Tisch liegen Alben mit Familienfotos des Hausherrn. Das erste wurde 1955 angelegt, nachdem er aus dem Gefängnis gekommen war, wo er neun Jahre verbracht hatte. Wie kam er dort hin? Er erzählt mir über den Hintergrund der für ihn so schmerzhaften Ereignisse. In seiner Erzählung verdichten sich tragische Schicksale von Polen, die ihre Waffen nach Kriegsende nicht niederlegten, sondern den Kampf gegen das vom sowjetischen Imperium errichtete System aufnahmen, wie in einer Linse. Diese Geschichte enthält Elemente von Verrat, im Bruderkampf blutig gewordenen Händen, stalinistischen Folterkammern und vorgefertigten Gerichtsurteilen. Bujanowski wurde 1928 in Bujanowo, einem Dorf im heutigen Weißrußland, geboren. Das dortige Gut war seit Jahrhunderten im Besitz seiner Familie. 1944 wurde er „Meldegänger“ in der Wilnaer Gruppe der AK. 1946 ließ er sich in Meseritz nieder. Genauer gesagt: in Grunzig, wo seine Schwester und Schwager schon davor angelangt waren. Dazu, sich nach Meseritz zu begeben, hatte ihn sein Bruder Boleslaw überredet, der ihn in die Formation der Kampfgruppe „Maria“ einreihen wollte. „Maria“ war der Geheimname für diejenige Abteilung des „Polnischen Militärvereins“, die im Raum Meseritz aktiv war. Sie war im Mai 1945 von einer Gruppe von Angehörigen der AK (Heimatarmee) die vor sowjetischen Repressalien aus Biala Podlaska im verloren gegangenen Teil Ostpolens geflohen war, aufgestellt worden. Ihr erster Führer war Leutnant Stanislaw Bogdanowicz alias „Tom“, der nach einigen Monaten nach Danzig ging. Ersetzt wurde er durch Kazimierz Rutkowsky alias „Bary“. Anfang 1946 zählte die Abteilung 90 Mitglieder und ihre Strukturen überzogen den ganzen Kreis Meseritz. Auch Beamte und Angehörige der Polizei waren in ihren Reihen. Ihre Aufgabe war, den von Verhaftung bedrohten AK-Angehörigen beizustehen. Eine wichtige Rolle spielte hier die im Frühjahr 1946 gegründete, aus 7 Personen bestehende operative Gruppe unter dem Befehl von Konstanty Downar alias „Kostek“. Einige Monate später wurden ihr Mitglieder von der Staatsanwaltschaft wegen einiger Räubereien und dreier Morde angeklagt. Opfer der Gruppe „Kostek“ war u.a. der Staatssicherheitsfunktionär Andrzej Antonik, der von Franciszek Slawikowski alias „Karas“ an der Einmündung der Solbener Straße bei Obrawalde erschossen wurde; später wurde hier ein Gedenkstein errichtet, der nach der Wende 1989 als „politisch unberechtigt“ beseitigt wurde. „Kostek“ liquidierte auch 2 Aktivisten der Polnischen Arbeiterpartei, nämlich Feliks Garbacz aus Naßlettel und den Bürgermeister Franciszek Stroisz aus Rogsen. Am Attentat auf Stroisz war auch Waclaw Bujanowski beteiligt. „Vor Dürrlettel begegnete ich 2 Polizisten ... , zuerst geriet ich in Panik und glaubte, es handele sich um eine Falle. Dann nahm ich mich aber zusammen und frug nach dem Weg zur Autobahn. Dies war unsere Parole. Die Polizisten kannten sie, so rauchten wir eine Zigarette. Dann schlossen sich uns noch 2 weitere Männer an. Erst in Rogsen erhielten wir ein Gewehr. Wir sollten das Haus von Stroisz von der Gartenseite absichern. Ich betrat sein Haus nicht und hatte keine Ahnung, was sich dort abspielte“, versichert er heute. Anfang Juni 1946 wurden führende Funktionäre von „Maria“ vom Sicherheitsdienst verhaftet. Sie wurden nachts aus ihren Häusern, Ämtern und Revieren herausgeholt. Die Verhaftungswelle lief durch den ganzen Kreis Meseritz. Die Anklageschrift lag dem Posener Gericht im Oktober 1946 vor. Auf der Anklagebank saßen 36 Einwohner des damaligen Kreises, unter ihnen der damals 18jährige Bujanowski. Der stalinistische Staatsanwalt klagte ihn an, am Versuch eines militärischen Umsturzes beteiligt gewesen zu sein. Waclaw Bujanowski erinnert sich noch heute gut an die unmenschlichen Verhörmethoden. Das Verfahren wurde blitzschnell durchgezogen, schon am 5. Tag fielen die Urteile 12 mal Todesstrafe. Bujanowski stand auf der Liste der zum Tode Verurteilten. „Die Urteile wurden zwar vom Posener Gericht gesprochen, die entsprechende Entscheidung war jedoch bestimmt in Warschau oder Moskau gefallen. Es handelte sich um einen Schauprozeß“, sagt Bujanowski heute. Er ging seinerzeit in Berufung und bekam nach einigen Wochen die Nachricht, daß sein Todesurteil in 15 Jahre Haft umgewandelt worden war. Zehn seiner Kampfgefährten wurden jedoch hingerichtet, Jozef Kmiecik zu lebenslänglich verurteilt. Wo die Gräber seiner Kameraden aus „Maria“ sich befinden, weiß niemand. Die Erschießungen fanden auf dem Posener Flughafen Lawica statt, die Leichen wurden in Gruben verscharrt, ohne Priester, Gebet und Kreuz. „Es war ein Justizmord. Sie mußten sterben; deswegen das Eiltempo des Gerichtsverfahrens“, sagt der Regionalforscher Stefan Cyraniak, der an einem Buch über „Maria“ arbeitet. Waclaw Bujanowskis Bruder, der ihn in „Maria“ eingeführt hatte, wurde zwar verhaftet, dann aber wieder freigelassen. Warum? „Weil er ein Spitzel der Staatssicherheit war“, sagt Waclaw. Seitdem hat er keinen Kontakt mehr zu seinem Bruder. Noch lange nach der Entlassung aus der Haft war Waclaw arbeitslos und lebte von der Unterstützung und Fürsorge durch Nachbarn. Die Aktivitäten von „Maria“ bzw. die Erinnerung daran ist in Meseritz bis heute sehr emotional besetzt und wird kontrovers diskutiert. Manche sagen, es habe sich um eine Verbrecherbande gehandelt, Andere betrachten die Kämpfer als Helden. Kurzig/Kursko Geschichtsliebhaber wollen die Kurziger Drehbrücke wieder in Gang setzen Denkmalsfreunde des Vereins EGOP aus Posen setzen den Maschinenraum unter der Brücke über den Obrakanal bei Kurzig instand. Im Herbst soll die Drehfunktion des seltenen Objekts wieder gegeben sein. Diese Drehbrücke war ein wichtiges Glied im Wassersperrsystem im Vorfeld des Ostwalls. Sie drehte sich, ähnlich wie die Brücke in Altenhof bei Blesen, die Anfang Mai in Gang gesetzt wurde, um ihre Achse. Auch das Objekt in Altenhof verdankt seine Wiederinstandsetzung dem Verein EGOP. Bei der Wiederinbetriebnahme ging es lautstark zu, weil die beteiligten Vereinsmitglieder aus der Gruppe 3 „Bastion Grolman“ die Kampfhandlungen bei der Überquerung der Brücke nachspielten. In Kurzig wurde der Maschinenraum zunächst getrocknet, erst danach konnte an die Reparatur gegangen werden. Viele Teile mußten neu angefertigt werden. Die Kurziger Drehbrücke wird nach ihrer Reparatur zu einer touristischen Attraktion werden. Obergörzig/Gorzyca Sammlung für den Glockenturm Frauen des Ortes taten sich zusammen und gründeten einen Verein. Als erste Aufgabe nahmen sie sich die Renovierung des historischen Glockenturms vor. Sie backen leckere Kuchen, die sonntags verkauft werden; das eingenommene Geld sparen sie für die Renovierung des Glockenturms. Der Holzturm mit einer Glocke steht neben der Fachwerkkirche von 1736. Es ist der einzige derart wertvolle Glockenturm im Bereich der Gemeinde Meseritz, den es noch gibt. Er ist jedoch morsch und die Treppe ist baufällig, weshalb man sie nicht mehr besteigen darf. Als Kosten für das Renovieren werden ca. 25.000 Euro veranschlagt, was einen sehr hohen Betrag darstellt. Das Problem hat inzwischen den Ehrgeiz aller Einwohner angestachelt und nach dem Prinzip „Steter Tropfen höhlt den Stein“ wird Geldschein auf Geldschein gelegt. Die ersten 500 Euro hat man schon beisammen. Aller Anfang ist schwer! Freude über einen neuen Gemeinschaftsraum Im Ort wurde ein Sport- und Erholungszentrum errichtet. Es handelt sich um ein Gemeinschaftszentrum. In einem der Räume wird eine Informatikwerkstatt mit PCs mit Internetanschluß eingerichtet, ein anderer Raum dient Treffen und Veranstaltungen verschiedener Art. Zur Ausstattung gehören WCs, auch für Behinderte. Das Ganze wurde durch eine geräumige Küche mit Kühlschrank und Gasherd ergänzt. Außerdem gibt es dort noch eine Garage für das Einsatzfahrzeug der örtlichen Feuerwehr. Die Kirche hat ein neues Dach bekommen Die Dachkonstruktion befand sich in miserablem Zustand und war baufällig. Bei Regen stand das Presbyterium unter Wasser, durch Löcher im Dach konnte man den Himmel sehen. Die ersten Pläne für eine Restaurierung entstanden schon in den 90er Jahren. Schon damals stellte man fest, daß die Arbeiten kompliziert und teuer werden. Die ganze Dachkonstruktion war beschädigt, manche Elemente waren 400 Jahre alt. Aus Geldmangel unternahm man seinerzeit nichts. Stattdessen stellte der Pfarrer inzwischen einen Antrag auf einen EU-Zuschuß mit dem Erfolg, daß die EU 75% der Finanzierung übernimmt. Den erforderlichen Rest sammelten die Gemeindemitglieder. Die im März begonnenen Arbeiten wurden gerade abgeschlossen. Das neue Dach ist eine Augenweide für die Stadtbewohner. Birnbaum /Miedzychód Ein neuer Reiseführer bringt Birnbaum und Umgebung voran Der neue Reiseführer „Birnbaum-Zirker Seenplatte“ stellt touristische Vorzüge und Erholungsmöglichkeiten des 100-Seen-Landes vor. Sein Autor ist Dr. Wlodzimierz Lecki. Wo z.B. steht das Schloß des berühmten Filmmusikkomponisten und Oscar-Preisträgers Jan Kaczmarek? Wer hat es erbaut? Dies alles erfährt man aus dem neuen Reiseführer. Der Autor ist ein bekannter Regionalforscher und ehemaliger Posener Wojwode. Den ersten Reiseführer durch das Birnbaumer Ländchen brachte Lecki schon vor fast 50 Jahren heraus. Der neue ist topaktuell und berichtet über Unterkunftsmöglichkeiten, lokale Sehenswürdigkeiten, Wander- und Radtourstrecken sowie über bekannte Persönlichkeiten, Kult- und Kulturstätten der Gemeinden des Kreises Birnbaum. Der Autor hat auch die an Wielkopolska angrenzenden Gemeinden Betsche und Prittisch in den Blick genommen. Das Buch hat 308 Seiten und ist mit zahlreichen Landkarten, Zeichnungen und Bildern illustriert. Ein Springbrunnen als Augenweide und Sauerstoffgeber Als Abschluß der Arbeiten zur Verbesserung des Oskar- Tietz-Parks wurde im August ein „schwimmender“ Springbrunnen auf einem Ponton im Küchensee installiert. Der Wasserdurchfluß ist regulierbar und erzeugt alternativ eine 12 m hohe Fontäne oder seitwärts gerichtete Wasserstrahlen. Abends wird er angestrahlt und sieht dann besonders schön aus. Abgesehen von seiner ästhetischen Besonderheit trägt er zur Durchmischung des Wassers bei und verhindert auf diese Weise die Bildung von Algen usw. Mit dieser letzten Maßnahme gelten die Verbesserungsarbeiten am Oskar-Tietz-Park als abge- schlossen. Die Stadtverwaltung hat allerdings schon weitergehende Pläne: zwei Kinderspielplätze, eine neue Allee, ein Rosengarten und eine weitere Bootsstation. Ein wichtiges Dokument kehrt nach Birnbaum zurück Zwei mit der Stadtgeschichte verbundene seltene Exponate fanden ihren Weg ins Birnbaumer Museum. Eines ist der sogenannte Vorzeigebrief des örtlichen Pastors von 1674, den Mitarbeiter des Museums bei einer Internetauktion erwerben konnten. Behutsam präsentiert der Museumsleiter Artur Paczesny ein vergilbtes Blatt aus Büttenpapier mit Wasserzeichen und einem Lacksiegel. Es ist die jüngste Anschaffung. Das Dokument wurde am 26. Februar 1674 von Johann Gottfried Gryphius unterzeichnet, der Pastor der lutherischen Gemeinde in Birnbaum war. Es ist ein sogenannter Vorzeigebrief, ausgestellt für den Kaufmann Mattheus Bürger aus Birnbaum. Sein Name klingt merkwürdig, bedeutet er doch, daß er als Kaufmann dem Bürgerstand angehörte. „In einem anderen, 10 Jahre früher ausgestellten Dokument kommt dieser „Bürger“ als Schneider vor, also als Vertreter eines niedrigeren Standes. Wahrscheinlich hat er in der Zwischenzeit mehr Geld verdient und stieg in der gesellschaftlichen Hierarchie in die Reihen der örtlichen Kaufleute empor“, erklärt Paczesny. Das Dokument ist ein Empfehlungsschreiben. Der Pastor bestätigt darin, daß es sich bei dem Vorzeiger um eine zuverlässige Person handelt. Paczesny meint, daß in jener Zeit Kaufleute auf ihren Handelsreisen solche Dokumente benutzten. Heute ist dies eine Seltenheit. Das Museum erwarb den Geleitbrief für 100 Euro. Bei der zweiten Anschaffung handelt es sich um eine handgemalte Landkarte des Kreises aus dem Jahr 1937. Birnbaum lag damals in Polen, die Orte auf der Karte tragen aber deutsche Namen. „Ich vermute, daß die Landkarte in der Schule verwendet wurde; und wahrscheinlich war es eine deutsche Schule, weil ca. 20% der Einwohner des damaligen Kreises Deutsche waren“, sagt Paczesny. Geld aus Brüssel für Fremdsprachenunterricht Birnbaumer Schulen erhalten 180 000 Euro für zusätzlichen Deutsch- und Englischunterricht. Die EU-Zuschüsse wurden im Rahmen eines Projekts gewährt, das Birnbaumer Lehrer vorbereiteten. „Der Fremdsprachenunterricht ist für zwei Jahre vorgesehen. Die Schüler werden auch während der Sommerferien lernen können“ , sagt Grazyna Marcinkowska, die das Projekt leitete. Das Projekt „Mit Fremdsprachen starten wir in die Welt“ umfaßt Deutsch- und Englischunterricht. Jeder Schüler bekommt Hand- und Wörterbücher, die Schulen werden mit Laptops und Projektoren ausgestattet. Im Rahmen des Programms werden Schüler auch Zeitschriften in Deutsch und Englisch herstellen. Pruschim / Prusim Die Birnbaumer „Sommerfrische“erhält neuen Glanz Auf dem Gut „Olandia“ von Jan und Olaf Makiewicz eröffnete der bekannte polnische Schauspieler und Weinkenner Marek Kondrat ein „Viniarium“ genanntes Erlebnis- Weingeschäft. Die Brüder Makiewicz schufen einen Hotelkomplex auf ihrem Gutshof, in dem Ende Juli das „Viniarium“ seine Pforten öffnete. Es bietet 500 Weinsorten an, darunter auch Wein aus dem Lebuser Ländchen. Presse-Archiv: Mitteilungen aus der poln. Presse II/2010 Mitteilungen aus der poln. Presse I/2010 Mitteilungen aus der poln. Presse IV/2009 Mitteilungen aus der poln. Presse III/2009 Mitteilungen aus der poln. Presse II/2009 |